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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

DOI Artikel:
Hillig, Hugo: Kunstgewerbliche Symbolik, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0233

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Eine uralte symbolische Bedeutung hat der Efeu. In
Ägypten war er Osiris geweiht, in Griechenland neben
dem Weinstock dem Dionysos. Heute deutet man den
Efeu als das Sinnbild der Treue und der Freundschaft und
auch des ewigen Lebens.

Das Feigenblatt geht mit seiner Symbolik auf die
biblische Schöpfungsmythe zurück, was bekannt genug ist,
und in dieser Bedeutung auch heute noch anerkannt und
angewendet wird. Das »Symbol« wird zuweilen noch nach-
träglich angeschraubt oder angekittet, wenn es sehr not-
wendig ist. —

Auch die Palme hat heute noch ihre symbolische Be-
deutung, nämlich die der Unsterblichkeit, der Wiedergeburt
und der Auferstehung, besonders in Verbindung mit der
Gestalt des Phönix. Zwei gekreuzte Palmenzweige, die
besonders im christlichen Totenkult noch heute ange-
wendet werden, bedeuten den Sieg der göttlichen Wahr-
heit über die irdischen Anfeindungen.

Die Myrthe, die heute noch ein Symbol der Treue bei
der Eheschließung ist, war bei Griechen und Römern ein
Symbol der Liebesgöttin. Neben Mohn war die Myrthe
der Demeter heilig. Die Israeliten bauen ihre Laubhütten aus
Myrthe, denn sie ist ihnen das Sinnbild des gelobten Landes^

Der Lorbeer, das Zeichen des Dichtergottes Apollon,
findet noch heute seine symbolischen Beziehungen zu
Dichtern und Sängern, aber auch im Totenkult. Die
Corona triumphalis war im alten Rom ein Lorbeerkranz,
der den siegreich einziehenden Feldherrn schmückte.

Auch der Ölzweigkranz oder ein Ölzweig war ein
Siegeszeichen bei den olympischen Spielen und den Pan-
tanäen der Griechen. Auch als Friedenssymbol galt der
Ölzweig. Der Ölbaum war der Minerva heilig. Die Olive
war das Attribut des Zeus.

Aus der evangelischen Erzählung ist der Dornenkranz
in die christliche Symbolik hineingekommen und bei dem
vorherrschenden selbstquälerischen Zug der christlichen
Symbolik haben die Dornen auch noch andere Bedeutungen
erlangt; so sind Dornen und Disteln ein symbolischer
Ausdruck irdischer Schmerzen, und gar ein Dornenzweig,
der aus einem Totenkopf herauswächst, bedeutet die ewige
Verdammnis und die Qual der Hölle.

Der Weidenzweig und der Weidenbaum bedeutet das
Evangelium. In der griechischen Mythologie bedeutete
der Weidenzweig Keuschheit und Unfruchtbarkeit. Bei
den Weiberfesten der Griechen, den Thesmophorien,
mußten auf die Lagerstätten gelegte Weidenzweige die
Unfruchtbarkeit verbürgen.

Das dreiblättrige Kleeblatt gilt als Sinnbild der Drei-
einigkeit, das vierblättrige wird, wenn mans findet, als
ein Glückszeichen geschätzt.

Auch der Pinienzapfen hat seine Symbolik. Als un-
verwesbar angesehen, bedeutet er in der christlichen
Mythologie den immergrünen Baum des Paradieses. In der
altchristlichen Kunst deuten die fünf an den Opferkerzen
angebrachten Pinienzapfen auf die fünf Wunden Christi.
Ein goldener und ein silberner Pinienzapfen (oder vier)
symbolisieren Christus in Gerneinschaft mit den vier
Evangelisten. Er ist das römische Kolonialzeichen, von
dem das Augsburger Stadtwappen abgeleitet ist. Der
bronzene Pinienzapfen in der Vorhalle des Aachener
Münsters kann möglicherweise eine ähnliche Herkunft
haben. Früher galt der Pinienzapfen auch als Symbol
der Ärzte und Apotheker. Wohl weil bei den alten
Griechen der Wein in mit Pinienharz gedichteten Ziegen-
schläuchen aufbewahrt wurde (wonach auch in der grie-
chischen Sprache der Wein überhaupt benannt ist, Retzi-
nat von Retzinion — das Harz), so kam der Pinienzapfen auch
aufdenThyrsosstab,dem Attribut des weinfröhlichen Bacchus.

Die Männertreu trägt ihre Symbolik auf der Zunge.
Wermuth bedeutet, was diesem Kraute schon zuzutrauen
ist, Bitternis. (Offenb. Joh. 8, 11.)

Unter den Blumen ist es wohl die Lilie, die zu den
ältesten Symbolen gehört. Bei den Persern bedeutete die
weiße Lilie, wie auch heute noch, Reinheit, Unschuld,
Keuschheit. Die christliche Symbolik hat sie der Maria
zugeeignet, aber auch einige Heilige, Josef, Johannes der
Täufer u. a. führen sie. Eine sentimentale Anordnung,
Lilien unter Dornen wachsend, heißt: Unschuld muß leiden.

Die Tulpe drückt Hochmut und Stolz aus.

Die Narzisse war schon bei den Griechen die Blume
des Todes, dem Hades, dem Gotte der Unterwelt heilig.
Sie stellten sich in der Blume den aus unglücklicher Liebe
zu der Nymphe Echo tiefsinnig gewordenen Sohn des
Flußgottes Kephissos, den Narkissos vor; er verschmachtete
und ward zur Narzisse. Auch Rosmarin, dem germa-
nischen Freyr heilig, hat symbolische Bedeutung zur Todes-
idee, im Hinblick auf die Wiedergeburt.

Die Immortelle bedeutet die Unsterblichkeit.

Mohn bedeutet den Schlaf; das aus dem Mohn ge-
wonnene Morphium hat seinen Namen von Morpheus,
dem griechischen Traumgott; Hypnos, der Gott des
Schlafes, hält Mohnstengel in der Hand. Eine Erweiterung
dieser symbolischen Bedeutung machte den Mohn auch
zu den Attributen der Demeter, der Saatgöttin und der
Schutzgöttin der Ehe. Aber der Mohnkopf ist auch Attribut
des Todes. — Mohnblüten gelten als Abzeichen der Pro-
serpina, Demeters Tochter, ferner auch der Aphrodite; die
Hera, die Gattin des Zeus führt sie ebenfalls.

Die Aster gilt als Sinnbild der Sehnsucht, das Edel-
weiß heißt die Treue, das Vergißmeinnicht liebevolles Er-
innern, das Schneeglöckchen Hoffnung und die Sonnenblume
physische Liebe, die blaue Kornblume Anspruchslosigkeit,
das Immergrün Beständigkeit und Hoffnung.

Das Veilchen symbolisierte im Altertum die Jungfräulich-
keit, jetzt gilt es als das Symbol der Demut und Bescheidenheit.
Es ist der Mutter Gottes und den Jungfrauen zugeeignet.

Die Rose muß schon ihrer äußeren Erscheinung nach
ein Sinnbild der Freude, der Pracht, der Gesundheit, der
Schönheit sein. In der griechischen Mythologie ist sie der
Aphrodite zugeeignet. Sie soll ein Blutstropfen der Venus
sein, die sich den Fuß an einem Dorn gestochen, oder
aus dem Blute des von einem Eber getöteten Adonis er-
sprießen, nach anderer Lesart ist es jedoch die Anemone,
die diesen Ursprung hat. Woher der Ausdruck sub rosa
stammt, der die Verpflichtung zur Verschwiegenheit ent-
hält, ist so zu erklären: er soll von einer über der Tafel
aufgehängten Rose herrühren. Solche Rosensinnbilder be-
finden sich im Dom zu Worms, in der Stephanskirche zu Wien,
im Ratssaale des Lübecker Rathauses, im Ratskeller zu
Bremen. In Bremen steht unter dem Sinnbild:
Rose, Blume der Venus, dich gab dem^Harpokrates Eros,
Daß im Verborgenen bleib, was seine Mutter gefehlt.
Darum hängt der Wirt die Rose über die Tafel,
Daß, was darunter gesagt, weise verschweige der Gast.
Von hier aus läßt sich auch die Verwendung des Rosen-
bildes als Symbol geheimer Gesellschaften, wie der Rosen-
und Rosenkreuzerorden u. a. erklären. Auch die alten
Bauhütten hatten schon das Rosensymbol in diesem Sinne
geführt und es an manchen Bauwerken mit eingemeißelt, so
am Eingang zum Rupprechtsbau des HeidelbergerSchlosses:
ein Kranz mit fünf Rosen, in den ein Engel einen halb-
geöffneten Zirkel einsetzt. Man kann dabei wieder an die
ältere Mystik der Fünfzahl und des Pentagramms denken,
und es werden auch Beziehungen zum Goldenen Schnitt
zu finden gesucht. — Die Freimaurer haben schließlich
dieses Rosensinnbild übernommen. (Schluß folgt.)

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