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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Hellwag, Fritz: Richard Kuöhl
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0168

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DIE Faust, in die nach einem kate-
gorischen Ausspruch des Berliner
Baurates Hasak das Kunstgewerbe
gehören muß, führte lange Zeit ein ent-
weder lässiges oder despotisches Regiment,
zum Schaden und nicht zum Nutzen aller
Beteiligten, auch der Architekten selbst. Am
schlimmsten kam der Bildhauer dabei weg,
der buchstäblich in irgend einem möglichst
unpassenden Winkel »an die Wand ge-
quetscht« wurde. Wenn die Fassade längst
entworfen, ja wenn sie bereits beinahe fertig
war, wurde dem Bildhauer »sein Stein« an-
gewiesen, mit dem er sich nun abzufinden
hatte, so gut er konnte. Der allgewaltige
Architekt schickte ihm eine Zeichnung ins
Haus, auf der im Maßstab von 1 :100 das
Fleckchen für »bildhauerische Arbeiten«
bezeichnet war, und forderte ihn zur Abgabe
von Kalkulation und Skizzen auf. Der Raum
und die kleine für seine Bearbeitung ausge-
worfene Summe durften nicht überschritten
werden, und der Zuschlag wurde dem
Mindestfordernden, selten auch dem Besten,
erteilt. An diesem schulmeisterlichen Ver-
hältnis des Architekten zum Bildhauer
hat sich bis in unsere Tage wenig ge-
ändert. So lange die Stilfassaden noch
beliebt waren, hatte der Bildhauer es re-
lativ noch besser als wie jetzt, denn er
konnte seinen Entwurf nach dem Stil-
schema, das auch ihm so geläufig ge-
worden war, wie das ABC, in die Mas-
kerade der Fassade einfügen. Seitdem
aber die neue Bewegung alle gedanken-
lose Dekoration beseitigt hat und dem
Ornament mit kritischer Strenge entgegen
getreten ist, leiden die Bildhauer an dem
geschilderten Verhältnis zum Architekten
mehr denn je. Wohl sind die Architekten
sorgfältiger als früher bestrebt, Baukünstler
zu sein, das heißt ihren Bau als organi-
sche Gesamtschöpfung zu behandeln, aber
es blieb bei dem alten System, daß auch
im baukünstlerischen Entwurf die Stelle
nur flüchtig angedeutet und zunächst un-
behandelt gelassen wurde, an die schanden-
halber »irgend was Plastisches« kommen
sollte; erst ganz zuletzt durfte sich der
Bildhauer durchs Baugerüst hindurch »sei-
nen Stein« anschauen und sich zu Hause
in einem Gipsmodell von entsprechender Größe »austoben«. Das war und ist natürlich ein absolut unkünst-
lerisches Verfahren und es hat schwere Mängel und eine konstitutionelle Schwäche der Bildhauer zur Folge
Kunstgewerbeblatt. N. F. XXII. H. 9

Richard Kuöhl-Berlin, Entwurf und Modell eines Christus. Antragarbeit

RICHARD KUÖHL
Von Fritz Hellwag

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