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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

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Elster, Alexander: Der Luxus und das Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0029

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Majolika. F. Eisenhofer

Erzeugnisse der Lehr-Werkstätten

Majolika. F. Schmoll gen. Eisenwerth
Arbeit eines ehemaligen Schülers

DER LUXUS UND DAS KUNSTGEWERBE

VON Dr. ALEXANDER ELSTER-JENA

DIE enge Berührung, die zwischen der luxuriösen
Bedarfsgestaltung und dem Kunstgewerbe besteht,
macht die allgemeine wirtschaftliche und soziale
Bedeutung des Luxus zu einem Faktor, mit dem gerade
das Kunstgewerbe zu rechnen hat. Die Frage, ob »Luxus«
an sich schädlich oder nützlich ist und welche Wirkungen
er auf Handel und Gewerbe und zugleich auf die künst-
lerische Bedarfsgestaltung ausübt, kommt also hier wie in
einem Brennpunkt zusammen.

Zugleich berührt sich dies mit den Fragen der Mode,
die vor kurzem hier erörtert wurden und zu denen in dem
Aufsatz von Hermann Weiß im Novemberheft dieser Zeit-
schrift überaus wichtige Beiträge aus der Praxis des Muster-
zeichnens beigebracht wurden. Die Mode hat, wie man
auch daraus ersah, einen ganz besonders markanten Einfluß
auf alle diejenigen Gewerbszweige, die dem luxuriösen
Bedarf dienen, ja fast kann man sagen, daß Mode ohne
Luxus nicht bestehen kann (nicht umgekehrt, Luxus kann
auch ohne Mode bestehen und wirken). Soviel ist sicher:
Fast überall, wo das Kunstgewerbe in Wirksamkeit tritt,
handelt es sich um Luxus, der dann durch die Wirkungen
der Mode nur gesteigert und modifiziert wird, in seiner
Abwandlung also den Produktionsprozeß im Kunstgewerbe
beschleunigt, anregt und natürlich auch zugleich in Krisen
versetzt.

Die alte Frage, ob Luxus nützlich oder schädlich sei,
erhält also hier eine besondere und erhöhte Bedeutung.
Mag es sich um Spitzen, um Stickereien, um Stoffmalerei,
um Webemuster, Hüte, Torgitter, Porzellanfiguren, Vasen,
Bucheinbände, Beleuchtungskörper, Tapeten, Möbelkunst
handeln — sobald tosj'gewerbliche Probleme in Rede
stehen, erhebt sich der Gegenstand über die einfache Be-
friedigung der Lebensnotdurft und ragt mehr oder weniger
in die ausgesprochene Form des Luxus hinein.

Hat man früher den Luxus unbedingt als schädlich
bezeichnet und ihn verdammt, so würde ein solches Urteil
dem Kunstgewerbe den Todesstoß versetzen. Unmöglich
kann das richtig sein. Andere lobten ihn unbedingt, weil
er Geld rollen mache; die Mehrzahl der Beurteiler aber
unterscheidet zwischen nützlichem und schädlichem Luxus.

Dies aber ist die Frage, die nicht gleichgültig sein
kann: welcher Luxus denn als schädlich und welcher als
nützlich zu gelten habe? Eine Frage, die uns interessieren
muß, wofern wir nach ethischen und rechten wirtschaftlichen
Grundsätzen unsere moderne Lebensführung einrichten und
nicht lediglich materiell und nur rechnungsmäßig Ausgaben
und Einnahmen balancieren lassen.

Die Frage ist aber nicht ganz leicht zu beantworten,
weil wir im allgemeinen gar nicht wissen, wo der Luxus
überhaupt anfängt und aufhört. Denn jedermann weiß
wohl konkrete Beispiele von Luxus zu nennen, aber die
Grenze zu ziehen wird selbst den nationalökonomischen
Theoretikern schwer. »Luxus ist Übermut« definierte einst
Christian Wolff ebenso bündig wie irrig. Er hatte noch
keine Ahnung davon, daß man Luxus nicht durchaus ver-
urteilen dürfe. Wenn Th. Sommerlad im »Handwörterbuch
der Staatswissenschaften« sagt: »Trägt der Luxus zur Ver-
edelung, zur wirtschaftlichen und sittlichen Hebung des
Einzelnen wie der Gesamtheit bei, so hat er volle Berechti-
gung, im entgegengesetzten Falle nicht«, so sagt er damit
nicht viel; denn hieraus kann man nicht viel mehr heraus-
lesen als: nützlicher Luxus ist nützlich, schädlicher ist
schädlich, — weil die Begriffe Veredelung, wirtschaftliche
und sittliche Hebung des Einzelnen und der Gesamtheit
zu unbestimmt und deshalb zur Erklärung des zu Erklärenden
unbrauchbar sind. Mit Recht betont Posadowsky in seiner
Schrift »Luxus und Sparsamkeit«, daß der Begriff des Luxus
kein bestimmter, sondern ein nach Ort, Zeit und Individuum

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