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Der Kunstmarkt
Wochenschrift für Kenner und Sammler
Herausgegeben u. verlegt von E. A. SEEMANN, Leipzig, Querstrasse No. 13
nacMRunununufiunu Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst nurejfafMrejrejfMCM
III. Jahrgang 1905/1906 Nr. 39. 6. September

Der Kunstmarkt erscheint am Freitage jeder Woche (mit Ausnahme der drei Sommermonate, in denen er nur je einmal erscheint) und kostet 4 M.
jährlich (40 Nummern). Bei Bezug unter Kreuzband, direkt von der Verlagsbuchhandlung, beträgt der Jahrespreis 6 M. Abonnenten der Zeit-
schrift für bildende Kunst erhalten den Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigenpreis 30 Pf. für die einspaltige Petitzeile. Redaktionsschluß Montag früh.

Die nächste Nummer des Kunstmarktes (Nr. 40) erscheint am 21. September.

BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

Okt.
Köln. */. M. Heberle. Porzellansammlung
Fischer-Dresden.
Berlin. Rudolf Lepke. Galerie Molenaar und
Sammlung George Agath-Breslau.
Nov.
Köln. Lempertz (P. Hanstein). Sammlung
von Niesewand. Gemälde, Holz-
gruppen, Elfenbein, Porzellan, Stein-
gut, Silber, Bronzen, Textilarbeiten,
Römische Antiquitäten.
22—25.
Oktober
7—9-

Über die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteile dieser Nummer Näheres zu finden.

NEUIGKEITEN VOM KUNSTMARKTE

Es ist bekannt, daß in letzter Zeit mehrere große
Kunstsammlungen aus deutschem, auch speziell Berliner
Besitz en bloc ins Ausland verkauft wurden. Damit sind
zum Teil unersetzliche Werke für uns verloren. Um so
erfreulicher ist es, zu erfahren, daß im Herbst eine Reihe
bedeutender Sammlungen auf den deutschen Kunstmarkt
kommen. So wird bei Lepke die berühmte Berliner Galerie
Molenaar, welche Gemälde von Meistern unserer Zeit
enthält, versteigert. Dieselbe gibt einen guten Überblick
über den Höhepunkt der Malerei der letzten vierzig Jahre.
Noch eine zweite bedeutende Sammlung mehr kunstge-
werblichen Charakters kommt ebendort zur Versteigerung,
die Kunstwerke der Gotik und Renaissance enthält, aus
dem Besitz des verstorbenen Herrn George Agath-Bres-
lau; mit Arbeiten in getriebenem Silber, Prunkstücken
Augsburger und Nürnberger Meister, seltenen gotischen
Kirchengeräten, altitalienischen Majoliken, Elfenbeinskulp-
turen usw.
Interessanter Porzellanfund. Zu den wenigen
Künstlern der Meißener Manufaktur, die uns bis jetzt nicht
nur dem Namen, sondern auch ihren Arbeiten nach bekannt
sind, ist ein neuer Meister namens Kayser hinzugekommen.
Bei der Figur eines Dudelsackpfeifers, Nr. 741 der Samm-
lung von Alt-Meißener Porzellan des Herrn C. H. Fischer
in Dresden (Versteigerung 22.
bis 25. Oktober dieses Jahres
bei J. M. Heberle [H. Lern- ?
pertz’ Söhne in Köln]) entdeckte \ ß. O
man beifolgende Künstlerbe- ' f
Zeichnung. Sie ist die Signa-
tur des Modelleurs und in die Masse eingegraben. Dem
Stile nach steht die Figur in naher Verwandtschaft mit den
großen Figuren Kaendlers, wie die Folge der Bergleute
oder die der Handwerker. Die Modellierung selbst ist
jedoch etwas breiter ausgeführt. Die Bemalung ist in den
lebhaften ungebrochenen Farben geführt, wie sie Kaendler
gern bei seinen Figuren aus dem Volksleben anwandte.
Die Versteigerung der Sammlung Fischer ist in der be-

ginnenden Saison ein Ereignis auf dem Kunstmarkt. Eine
eingehende kritische Vorbesprechung wird in der nächsten
Nummer dieser Zeitschrift erfolgen.
In Köln a. Rh. wird Anfang November dieses Jahres
bei Math. Lemperfz, Inhaber Peter Hanstein, die wert-
volle Kunstsammlung des Herrn Geh. Regierungsrates
von Niesewand, Königl. Landrat zu Mülheim a. Rh. zur
Versteigerung kommen. Dieselbe umfaßt ca. 50 hervor-
ragende Gemälde alter und neuer Meister, darunter Ar-
beiten von: P. van Asch, L. Backhuizen, J. G. Cuyp, K.
du Jardin, van Dyck, W. Kalf, J. de Keyser, J. de Mes,
van Ostade, Rembrandt, P. P. Rubens, J. v. Ruysdael, Jean
Steen, D. Teniers d. j., J. B. Weenix, E. de Witte, A. Kauf-
mann-Paris, L. Knaus, Lenbach, Leibi, A. Menzel, W.
Munthe, F. Willens-Brüssel usw. Nicht minder beträchtlich
ist die Möbelabteilung mit ihren gotischen, Renaissance-,
Barock- und Rokokoschränken, eingelegten und mit Bronze
verzierten Stücken. Die Porzellansammlung weist Gruppen
und Figuren von Höchst, Meißen, Ludwigsburg, Franken-
thal, Fürstenberg usw. auf, während die Porzellanvasen
und die große Anzahl der bunten Schüsseln und Teller
meist chinesisches Fabrikat sind. Außer schönen bunten
Pynackervasen sind Delfter, Rouener und deutsche Fabri-
kate vorhanden. Das Steinzeug ist durch Siegburger
Schnellen, Raerener und Nassauer Krüge vertreten. Unter
den Bronzen befinden sich profane und kirchliche Geräte
von der ältesten Zeit bis zum Rokoko, aus dieser letzteren
Periode besonders erwähnenswerte Kandelaber, Uhren,
Leuchter usw. Die Textilkunst wird repräsentiert durch
Gobelins, Kölner Borten, gewebte und gestickte Arbeiten.
Zum Schlüsse weisen wir noch hin auf die Sammlung
römischer Antiquitäten als: Gläser, Arbeiten aus Gold,
Silber, Stein, Bronze, sowie Terrakotten und Tonlampen,
deren Stücke durchwegs alte Kölner Funde sind. Der
Katalog ist soeben reich illustriert erschienen. Wir behalten
uns vor, im einzelnen noch auf diese Sammlung zurück-
zukommen.
 
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