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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Hellwag, Fritz: Harold T. Bengen
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Runderlass, Betr. das Verdingungswesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0059

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52

RUNDERLASS, BETR. DAS VERDINGUNGSWESEN

auch in ihrer Flächenmalerei keine Naturformen mehr ver-
wenden, sondern nur noch mit Mitteln, die sie z. T. der
Geometrie entnehmen, übertragene Bewegungseindrücke
und seelische Stimmungen vermitteln wollen. Das ist viel-
leicht eine vorübergehende Verirrung ins Extreme und eine
litrerarisch erklügelte Übertreibung, aber man kann dennoch
nicht leugnen, daß hier in Technik und Prinzip schon die
letzten Ingredienzien einer neuen Architekturmalerei ge-
sucht werden. In der Übertreibung (Karikatur) haben wir
doch immer einen wichtigen Maßstab der Wahrheit, wenn
wir sie nicht zum Selbstzweck ausarten lassen. □
o Dies alles läßt sich auf dem Papier ganz gut begründen,
aber es ist doch eine sehr schwere Sache, wenn ein, seine
Zeit stark empfindender Maler, mit besonderer aber noch
nicht ins Bewußtsein gelangter dekorativer Begabung, durch
seine spezielle Veranlagung vor der Natur in Konflikt ge-
rät mit der Natur, deren ausschließlich naturalistisch-im-
pressionistische Bewältigung lange das allgemeine Ab-
kommen war. Ein solcher Künstler — so ist es Harold
T. Bengen ergangen — krankt lange Zeit an der Fläche,
bis er ihre durch neue Erfordernisse bedingten Gesetze
innerlich vollkommen erlebt, und somit erkennt, daß die
ihm bestimmte Fläche, im schärfsten Gegensätze zum Tafel-
bilde, die Herrschaft der Natur nicht mehr erträgt, sondern
an diese nur noch in Form einer abstrakten Synthese er-
innern kann. □
□ Harold T. Bengen hatte solches Erlebnis bereits hinter
sich, als er sich der »Neuen Sezession« anschloß. Ihm
konnte somit keinerlei Snobismus etwas anhaben. Er nahm,

was gut war, aus diesem Kreise an, suchte und fand im
übrigen, ähnlich wie Hodler und Van de Velde in der
Linie, seine eigenen Ausdrucksmittel im Rhythmus der
farbig bewegten Flächengliederung, der sich die äußere
Form des Dargestellten einordnen muß, ohne darum, wie
bei den extremen Neueren, seine anschauliche Richtigkeit
einzubüßen. Gute Beispiele dieses Schaffensprinzipes sind
die Abbildungen auf den Seiten 51 und 53, in denen alles
auf den fließenden Rhythmus komponiert ist, und wo doch
kein, scheinbar noch so unwichtiger Teil fehlen dürfte,
ohne die Gesamtwirkung sofort ganz zu zerstören. Die
anderen, hier wiedergegebenen und mit dem Ausdruck
»ornamentale Entwürfe« von uns nicht ganz erschöpfend
bezeichneten Arbeiten besitzen ein intensives, sowohl auf
Linie als auch auf Farbe begründetes, bewegtes Leben,
das sie der Stimmung mancher alter Perserteppiche würdig
an die Seite stellt. Tatsächlich hat auch die deutsche
Textilindustrie schon Interesse für die ganz eigene Note
dieses Künstlers gefaßt. □
□ Bengen ist Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Char-
lottenburg. Wie er auf seine Schüler sein Empfinden für
rhythmischen Aufbau in der Fläche zu übertragen vermag,
zeigt die Klebeaibeit eines Anfängers auf Seite 54. Wenn
Bengen recht begabte Schüler zugewiesen bekäme, so
würde er sie sicher zu besonders wertvollen Hilfskräften
für das Kunstgewerbe erziehen. Daneben möchte man
ihm aber künstlerisch lohnende Aufträge für Wandmalereien,
auf die ihn seine Begabung deutlich hinweist, wünschen.
FRITZ HELLWAG.

RUNDERLASS, BETR. DAS VERDINGUNGSWESEN

Berlin, den 4. September 1912.
I
o Bei der'mit Erlaß vom 23. September 1905 heraus-
gegebenen neuen Fassung der allgemeinen Bestimmungen,
betreffend die Vergebung von Leistungen und Lieferungen
(Eisenbahn-Verordnungsblatt 1905, S. 322; Zentralblatt der
Bauverwaltung 1906, S. 53), war der Gedanke leitend,
Licht und Schatten zwischen der Verwaltung und den
Unternehmern nach Billigkeit zu verteilen und im Sinne
einer gesunden Mittelstandspolitik tunlichst auch den Inter-
essen der kleineren Unternehmer, und namentlich auch
des Handwerkerstandes, Rechnung zu tragen. Diese Be-
stimmungen haben sich bewähit. Soweit von den Inter-
essenten mir einzelne Fälle vorgetragen wurden, in denen
tatsächlich Verstöße vorgekommen waren, sind die erforder-
lichen Weisungen ergangen. Beschwerden wegen des bei
einer Verdingung geübten Verfahrens können von den Inter-
essenten ungescheut vorgebracht werden. Spätere Nachteile
dürfen diesen aus der Tatsache der Beschwerdeführung
nicht entstehen. Ich habe Anlaß, hierauf hinzuweisen. □
II.
o In den an die Eisenbahndirektionen und an das Eisen-
bahnzentralamt gerichteten Erlassen vom 7. März 1910
(Eisenbahn-Nachrichtenblatt, S. 23) und vom 22. März 1912
(Eisenbahn-Verordnungsblatt, S. 75) sowie in den ent-
sprechenden Erlassen an die Provinzialbehörden der allge-
meinen Bauverwaltung vom 10. Mai 1910 und vom
20. April 1912 (Zentralblatt der Bauverwaltung 1910,
S. 281, und 1912, S. 261) ist auf die große Bedeutung

hingewiesen, die einer sorgfältigen Ausarbeitung der Ver-
dingungsunterlagen zukommt. Eine solche Ausarbeitung
gebietet aber nicht nur das Interesse der Verwaltung,
sondern auch die Rücksicht auf die Unternehmer, nicht zum
wenigsten dabei auch die Rücksicht auf die Handwerker,
n Nach den oben unter 1. genannten allgemeinen Be-
stimmungen (Abschnitt II, Ziffer 1) ist der Gegenstand der
Ausschreibung in allen wesentlichen Beziehungen bestimmt
zu bezeichnen. Über alle für die Preisberechnung erheb-
lichen Nebenumstände sind vollständige, eine zutreffende
Beurteilung ermöglichende Angaben zu machen. Für die
Ausführung von Bauten sind zur Verabfolgung an die
Bewerber bestimmte Verdingungsanschläge aufzustellen,
gegebenenfalls unter Zuziehung besonderer Sachver-
ständiger. In den Anschlägen sind sämtliche Haupt-
leistungen sowie die Nebenleistungen, die zur planmäßigen
Ausführung der Leistung oder Lieferung nach Verkehrs-
sitte mitgehören und für die Preisbemessung besondere
Bedeutung besitzen, ersichtlich zu machen. Soweit an-
gängig, sind den Verdingungsanschlägen die zur Klar-
stellung der Art und des Umfanges der zu vergebenden
Leistungen und Lieferungen geeigneten zeichnerischen Dar-
stellungen und Massenberechnungen beizugeben. □
□ Der Anbieter soll im Sinne der vorstehend wieder-
gegebenen Vorschriften genau übersehen können, was
von ihm verlangt wird; er soll aber auch in die Lage
gesetzt werden, nach den Verdingungsunterlagen sein An-
gebot ohne weitläufige Berechnungen abgeben zu können
(zu vgl. Erlaß an die Eisenbahndirektionen und das Eisen-
bahnzentralamt vom 29. August 1912, Eisenbahn-Nach-
richtenblatt, S. 71). n
 
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