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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

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Hansen, Fritz: Mittelbare Nachbildung von Innendekorationen
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Hansen, Fritz: Freie Benutzung
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0241

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MITTELBARE NACHBILDUNG VON INNENDEKORATIONEN

VON alten Wandgemälden wurden Handzeichnungen
angefertigt, bei denen es darauf ankam, daß der be-
treffende Zeichner sich ganz ausschließlich auf eine
getreue Wiedergabe der Gemälde beschränkte. Von diesen
farbigen Bildern wurden dann farbige Lichtdrucke herge-
stellt, die ein Institut reproduzierte, in der Annahme, es
handele sich um längst nicht mehr geschützte Werke, denn
das Lichtdruckwerk erschien bereits im Jahre 1896, so daß
nach dem alten Photographieschutzgesetz der Schutz im
Jahre 1901 ablief. Der Verleger behauptete dagegen, daß
in diesem Falle das künstlerische Urheberrecht in Frage
käme, also die Schutzfrist erst 30 Jahre nach dem Tode
des Urhebers abläuft. Die Rechtslage ist nun in diesem
Falle folgende:

Für die Zeichnungen der Wandgemälde hat der Zeich-
ner das Recht des Urhebers erworben, denn der § 7 des
Gesetzes, betreffend das Urheberrecht an Werken der
bildenden Künste vom 9. Januar 1876 bestimmte, daß, wer
ein von einem anderen herrührendes Werk der bildenden
Künste auf rechtmäßige Weise aber mittels eines anderen
Kunstverfahrens nachbildet, auch dann für das von ihm
hervorgebrachte Werk das Recht eines Urhebers hat, wenn
das Original bereits Gemeingut geworden ist. Die Zeich-
nungen nach den zur Reproduktion freien, weil Gemeingut
gewordenen alten Wandgemälden waren also dem Urheber
der Zeichnungen bezw. seinem Rechtsnachfolger für Lebens-
dauer und bis 30 Jahre nach seinem Tode gegen unbe-
fugte Nachbildung geschützt. Eine gleiche Bestimmung
enthält auch das neue Gesetz vom 9. Januar 1907 im Ab-
satz 2 des § 15, nur daß sich dieses Urheberrecht des
Nachbildners nach dem Gesetz vom 9. Januar 1907 auch
auf die Werke der Photographie erstreckt. Nach dem
alten Photographieschutzgesetz wurde ein solches Recht

nicht anerkannt, und es war daher das oben erwähnt-
Institut auch der Ansicht, daß die Lichtdrucke nachge
bildet werden dürfen, weil ja doch der Schutz an Werken
der Photographie — und als solche gelten Lichtdrucke —
nach dem alten Gesetz nach fünf Jahren endete, so daß
in diesem Falle auch die Übergangsbestimmungen des
neuen Gesetzes nicht in Frage kamen, und der Schutz für
die Lichtdrucke selbst schon erloschen war, als das neue
Gesetz in Kraft trat. Trotzdem ist diese Auffassung aber
irrig, und die fraglichen Lichtdrucke dürfen auch heute
ohne Genehmigung des Urhebers bezw. seines Rechts-
nachfolgers nicht reproduziert werden, denn, wie oben
dargelegt, waren die Zeichnungen, nach denen die far-
bigen Lichtdrucke gefertigt wurden, als Werke der bilden-
den Künste bis 30 Jahre nach dem Tode des Urhebers
geschützt, und dieser Schutz besteht auf Grund der Über-
gangsbestimmungen des Gesetzes vom 9. Januar 1907 auch
heute noch.

Da nun nach § 5 Ziffer 2 des Gesetzes vom 10. Januar
1876 als verbotene Nachbildung auch anzusehen ist, wenn
die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Originalwerk,
sondern mittelbar nach einer Nachbildung geschaffen ist,
so kommt in diesem Falle nicht eine Reproduktion nach
Lichtdrucken, sondern eine mittelbare Nachbildung der ur-
heberrechtlich auch heute noch geschützten Handzeich-
nungen in Betracht und diese ist von der Genehmigung
des Urhebers bezw. seines Rechtsnachfolgers abhängig.
Etwas anderes wäre es, wenn es sich nicht um Hand-
zeichnungen, sondern um direkte photographische Auf-
nahmen, nach den alten Wandgemälden handeln würde:
der Schutz derartiger Photographien würde nach dem
alten Gesetz nach fünf Jahren abgelaufen sein.

Fritz Hansen.

FREIE BENUTZUNG

VON SYNDIKUS FRITZ HANSEN-BERLIN

WENN es gilt, die Konkurrenz in irgend einem
»Schlager« auszustechen, dann wird gewöhnlich
den Malern, die für Plakate, Etiketten oder ähn-
liche Geschäftsdrucksachen die Originale zu liefern haben,
ein wirksames Konkurrenzerzeugnis mit der Bemerkung
geliefert, daß man so etwas Ähnliches haben möchte. In
derartigen Fällen habe ich nun in meiner Praxis häufig die
Erfahrung gemacht, daß selbst die tüchtigsten Reklame-
künstler, und zwar die Schöpfer der Plakate, ebensowenig
wie deren Nachbildner genau wissen, wann eine strafbare
Nachbildung vorliegt. Daß man z. B. ohne Erlaubnis des
Urhebers ein photographisches Porträt nicht lithographieren
oder ein paar Porträtphotographien als Vignetten auf Eti-
ketten verwenden darf, wird recht häufig übersehen. Wohl
aber kann man z. B. das Motiv eines Transmissionsrades,
das die beigefügte Abbildung 1 zeigt, entlehnen, sofern nur
die danach gefertigte Arbeit sich wiederum als Original
präsentiert, wie Abbildung 2 z. B. darstellt. Aber man darf

ja nicht kopieren! Denn nach § 15 des Gesetzes vom
9. Januar 1907 hat der Urheber bezw. sein Rechtsnachfolger
die ausschließliche Befugnis, das Werk zu vervielfältigen,
gewerbsmäßig zu verbreiten und vorzuführen. Eine Ver-
vielfältigung oder — was nach dem Wortlaut des § 15
Abs. 1 Satz 2 ihr gleich geachtet werden soll — eine Nach-
bildung ist ohne Einwilligung des Berechtigten unzulässig
(§ 17), gleichviel durch welches Verfahren sie bewirkt wird
und ob es sich um eine Vervielfältigung in einem oder
mehreren Exemplaren handelt.

Der § 16 bestimmt jedoch: »Die freie Benutzung eines
Werkes ist zulässig, wenn dadurch eine eigentümliche
Schöpfung hervorgebracht wird.« Was nun in einzelnen
Fällen als freie Benutzung anzusehen ist, darüber können
allerdings erhebliche Zweifel bestehen.

Das unterscheidende Merkmal zwischen Nachbildung
und freier Benutzung eines Werkes zur Hervorbringung
einer eigentümlichen Schöpfung ist die Selbständigkeit des

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