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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Schmidt, Paul F.: Die Neu-Einrichtung des Frankfurter Kunstgewerbe-Museums
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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0063

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in reicher Spätrenaissance vollständig vertäfelt und
geschnitzt, ist, als Geschenk Frankfurter Kunstfreunde,
1912 nach schwierigen Einbauten in seiner ursprüng-
lichen Gestalt eingerichtet und mit einem Abguß der
an Ort und Stelle befindlichen Decke bekrönt worden.
Außer diesen befinden sich hier: der Saal für
Schmiedearbeiten, von dem schon die Rede war, der
für Majolika und für Edelmetalle, beide höchst vor-
nehme Leistungen sachlicher und geschmackvoller
Aufstellung. Die zu große Höhe der Säle ist durch
herabgezogene Decken ausgeglichen worden, die Um-
fänglichkeit des goldgelben Majolikaraumes durch eine
Estrade für antikes Kunstgewerbe (Glas, Vasen und
Ton) gemildert. Hier gibt es noch allerlei feine und
besondere Einfälle, wie die Galerie von Mattglas für
große Vasen, die japanischen Matten als Auflage für
japanische Kunsttöpferei, die frei hängenden Inros und
der Schrank mit der herrlichen Persersammlung, einer
Leihgabe. Der Saal für Bronze, Zinn und Edelmetall
hat eine Bespannung von schwerem dunkelblauem
Stoff und schwarz polierte Vitrinen; die Vornehmheit
des Raumes sucht ihresgleichen.
Doch ist es unmöglich, über dem allen die Raum-
schönheit der beiden Ausstellungssäle zu vernach-
lässigen, welche die würdigste Krönung dieses aus-

gezeichneten Werkes sind. Von hohem Reiz ist die
Belichtung, neben genügender Wandfläche das wich-
tigste Moment für Ausstellungen. Im ersten Saal gibt
es ein hohes Seiten- und ein Oberlicht; die Decke
ist neu eingespannt, die alte klassizistische darüber
unversehrt verborgen; im zweiten an den beiden
Schmalseiten hohes Seitenlicht. Die Wände können
beliebig bespannt, mit Glasscheiben zwischen Rahmen-
leisten versehen, benagelt und vom ausstellenden
Künstler selber dekoriert werden. Man macht hier-
von auch ausgiebigen Gebrauch; jede Ausstellung
wird neu hergerichtet, und mit wie wenig Mitteln,
mit welch auserlesenem Geschmack und wie schlagend,
wie einfach: das muß man selber einmal gesehen
haben. Da die Sendungen direkt von einer Durch-
fahrt mittelst Aufzug in den Packraum gelangen, der
hinter dem zweiten Saal liegt, so braucht das Aus-
stellungsgut das Museum nicht zu passieren, und die
Vorhänge zu den gesonderten Ausstellungssälen bleiben
während der Umordnung geschlossen. Einfacher und
sinngemäßer kann das Ausstellungsproblem wohl nicht
gelöst werden. Und wo allseits so Wohlgerichtetes
zu finden ist, kann diese Ausstellungsgelegenheit nur
wie ein harmonischer Schlußstein dem ganzen Bau
sich anfügen.

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Lübeck. Das Kaiser-Wilhelni-Volkshaus. Der bekannte
Lübecker Großkaufmann und Senator Possehl hat zum Ge-
dächtnis Kaiser Wilhelms I. eine sehr eigenartige Stiftung
gemacht, die augenblicklich das Interesse der Kunstfreunde
sehr in Anspruch nimmt. Es soll ein Volkshaus errichtet
werden, das in synthetischer Form, also nicht in einem
losen Nebeneinander, die geistigen und künstlerischen Be-
dürfnisse einer großen sozialen Gemeinschaft beherbergen
könnte. Das Haus soll u. a. eine Bibliothek mit Lesesälen,
Empfangsräume, einen großen Vortragssaal enthalten und
Gelegenheit zu wechselnden Kunstausstellungen bieten,
denen sich wahrscheinlich später eine ständige Galerie an-
schließen soll. Dieser für Deutschland neue sehr zeitge-
mäße Gedanke ist vom Lübecker Senat mit Freuden auf-
genommen worden. Er hat eine Summe von 150000 Mark
als Zuschuß zur der Possehlschen Stiftung von 650000 Mark
bewilligt und ein schönes Terrain neben dem Holstentor
bereitgestellt, an einem Platz, der noch der städtebaulichen
Ausgestaltung harrt, unter der ausdrücklichen Bedingung,
daß die künftige Verwirklichung der Idee ganz in den Händen
des Stifters bleiben solle. Die Anweisung des Holstentor-
terrains komplizierte nun das Problem in einersehr interessan-
ten Form, als die Gestaltung gerade jenes Geländes die Archi-
tektenschaft schon lange beschäftigt hat und die wichtigste
städtebauliche Angelegenheit Lübecks bildet, denn die
zwischen dem Tor und dem künftigen Volkshaus hindurch-
führende Holstenstraße ist die hauptsächliche Ausfallstraße
aus dem verkehrsreichsten Teil der inneren Stadt zum un-
längst weiter hinaus verlegten Bahnhof und zu den be-
deutendsten Stadterweiterungsgebieten und organisch heran-
wachsenden Vororten. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß
die Entwicklung diese Richtung nehmen und demnach der
Platz zwischen dem Volkshause auf der einen Seite und

dem Holstentor und dem an Stelle des alten Bahnhofs später
zu errichtenden und sich an das Tor angliedernden Ver-
waltungsgebäuden auf der anderen Seite einen Zentralpunkt
des neuen Lübecks bilden wird. Schließlich waren noch
die Rücksichten auf den Zusammenklang des alten Holsten-
tores, als eines der ehrwürdigen Wahrzeichen Lübecks mit
dem neuen Stadtbilde zu bedenken. So entschloß sich
Senator Possehl, besonders aus den zuletzt genannten
Gründen und gedrängt vom »Heimatschutz«, zur Veranstal-
tung eines beschränkten Wettbewerbes, obwohl er ursprüng-
lich die Absicht gehabt hatte, den Auftrag an den, für diese
Aufgabe prädestiniert erscheinenden Peter Behrens frei-
händig zu vergeben. Es wurden nun also neben Peter
Behrens noch Theodor Fischer, Hermann Billing und Litt-
mann-München eingeladen und die Teilnahme den Lübecker
Architekten freigestellt. Auf das Ergebnis dieses Wettbe-
werbes näher einzugehen, fehlt hier der Raum. Es sei nur
gesagt, daß das Preisgericht den ersten Preis dem Entwurf
des als Denkmalpfleger bekannten Regierungsrats Erich
Blunck gegeben hat, und daß daneben eine starke Partei
sich für den in fünf Variationen vorliegenden Entwurf
von Peter Behrens einsetzt. Dieser Widerstreit der Mei-
nungen hat eine weit über die Personenfrage hinausgehende,
prinzipelle Bedeutung. Für Blunk war, entprechent seiner
beruflichen Gedankenrichtung die Rücksicht auf das Holsten-
tor als Baudenkmal bestimmend, so sehr, daß er ihr zuliebe
auf eine einheitliche monumentale Gestaltung und axiale
Anlage des Volkshauses verzichtete. Ja, er hat den als
so eminent neuzeitlich allgemein freudig begrüßten Ge-
danken des Stifters, eben der kulturellen Synthese, kalt in
Funktionen zerlegt und eine Häusergruppe mit drei Ein-
gängen und drei innerlich abgetrennten, zusammenhang-
losen Abteilungen geschaffen. Was er mit einer solchen

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