Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1. Oktoberheft
DOI Artikel:
Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Dresden und seine Kunst / Vom Skandinavischen Museumsverband / Aus dem Pariser Kunstleben / Eine künstlerische Weltfriedensbriefmarke / Eine Dienststelle für Kunstschrift / Zur Münzkunde des Weltkrieges / Neuerscheinungen des Büchermarktes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0068

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
€tnc DienfffteKe füü Kunftfcbcifh

Die A11 o n a e r Stadtverwaltung hat, wie uns berichtet wird,
eine Dienststelle für Kunstschrift ins Leben gerufen, die dem
dortigen Baupflegeamte angegliedert wurde. Die Stelle ist beauf-
tragt worden, jede Drucksache der Stadtverwaltung vor ihrer
Ausführung künstlerisch zu prüfen und nötigen Falles neu zu
bearbeiten. Desgleichen unterliegen Siegel, Stempel, Urkunden,
Wertzeichen, Lebensmittelkarten, Eintrittskarten und Marken aller
Art, vor allem auch Briefbogen dieser Prüfung. Auf diese Weise
soll erreicht werden, daß die Stadt sich in ihrem Verkehr mit
der Außenwelt nur in künstlerisch einwandfreiem Gewände zeigt.
Das ist angesichts der argen Vernachlässigung, die bisher und
heute noch von den öffentlichen Dienststellen und Behörden auf
diesem Gebiete gezeitigt wurde, ein nicht hoch genug zu
schätzendes Unternehmen, namentlich auch in Bezug auf die
Wirkung im Auslande und auf das Beispiel, das damit der übrigen
Bevölkerung gegeben wird. Wenn man bedenkt, daß es völlig
unbekannt ist, wer in Deutschland mit der Anfertigung der neuen
Dienststempel der Staats- und Reichsbehörden betraut wurde,
dann muß man hier wieder das Schlimmste befürchten. Ein einzelner
Stempel, eine einzelne Marke übt in ihrem Weg, der über die
ganze Welt führt, eine Wirkung aus, die für Deutschland sowohl
gut wie schlecht ausfallen kann. Das Vorgehen des Altonaer
Magistrates ist daher besonders beachtenswert.

Hans

Sebald

Beham

Geflügelter

Genius.

(Holz-

schnitt)

But? jvlünskundc des IDeltktneges.

Fälle von Verlegungen von Münzstätten bei Krieg und
Kriegsgefahr sind seit dem Altertum häufig. Besonders in Frank-
reich sahen sich die Regierungen im Mittelalter und in der Neu-
zeit während äußerer und innerer Kriege oft zu dieser Maßregel
genötigt. So auch wieder zu Beginn des Weltkrieges. Als die
französische Regierung am 2. September 1914 von Paris nach
Bordeaux übersiedelte, wurde auch die Verlegung eines Teiles
der Pariser Münze angeordnet. Der Sitz dieser provisorischen
Münze wurde die Stadt Castel-Sarrasin im Departement Tarn-et-
Caronne (Südwest-Frankreich) an der Bahnlinie Marseille-Bordeaux
gelegen. Das Atelier wurde in einer metallurgischen Fabrik ein-
gerichtet und am 21. September eröffnet; es arbeitete bis zum
24. November und prägte in dieser Zeit 200 000 Zweifrankenstücke
und 20 000 Frankenstücke vom gewöhnlichen Typus der Säerin.
Die in Castel-Sarrasin hergestellten Stücke unterscheiden sich
von den Pariser Geprägen nur dadurch, daß sie auf der Kehr-
seite unter dem Lorbeerzweig den Buchstaben C ( Castel-Sarrasin)
aufweisen. Diese Münzen, namentlich die Einfrankenstücke,
deren Emission an Stückzahl, wie bemerkt, nur ein Zehntel der
Zweifrankenstücke beträgt, werden in schönen, womöglich stempel-

frischen Exemplaren mit einem Agio bis zum dreißigfachen Nenn-
wert bezahlt. Die Zentralbibliothek in Zürich hat
kürzlich, wie die Neue Zürcher Zeitung meldet, je ein Stück
dieser metallischen Kriegsdokumente für ihre Münzsammlung er-
worben.

JHeuerfcbettaungen des Bücbetmaat?ktes*

Das Exlibris. Ein Handbuch zum Nachschlagen von
Hans R h a u e. Mit 32 Jllustrationen. Verlag „Die Ver-
bindung“, Zürich 6.

Das Buch Rhaue’s leitet ein Artikel von K. E. Reinle über
die Anfänge des Exlibris bis zu seiner neuesten Form, dem
Kriegsexlibris ein. Zum Thema vom Exlibrisammeln sagt hier
der Verfasser: „Die wenigsten Nichtsammler wissen, welche Fülle
von interessanten, historischen und kunst- und sittengeschicht-
lichen Belehrungen eine Sammlung alter und moderner Bibliothek-
zeichen bietet. Ich wüßte kein besseres Hilfsmittel, jemanden
mit der Entwicklung der verschiedenen Perioden und Stilarten
der Kunst seit der Gotik, oder mit den verschiedenen Techniken
der Graphik: Holzschnitt, Kupferstich, Radierung, Xylographie und
den modernsten mechanischen Reproduktionstechniken in
knappster und übersichtlichster Weise bekannt zu machen, als
eine Exlibrissammlung. Es ist ja gerade ein Beweis der Kultur-
losigkeit unserer Zeit, wie wenige, selbst der gebildeten Stände,
Bescheid wissen über das Technische der Kunst, über die
Herstellungsart der Bilder in ihren Wohnungen, der Jllustrationen
ihrer Bücher usw. Jede Exlibrissammlung, jedes einzelne Exlibris
hilft mit, die Kunst wieder ins Haus, in die Familie hineinzu-
bringen, nicht zu sprechen von dem mannigfachen, oft sehr not-
wendigen Verdienst, der den Künstlern und dem Kunstgewerbe
durch die zahlreich entstehenden neuen Blätter geboten wird“.—
An diese Ausführungen schließen sich Aufsätze von C. Benziger,
F. A. Haeflinger, E. Kolbe, Troxler, Rudolf Weiß. Hans Rhaues
Buch ist umso verdienstlicher, als es eine sehr reichhaltige
Bibliographie der Exlibris mit Preisliste bringt.

*

Von Berlin nach Danzig. Eine Künstlerfahrt im
Jahre 1773 von Daniel Chodowiecki. 108 Lichtdrucke nach
den Originalen der Akademie der Künste in Berlin. Mit er-
läuterndem Text und einer Einführung von Professor Dr. W. v o n
Oettingen Verlag Amsler & Ruthardt, Berlin.

Seit 1865 ist die Berliner Akademie im Besitze der wenig
gekannten Handzeichnungen Chodowiecki’s zu seinem Reisetage-
buch, das er in französischer Sprache niederschrieb. 1773 hatte
er die Reise nach Danzig angetreten und über 8 Wochen war er
dann in seiner Vaterstadt geblieben. Als er seine Reise, besser
gesagt seinen Ritt, auf einem „falben Polaken“, den er um
8 Louisdor gekauft hatte, unternahm, war der Meister 47 Jahre
alt. Die Reise bot natürlich mannigfache Abwechslung. ln
Massow skizzierte Chodowiecki sein etwas tumultuöses Nacht-
lager, das er mit derben Kriegern teilen mußte, zwischen Körlin
und Köslin faßte ein Unwetter seinen „Polaken“ etwas unsanft
an, aber in Wutzkow verbrachte er dafür einen gemütlichen
Abend in einem Wirtshause. Als er endlich in Danzig einritt
und bald darauf die Seinigen umarmen konnte, begannen für ihn
die „fleißigen“ Tage. Nun zeichnete er die ganze Danziger Ver-
wandschaft und Bekanntschaft mit frischestem Humor und jener
fließenden Lebendigkeit, die wir in seiner Kunst lieben. Am
stärksten wirken da wohl in seinem Danziger Skizzenbuch die
mit ein paar Strichen hingeworfenen Bettlerfypen sowie die
Gestalten der in intensive Andacht versunkenen Polinnen und die
charakteristischen Köpfe der Patres und Aristokraten, bei denen
der Künstler ein- und ausging. Es war eine gute Idee, daß
Amsler & Ruthardt eine neue Ausgabe dieses amüsanten
Chodowieckischen Skizzenbuches veranstaltet haben.

Carl Brack & Keller, G. m. b. H., Berlin W. 9
Kleine gewählte Collection alter u. moderner Meister

Ankauf D Angebote erbeten O Verkauf

64
 
Annotationen