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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Oktoberheft
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Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Die deutsche Ein- und Ausfuhr von Kunstwerken / Kunsthandel und Leipziger Messen in aller Zeiten / Die Altonaer Dienststelle für Kunstschrift / Schweizerische Kunstchronik / Vom holländischen Kunstmarkt / Eine künstlerische Spielkarte in Amerika / Aus dem Pariser Kunstleben / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0088

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Wiederverkaufsaassichten ins Ausland zu erwerben; hiezu befähigt
ihn seine überlegene Kenntnis des Kunstmarktes, sowohl was die
Objekte als den internationalen Käuferkreis betrifft. Bleiben dem
deutschen Kunsthandel diese Möglichkeiten nicht gewahrt, so ist
die volle Verkümmerung dieses erfolgreich aufgebauten und aus-
gebauten Handelszweiges unausbleiblich. Dem Staate aber
erwachsen, wenn die Einfuhr von Kunstwerken und ihre Wieder-
ausfuhr ermöglicht bleibt, beträchtliche steuerliche
Einnahmen aus dem Zwischengewinn des Handels und dem
Luxusumsatz ins Ausland, während andernfalls ein in manchen
Orten besonders starker Steuerträger als solcher verschwinden
müßte.“

Die Eingabe beschäftigt sich mit dem Kommissions-
geschäft. „Der deutsche Kunsthandel hat auf Grund seiner
guten Verbindungen mit Auslandsfirmen die sichere Möglichkeit,
von, dort Waren kommissionsweise zu erhalten und unter Be-
nützung der Markt- und Markverhältnisse ins Ausland zu veräußern.
Speziell das Kommissionsgeschäft erscheint unbedenklich und
wird die wesentliche Grundlage des deutschen
Kunstgeschäftes werden; das Kommissionsgeschäft ermög-
licht die Warenbeschaffung ohne Markabgabe und unter Verbleiben
des Zwischengewinnes im Inlande. Zu erwähnen ist auch, daß
für das Reich sich hieraus neben den allgemeinen Steuern auch
beträchtliche Umsatzsteuerbeträge ergeben können. Äußerst
wichtig ist die Einfuhr, wenn auch nur kommissionsweise, für
das Versteigerungsgeschäft.“

Zum Schlüsse bittet derVerband das Reichswirtschaftsministerium
von dem geplanten Ausfuhrverbot Abstand zu nehmen.

„Der künftige Schwerpunkt unseres Erwerbszweiges besteht
im Verkauf ins Ausland Es ergibt sich hieraus, daß ein
Ausfuhrverbot für Kunstgegenstände in Deutschland unseren
Geschäftszweig vollkommen lahmgelegt. Richtig und
auch von unserem Standpunkte begrüßenswert ist es, besonders
wichtige, unersetzliche Werke deutscher Kunst unserem Lande
zu erhalten. Dies soll aber nicht erreicht werden durch Ausfuhr-
verbote, sondern es sei die Aufgabe von Museumsleitern,
Museums- und Geschichtsvereinen und des Verbandes des Deut-
schen Kunst- und Antiquitätenhandels, die Besitzer wichtigster
Werke deutscher Kunst bei kommenden Verkäufen zu veranlassen,
dem Staate den Vorzug für den Kauf zu geben.
Damit der Staat auch die Möglichkeit solcher Ankäufe habe, möge
ein Nationalfonds gegründet werden aus einer Zuweisung
von 1 Prozent des löprozentigen Ausfuhrzolles, so daß der Staat
14 Prozent des Ausfuhrzolles als Steuer erhält und 1 Prozent dem
Nationalfonds zugewiesen wird.“

Kutiübandel und Leipsigeü jvieflen
m attcü Beit

Zu gleicher Zeit wie der Buchandel kam auf der Leipziger
Messe der Kunsthandel zum Vorschein. Wenn auch nur
selten in historischen Urkunden von einer Beteiligung des Kunst-
handels an den Leipziger Messen Erwähnung getan wird, so taucht
doch hier und da eine Nachricht auf, die auf das Erscheinen des
Kunsthandels auf der Messe hinweist. So kaufte z. B. der Leip-
ziger Maler Hermann Stein von dem Briefmaler Caspar Ryß aus
Nürnberg im Jahre 1493 Bilder auf Leinwand („gemalt Tuch“) für
9 Gulden und einem ebenfalls Nürnberger Maler Albrecht von der
Helle schuldete zur Ostmesse 1537 Georg von Landshut 12'/4
Gulden „für etliche Bilder und Kunststücke“, wobei zu bemerken
ist, daß dieser Landhut wohl Georg Lemberger ist, von dem sich
eine Kreuzigung im Leipziger Museum befindet. Daraus kann ge-
schlossen werden, daß bereits im 15. und 17. Jahrhundert sich
Leipziger Künstler unter Umständen auch mit dem Vertrieb von
Werken auswärtiger Künstler befaßten, aber zugleich als „Kunst-
händler“ fungierten. Wenn dies auch den Bestimmungen der In-
nung, wie sie in jener Zeit bestanden, widersprach, wonach die
Eernhaltung jeder auswärtigen Konkurrenz geboten war, so wurden
doch zu Messzeiten diese Bestimmungen fallen gelassen. Als Be-
leg dafür ist eine Erklärung der Malerin Margarete Rastrum aus

Pegau aus dem Jahre 1678 anzusehen, der man das Porträtieren
von seiten der Malerinnung untersagen wollte: sie werde, um
weiteren Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen, sich künftig mit
der Ausübung ihrer Kunst in Leipzig „während der Messtage“
begnügen.

Im 18. Jahrhundert erregte die Einfuhr niederländischer Werke,
die Leipziger Kaufherren teils für sich, teils zum Weiterverkauf
von ihren Reisen mitbrachten, Anstoß. Um diese Zeit hatte der
Kunsthändler Peter Schenk aus Amsterdam in Hohmanns Hof in
Leipzig seinen Stand, wo ihn auch der kurfürstliche Hof zur
Messzeit besuchte. Trotz der Klagen der Leipziger Malerinnung
war nun die Weiterentwicklung des Kunsthandels auf der Leip-
ziger Messe im steten Fortschreiten begriffen. Brachte er doch
auch neues Leben in die Kunst, die nicht zum wenigsten diesem
Kunsthandel ihre Berühmtheit verdankt, wie sie in den Samm-
lungen Leipzigs im 18. Jahrhundert begründet war. Was der
Kunsthandel jetzt den Messen in Leipzig zu verdanken hat, ist
bekannt. Immer großzügiger entfaltet er sich, und es dürfte wohl
nicht mehr lange dauern, daß man noch von einer „Kunst-
messe“ im Rahmen der großen Leipziger Mustermesse hören
wird. Daß hierbei freilich der Qualitätsgedanke überall
durchdringen muß, ist eine der ersten Bedingungen, und es wäre
zu wünschen, daß eine derartige Kunstmesse nicht auch die Kinder-
krankheiten so mancher Messartikel durchzumachen hat. Es sei
hierbei an das Kunstgewerbe erinnert. Es hat lange gedauert,
ehe auf diesem Gebiete wirkliche Qualitätsarbeit sich Geltung
verschaffte, wie sie jetzt zu den Messen zu sehen ist. Der „gute
Geschmack“ hat auf diesem Gebiete erfreuliche Fortschritte zu
verzeichnen, und auch die Kunst, soweit sie auf der Messe ihre
Vertretung findet, zeigt bisher eine in diesem Sinne fast erfreu-
liche Entwicklung. Von vornherein muß alle Halbarbeit, alles
Geschmacklose und Unedle ferngehalten werden, wie dies ja auch
auf anderen Gebieten mit gutem Erfolge geschehen ist. Nur so
kann eine Kunstmesse der wahren Kunst dienen.

Paul Sorgenfrei.

Die Aitonaet’ Dtenfffleüe füt’ Kunftc

febtnft

Die Altonaer Dienststelle für Kunstschrift schreibt uns: Aus
dem neutralen Auslande erhalten wir Anfragen über deutsche
Druckereien, die beste deutsche und ausländische Schriften ver-
wenden und Aufträge entgegennehmen können. Die Anfrage be-
weist, daß mit Recht dringend geraten werden muß, sich dieser
Schriften mehr als es bisher geschah, zu bedienen. Sie sind von
einer abgeklärten Schönheit, der nur wenige ausländischen gleich-
kommen. Sie empfehlen nicht nur die deutschen Druckereien,
sondern jede Firma, die sich auf ihren Geschäftspapieren dieser
Typen bedient. Allerdings ist die richtige Anordnung der Schrift
unbedingtes Erfordernis der gewünschten Wirkung. Den Drucke-
reien fehlen hier meistens die geübten Kräfte. Es bedarf also
der kunstgewerblichen Mitarbeit, bis ein genügend vorgebildeter
Nachwuchs an Setzern vorhanden ist. Wenn das Ausland sich
der deutschen Kunstschriften mehr als das Inland bedient, dann
ist die Gefahr geschaffen, daß wir mit unsern eigenen guten
Waffen von der ausländischen Geschäftswelt geschlagen werden.
Jeder deutsche Kaufmann ist in der Lage, dieser Gefahr zu be-
gegnen. Je eher, je besser. Die Verwendung guter und gut ge-
setzter Schriften hat eine fast gleiche Wirkung, wie die Verwendung
von Bildreklamen, ist aber unvergleichlich billiger.

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