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KUNSTNACHRICHTEN

BEIBLATT DER KUNSTWELT

Erscheint monatlich. Redaktion und Expedition:

Abonnementspreis: Jährlich 3 Mark. H^Ml BERLIN W. 62 ■ Kurfürstenstr. 131

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die Post bezogen. HjLW WEISE ©CO.. BERLIN W. 62.

II. JAHRG." No. 9. 1913

Die Kunstnachrichten sind ständiges Nachrichtenorgan für folgende KUNST- UND KUNSTGEWERBE-VEREINE Deutschlands, Oesterreichs,
der Schweiz und Rußlands: Aachen, Allenstein, Altenburg, Altona, Augsburg, Baden-Baden, Bayreuth, Bernburg, Biel, Bielefeld,
Braunschweig, Bremen, Breslau, Bromberg, Brünn, Chemnitz, Chur, Danzig, Darmstadt, Dessau, Dresden, Düsseldorf, Eisenach,
Elberfeld, Elbing, Erfurt, Essen, Flensburg, Frankfurt a. Main, Frankfurt a. Od., Freiburg (Breisgau), Fürth, St. Gallen, Gera, Gießen,
Glarus, Glauchau, Görlitz, Gotha, Göttingen, Graz, Halberstadt, Halle a. S., Hamburg, Hanau, Hannover, Heidelberg, Hildesheim,
Hof, Jena, Karlsruhe (Baden), Kassel, Kiel, Klagenfurt, Koblenz, Koburg, Köln a. Rh., Königsberg Pr., Konstanz, Landsberg (Warthe),
Leipzig, Liegnitz, Linz, Lübeck, Magdeburg, Mannheim, Meran, Merseburg, Metz, Mühlhausen (Eis.), München, München - Gladbach,
Münster (Westf.), Neiße, Nordhausen, Nürnberg, Oldenburg, Olmütz, Plauen (Vogtl.), Posen, Prag, Regensburg, Riga, Rosenheim,
Rostock, Salzburg, Schaffhausen, Schwerin. (Meckl.), Speyer, Stralsund, Straßburg (Eis.), Stuttgart, Tetschen (Oesterreich), Thorn, Trier,

Ulm (Donau), Ulzen, Varel, Wiesbaden, Winterthur, Würzburg, Zürich, Zwickau.

Zum Appell an die bildenden Künstler Deutschlands,

An die Redaktion der Klltistwelt!

Sehr geehrte Redaktion!

Die Märznummer der „Kunstwelt" brachte
einen Aufruf an die bildenden Künstler von
Richard Wintzer zum Abdruck, in dem zur
Bildung einer Genossenschaft der bildenden
Künstler Deutschlands aufgefordert wurde. Der
darin hauptsächlich zum Ausdruck kommende
Wunsch, dem bildenden Künstler einen ge-
wissen Anteil am Wertzuwachs der eigenen
Schöpfung zu sichern, nachdem sie in anderen
Besitz übergegangen ist, ist begreiflich und in
gewisser Hinsicht auch berechtigt, aber wie
und ob er überhaupt zu erfüllen ist, bedarf
noch reiflicher Erwägung. Begreiflich deshalb:
es ist und war immer ärgerlich, wenn man
das, was man mühevoll geschaffen und oft
genug für ein Geringes, unter seinem Werte
verkaufen mußte, später, wenn sein Verfasser
berühmt geworden, von Hand zu Hand gehen
und bei jedem Verkaufe immer höhere Preise
erzielen sieht. Nun werden es zwar nur sehr
wenige erleben, daß der Wert eines ihrer
Werke von einigen Hundert auf ein halbes
Hunderttausend Mark steigt — denn die meisten
enormen Preissteigerungen treten erst lange nach
dem Tode des Künstlers ein. Vielmehr hat
schon gar mancher durch des Schicksals Un-
gunst das Gegenteil erfahren. Im Laufe einer
Generation treten oft ganz radikale Geschmacks-
änderungen ein — und diesen sind nicht nur
die Sammler unterworfen —, sodaß z. B., was

vor 30 Jahren mit Zehntausenden bezahlt
wurde, bei Verkäufen heute kaum noch den
zehnten Teil davon bringt. Man muß die
Preisbildung auf dem Kunstmarkt genau stu-
dieren, um sich nicht irre machen zu lassen.
Und dann vergesse man nicht, daß jede Preis-
bildung — abgesehen von den Einflüssen all-
gemeiner Geschmackswandlungen — in erster
Linie von „auf Hausse spekulierenden" ge-
schickten Kunsthändlern bestimmt wird, in
zweiter Linie aber auch von sensations- und
entdeckungshungrigen Kunstschriftstellern, die
mit der Macht ihrer Feder erreichen, daß man
von den durch sie auf den Schild erhobenen
„Helden" spricht — mögen diese Helden nun
leben oder tot sein. All diese enormen Preis-
steigerungen sind durchaus ungesund. Wenn,
wie Richard Wintzer in seinem Aufruf mitteilt,
für das Bild eines Degas vor kurzem 435 000
Francs bezahlt wurden, so ist das außerdem
ein ganz anormaler Fall (für den Künstler
peinlich, für den Käufer beschämend). Degas
selbst dürfte sich, wenn er die Sache unvor-
eingenommen betrachten würde, gesagt haben:
dies Bild ist nicht mehr wie 1000 Francs wert.
Ein Esel, wer mehr bezahlt!

Es ist allzu bekannt, daß die in den letzten
Jahren genannten phantastischen Preise für
Kunstwerke nur die Folge gesteigerten Sammel-
eifers der Amerikaner sind, die mit ganz an-
deren Mitteln wie europäische Sammler rechnen
können und oft genug ohne wahre Liebe zum
Kunstwerke, nur aus Ehrgeiz und nach Namen
 
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