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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

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Neuburger, Albert: Elektrotechnik und Kunstgewerbe
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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0026

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ple zu wenig verwendet worden. Weil man bei der alten
etroleum- und Gasbeleuchtung die Lampen alle gleich
Weit vom Mittelpunkt angebracht hat, so ist man auch beim
Entwurf elektrischer Beleuchtungskörper an der runden
Grundform kleben geblieben und nur verhältnismäßig sehr
selten, ja sogar fast gar nie, sieht man solche Beleuchtungs-
körper, die in ihrer Form sich den Formen des zu beleuch-
tenden Raumes anschmiegen. Bei einem sehr langen und
schmalen Zimmer läßt sich sogar eine einzelne, in der
Richtung der Zimmerlänge verlaufende Kette von Glüh-
lampen denken, die an einem schönen Träger aufgehängt
ist. Welche Fehler gerade in bezug auf diesen Punkt ge-
macht werden können, dafür hat die neueste Zeit gleich-
falls einen Beweis erbracht: in einem neu erbauten Cafe
Berlins befindet sich ein von einem namhaften Künstler
entworfener Kronleuchter, dessen Herstellungskosten sich
auf nicht weniger als 5000 Mark beliefen. Trotzdem ist
ein sehr großer Teil des Raumes viel zu dunkel, während
man an anderen Stellen wieder durch die zahlreichen Licht-
punkte des Kronleuchters geblendet wird. Hätte man an
Stelle dieses gewaltigen zentralen Beleuchtungskörpers einen
Ausweg gefunden, bei dem sich die, an gut ornamiertierten
Trägern angebrachte Beleuchtung den Formen des Raumes
anschmiegt und entweder parallel der Mittelachse, bezw. den
Wänden oder diagonal verläuft, so wäre eine gleichmäßige,
an jeder Stelle befriedigende Helligkeit erzielt worden.

Besondere Beachtung verdient auch eine andere Eigenart
des Raumes und es ist z. B. darauf zu sehen, ob er mit
Bildern geschmückt ist oder nicht. Sind Bilder, Wandge-
mälde usw. verhanden, so dürfen, sofern die Decke dunkler
sein soll, als der Raum selbst, die Grenze zwischen hell
und dunkel niemals durch die Bilder hindurchgehen. In

bezug auf die Höhe, in der der Beleuchtungskörper an-
gebracht wird, spielt gerade dieser Punkt eine außerordent-
lich wichtige Rolle und man bedenke immer wieder, daß
man bei der elektrischen Beleuchtung infolge der Billigkeit
des Installationsmaterials und der dadurch bewirkten Mög-
lichkeit, viele Leitungen zu legen, durchaus nicht auf einen
einzigen Mittelkörper angewiesen ist, wie bei der Gasbe-
leuchtung und den Petroleumslüstern vergangener Zeiten.
Man kann vielmehr, wo sich dies infolge des Vorhanden-
seins von Wandgemälden, von Plastiken usw. nötig macht,
mehrere Beleuchtungskörper anbringen, die sich an ge-
eigneten Stellen befinden, bei deren Anordnung man jedoch
darauf sehen muß, daß nicht viele einzelne und das Auge
beunruhigende Lichtpunkte entstehen, wie bei der mit Glüh-
lampen in oft allzu reichlicher Menge ausgestatteten, von
uns schon öfter erwähnten kassettierten Decke. Gerade
bei dieser Art der Anbringung von mehreren Beleuchtungs-
körpern lassen sich durch die Verzweigung des Stromes,
die in Ketten oder in künstlerisch entworfenen Ranken usw.
verlegt werden kann, neue und bisher von künstlerischer
Seite leider allzu wenig ausgenutzte Möglichkeiten schaffen.
□ Wie man sieht, sind es nur verhältnismäßig wenige und
einfach zu merkende Regeln, die genügen, um jeden Künstler
in den Stand zu setzen, um auch auf dem scheinbar so
schwierigen Gebiete der Elektrotechnik seine Kräfte zu
betätigen. Wie das Kunstgewerbe seit neuerer Zeit für
die Schwachstromtechnik in Form hübscher Knöpfe für
Klingelleitungen Hervorragendes schafft, so ist zu wünschen,
daß es auch für die sogenannte »Starkstromtechnik«, also
vor allem für die Beleuchtung und ihre mannigfachen Zu-
behörteile in dem oben angedeuteten Sinne reformierend
wirken möge.

Die Verantlupen. Die bildliche Darstellung eines
räumlichen Objektes auf einer Fläche ist die Niederschrift
einer Wahrnehmung (bei der konstruierten Perspektive
einer Projektion) von einem Auge bezw. einem perspek-
tivischen Zentrum (dem Standpunkte) aus.

Die Betrachtung einer solchen flächenhaften Darstellung
eines räumlichen Objektes gibt nur dann die richtige räum-
liche Vorstellung, wenn das Auge in das richtige perspek-
tivische Zentrum gebracht wird. Daß ein räumliches Objekt
für eine Zeichnung oder ein Gemälde nur einäugig auf-
genommen und flächenhaft wiedergegeben werden kann,
sofern es sich nicht gerade um ferne Landschaft ohne
Vordergrund handelt, lehren zwei Blicke durch das Fenster
auf das gegenüberliegende Haus. Bei fester Kopfhaltung
wird das rechte Auge allein andere Partien des Hauses
durch die Scheiben warnehmen als das linke allein. Die
exakteste Niederschrift liefert die Photographie mit Hilfe
eines verzeichnungsfreien Objektives. Da dieselbe aus einem
Perspektivischen Zentrum aufgenommen wird, kann sie
auch nur aus diesem betrachtet werden. Anders liegt der
all bei den Stereoskopbildern, die zwei räumliche Dar-
Uungen desselben Objektes aus zwei nebeneinander-
genden Zentren vermitteln. Der Abstand dieser beiden
li h n entsP"cnt dem normalen Abstand der mensch-
chen Augen also 6 bis 7 cm. Bei gleichzeitiger, beid-
es61' Betrachtung vermitteln diese Stereoskopbilder die-
selbe Tiefenwahrnehmung wie das natürliche Objekt selbst,
lese Tiefenwahrnehmung ist nur möglich durch die geistige
ei Schmelzung zweier verschiedener perspektivischer Bilder,
st nur ein perspektivisches Bild vorhanden, so kann eine
leJenwahrnehmung nicht eintreten, sondern es wird mit

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Hilfe unserer Erfahrung nur eine Tiefendeutung erzielt.
Diese Tiefendeutung ist um so vollkommener, je besser
das Auge in das richtige perspektivische Zentrum gebracht
wird; um so unvollkommener, je weiter das Auge von dem
perspektivischen Zentrum entfernt ist bezw. entfernt sein
muß, sofern ihm nicht Hilfapparate zur Verfügung stehen.
Ist das Auge dem Bilde zu nahe, kommt eine Verflachung;
ist es zu fern, kommt eine Überhöhung der Tiefenwerte
zustande (siehe M. v. Rohr, »Das Auge und die Brille«.
Verlag Teubner, Seite 22). Will das menschliche Auge
nähergelegene Bilder deutlich sehen, so ändert es unwill-
kürlich die Brennweite, es akkommodiert. Bei dem nor-
malen Auge beträgt der Betrachtungsabstand, bei dem es
bequem akkommodieren kann, 25 cm, die sogenannte
deutliche Sehweite. Dieser Umstand ist die Ursache für
die gewöhnliche Betrachtung aller kleineren Bilder ohne
Rücksicht auf den jeweilig richtigen Abstand des perspek-
tivischen Zentrums. Da jede genaue Wahrnehmung durch
das Blicken vermittelt wird, wobei sich das Auge in der
Höhle um den Augendrehpunkt bewegt, und alle Blick-
richtungen einen gemeinsamen Schnittpunkt im Augen-
drehpunkt haben, so muß das perspektivische Zentrum
immer mit dem Augendrehpunkt zusammenfallen.

Bei der Photographie ist der Abstand des perspek-
tivischen Zentrums zumeist gleich der Brennweite des Auf-
nahmeobjektives. Die Brennweiten variieren und betragen
ungefähr bei Bildern 6x9 cm = 6 bis 8 cm, bei Bildern
9X12 cm = 10 bis 16 cm. Auf diese Abstände kann ein
normales Auge nicht akkommodieren. Nur einem sehr
Kurzsichtigen dürfte das, wenn auch unvollkommen, möglich
sein. Einen absolut richtigen Eindruck, das heißt voll-

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