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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Hellwag, Fritz: Die Berlin-Wilmersdorfer Kunstgewerbeschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0168
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KUNSTGEWERBEBIATT

NEUE FOLGE® i 912 713

PFnAkHriON* fritzhellwag in
r\Luni\i iwin. bf.rlin-zehlendorf-
WANNSEEBAHN • TELEPHON: ZEHLENDORF 1053
VERLAG * E- A- SEEMANN IN LEIPZIG,

HEFT 9
JUNI


JAHRGANG

VEREINSOROAN B5ÄESS
BERLIN, DRESDEN, DÜSSELDORF, ELBERFELD,
FRANKFURT A. M., HAMBURG, HANNOVER, KARLS-
RUHE I. B., KÖNIGSBERG I. PREUSSEN, LEIPZIG,
MAGDEBURG, PFORZHEIM UND STUTTGART BSB8


Schülerin G. Schirmer Original-Holzschnitte, Handdruck. Lehrer: E. L. Stahl Schülerin T. Landgrebe
Wilmersdorfer Kunstgewerbeschule

DIE BERLIN-WILMERSDORFER KUNSTGEWERBESCHULE

DIE Berlin-WilmersdorferKiinstgewerbeschiile hat sich
seit ihrer Begründung gleich an den ihr zukom-
menden richtigen Platz gestellt, den sie ausge-
zeichnet auszufiillen versteht. Sie ist eine Privatschule, die
sich neben der Städtischen Kunstgewerbeschule in Char-
lottenburg und der Unterrichtsanstalt des Königl. Kunst-
gewerbemuseums behaupten muß. Man darf sagen, daß
ihre Begründung eine Notwendigkeit gewesen ist, denn
in Charlottenburg wurde lange Zeit das Künstlerische, in
Berlin aber das Gewerbliche vernachlässigt. In einer
Unterrichtsmethode beides, das Gewerbliche und das Künst-
lerische, wieder zum Kunstgewerblichen vereinigt zu haben,
ist das Verdienst der Berlin-Wilmersdorfer Kunstgewerbe-
schule, das um so höher anzuschlagen ist, als es, im Ver-
gleich zu dem mächtigen Apparat der anderen beiden An-
stalten, mit lächerlich geringen Mitteln, sozusagen mit nichts,
erreicht worden ist. Dies Verdienst fand Anerkennung,
denn seit das Kunstgewerbemuseum seine Aufnahmebe-
dingungen erheblich erschwert hat und den Nachweis einer
praktischen Vorbildung fordert, gilt ihm der Besuch der
Wilmersdorfer Schule als gute Vorbereitung, ebenso der
Königl. Kunstschule. Damit haben die Leiter (Becker-
Tempelburg, Karl Richard Henker und der jetzt zur Reichs-
druckerei übertretende Erich Ludwig Stahl), die wie alle
ihre Hilfskräfte mitten in der kunstgewerblichen Praxis
stehen, den Beweis ihrer Befähigung und der Lebenskraft
ihrer Schule erbracht, und nun wäre ihnen eine städtische
Beihilfe und die damit ermöglichte Einrichtung von eigenen
Lehrwerkstätten dringend zu wünschen. Denn als erreich-
bares Ziel für so viel gute und ausdauernde Arbeit darf
und soll die direkte, nachhaltige Beeinflussung des heimi-
schen Kunstgewerbes ins Auge gefaßt werden. Aber dazu
Kunstgewerbeblatt. N. F. XXIV. H. 9

gehören Mittel und noch einmal Mittel. Die Lehrwerkstätten
sind ebenso eine Notwendigkeit wie eine Vergrößerung des
ganzen Schulapparates, damit die Schüler, die übrigens
schon jetzt nach Möglichkeit an den Arbeiten der Lehrer
teilnehmen, ihre Entwürfe mit der Ausführung verschmelzen
und so gleich für die Praxis zu denken lernen können. □
n An der Berlin-Wilmersdorfer Kunstgewerbeschule finden
Künstlerwahn und Dilettantismus keinen Boden, alle Arbeit
ist auf den realen Zweck gerichtet. So die perspektivischen
Studien der Architekturklasse (Abb. S. 165), die Entwürfe für
Mosaik und Glasfenster (Abb. S. 167), die sehr fördernswerten
Versuche der Katalogillustrationen fiir die Konfektion (Abb.
S. 168 u. 169), die Tapeten- und Stoffzeichnungen (Abb.
S. 164) und die vorzüglichen Handarbeiten (Abb. S. 168).
Zeichnerische und malerische Naturstudien und Holzschnitt-
illustrationen (Abb. S. 161 u. 166) sind Etappen auf dem
Wege zur praktischen Entwurfstätigkeit, ebenso wie die
Schriftstudien (S. 162) von Fräulein Hentzelt der Klasse des
Lehrers Stahl, an dessen Stelle nun der Maler Georg Tappert
getreten ist. Die Krefelder Teppichfabrik A.-G. veranstaltete
unter den Schülern der Klasse Belling der Anstalt einen
Wettbewerb für Teppich-und Läuferstoffe, dessen Ergebnis
erfreulich war (Abb. S. 164). Schließlich hat die Vereinigung
für Wirtschafts- und Gewerbekunde in Berlin dem Lehrer
Graphiker Stahl die Leitung eines Schriftkursus für Fort-
bildungsschullehrer übertragen.
□ Um es noch einmal zu sagen: die Leiter, Lehrer und
Schüler der Berlin-Wilmersdorfer Schule leisten eine sehr
achtenswerte Arbeit und würden noch viel Bedeutenderes
und Nützlicheres hervorbringen können, wenn sich eine
Behörde bald entschlösse, das Unternehmen finanziell zu
erweitern und sicher zu stellen. FRITZ HELLWAQ.
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