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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Einbandkunst der Gegenwart, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0079

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Deutsche Smbandkunst dev Qegenwavt

von

ö. A. 6» Bogßng

(Schluß.)

||ie Ausschmückung des deutschen Kunsteinbandes
nach gegenwärtigem Kunstempfinden (denn von einem
modernen Stil läßt sich wohl nicht gut reden) ist ähnlich
der des englischen, aber im Gegensatz zum französischen,
vorwiegend ornamental, die Einbandzeichnungen verbin-
den sich in ihrer dekorativen Tektonik meist sinngemäß
der Einbandkonstruktion. Ohne daß man gerade von
einem ausgesprochenen modernen deutschen Kunstein-
band sonderart sprechen könnte, läßt sich doch in der
Anlage der meisten neuzeitlichen deutschen Einband-
arbeiten eine gewisse Übereinstimmung finden, die aber
nicht zum wenigsten auf den Einfluß einiger führender
Meister in den von ihnen geleiteten kunstgewerblichen
Fachklassen und auf die von ihnen geschaffenen neuen
Stempelformen zurückzuführen ist. Ausführlich ließe sich
das nur an einer größeren Abbildungsreihe erläutern,
hier muß der kurze Hinweis auf einige ausgewählte
Proben genügen, auf den in grauem Ziegenleder mit
Blinddruck und grüner Lederauflage ausgeführten Einband
von C. Scheer Berlin, (Abbildung 5), auf den blauen
Ziegenledereinband mit Handvergoldung und gelber,
grüner, roter Lederauflage von C. Ebert-München (Ab-
bildung 6) und auf den naturfarbenen Ziegenlederband
mit brauner, gelber, grüner, orangefarbener und roter
Lederauflage von Emanuel Steiner-Basel (Abbildung 7).
Wenn der letztangeführte Einband des sehr selbständigen,

Abb. 5. Einband von Carl Scheer-Berlin.

Graues Ziegenleder, Blinddruck, Handvergoldung und Lederauflage.

vielgewandten Schweizer Meisters beweisen könnte, wie
auch die Ausdrucksformen neuester Kunstrichtungen dem
Bucheinbände sich aneignen lassen, so ist der erst-
genannte kennzeichnend für jene geometrisch - lineare
Ornamentik, wie sie insbesondere das Beispiel und die

Abb. 6. Einband von Karl Ebert-München.

Blaues gefüttertes Ziegenleder, Handvergoldung und Lederauflage.

Lehre Paul Kerstens verbreitet hat, ohne daß jedoch
dieser Meister in seinen eigenen Arbeiten einseitig auf
sie beschränkt bliebe. Inwieweit die ästhetischen Quali-
täten der Einbandverzierung aus ihren technischen ab-
geleitet wurden, inwieweit der Blind- und Golddruck
mit der Lederauflage und mit der Stoffwirkung des Ein-
bandüberzuges sich verbinden, inwieweit der Buchbinder
die Einbandzeichnungen mit seinen eigenen Zierwerk-
zeugen entwarf und ausführte, das zu untersuchen ist
zwar wesentlich für die Beurteilung der Wirkung eines
handgearbeiteten und handverzierten Einbandes, weil seine
Hauptvorzüge hierin begründet sind. Indessen reicht
dafür die Abbildung, zumal die schwarzweiße Abbildung,
nicht aus und man muß schon solche Probleme an guten
und schönen Einbänden selbst studieren, um Einblick in
ihre Kunstgeheimnisse zu gewinnen.

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