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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Oktoberheft
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Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Die deutsche Ein- und Ausfuhr von Kunstwerken / Kunsthandel und Leipziger Messen in aller Zeiten / Die Altonaer Dienststelle für Kunstschrift / Schweizerische Kunstchronik / Vom holländischen Kunstmarkt / Eine künstlerische Spielkarte in Amerika / Aus dem Pariser Kunstleben / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0089

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Sdowetzevlidoe Kunitcbt’onik.

Die Sammlung fienneberg.

Man berichtet uns aus Z ü r i c h: Es wäre interessant, einmal
statistisch zusammenzustellen, aus welchen mehr oder weniger
bürgerlichen Berufen die großen Sammler der Welt hervorgegangen
sind. Ich glaube, drei Kategorien von Berufen würde die Majorität
der Kunstliebhaber von Professionen angehören: dem ärztlichen, dem
juristischen und denjenigem des Großindustriellen. Die letzt-
genannte Spezies Kaufleute wird schon durch ihre häufigen Reisen
auf das Sammeln hingewiesen, wozu noch als „erschwerender
Umstand“ tritt, daß gerade der Großkaufmann eine Ablenkung von
seinem Beruf gerade dort suchen wird, wo ihm immerhin auch
gewisse kaufmännische Interessen zur Seite stehen. Kauf und
Verkauf ist ja schließlich auch das Lebenselement des Sammlers,
mag er noch so sehr an seinen Schätzen hängen. Auch der
schlesische Großindustrielle Henneberg, der im Dezember vorigen
Jahres, zermürbt von den Sorgen der Zeit und seelisch zerschmettert
durch den — Heldentod seines einzigen jugendlichen, künstlerisch
hochbegabten Soh-
nes, als 70 jähriger
Greis in seinem Re-
naissancepalast am
Alpenkai gestorben
ist, auch dieser
größte Seidenhänd-
ler nicht nur der
Schweiz, war seit
Jahrzehnten ein lei-
denschaftlicher Ge-
mäldesammler. Er
hatte in der Person
des hervorragend-
sten schweizeri-
schen Kunstgelehr-
ten und Kritikers,

Dr. Hans Trog,
einen Freund und
Berater, der ihn
mit Erfolg zum An-
kauf gerade solcher
Dinge inspirierte,
die den Glanz und
den Eigenwert einer
Sammlung aus-
machen; so kam es,
daß Henneberg
schon zu einer Zeit
z. B. sich für Hod-
ler werktätig ein-
setzte, als dieser
Maler nochin seinem Aufstiegbegriffen, noch garnicht „sensationell,“
sondern „nur“ Könner, nur rastlos arbeitender Schaffender war. So
kommt es auch, daß Henneberg schon im Jahre 1903 seine Samm-
lung, die Ende der 90er Jahre entstand, verkaufte, (darunter viele
berühmte Menzel) und gleichsam von neuem und in eine neue
Zeit hinein zu sammeln beginnen konnte.*) Das Ergebnis dieses
Zusammenarbeitens Hennebergs mit Dr. Trog — oder doch wohl
wenigstens das Teilergebnis — ist nun die Sammlung, die Ende
Oktober zur Versteigerung gelangt. Es ist eine einheitlich deutsche,
resp. süddeutsche Sammlung, wundervoll durchleuchtet und beseelt
durch eine stolze Reihe von erstklassigen schweizerischen Bildern
und Skizzen, vor allem Hodlers, ferner von Max Buri,
Sturzenegger etc. Die sogenannten „Kanonen“ der Galerie
bilden, zumal für den dementsprechend orientierten Sammler ein
paar Porträts von Lenbach, das bekannte Gemälde „Heinrich VII.

*) Damals erwarb auch Henneberg das große Gemälde
„Jerusalem“ von Lesser Ury. Einige Jahre nachher machte er
dieses Meisterwerk dem Museum seiner Heimatstadt Görlitz zum
Geschenk. ■< (Die Red.)‘

und Anna Boleyn“ von Piloty,die „Barrikade“ von Fab er
du Faur, sowie der „Anatom“ von Gabriel Max — für
die wirklichen Kenner aber werden die Meisterstücke, die Land-
schaften der Alt-Münchner Schule von Chr. Morgenstern
bis auf Schleich, Lier, Wenglein, Villroiter, vor
allem von Stäbli und Schuch bilden; um diese Kleinodien,
wie um einige köstliche Spitz weg, dann vielleicht noch um
Habermanns teilweise noch recht zahme Damenbildnisse, um
Zügels Tierstücke werden sich die Käufer des Auslandes an
den letzten Oktobertagen reißen, während man in Deutschland
und gar in Österreich mit Schmerz und Grämen der Valuta wegen,
diesem — idealen Raub unserer deutschen Adelskunst wird zu-
schauen müssen! — — Und doch bleibt das Andenken an diese
schöne Sammlung Henneberg als ein schöner Ruhmestitel für die
heimische Kunstliebe eines Ausländsdeutschen für alle Zeiten
lebendig! Dr. Arthur Neisser.

* *

ln G e n f ist eine Ausstellung von Malereien und Plastiken
einer Künstlergruppe eröffnet worden, welche die der Stadt zustehen-
den Ateliers im
Volkshause benützt
und sich dort auch
der Öffentlichkeit
zeigt. Eine sehr
anziehende Veran-
staltung; Aussteller
die Maler Guinand,
P. Mathey, Haber-
jahn; die Bildhauer
Weilleumies, Des-
combes, Cl.arlety.
*

In Lausanne
findet eine große
Ausstellung für
Fri e dh o fskunst
statt, veranstaltet
vom schweizeri-
schen Ingenieur-
und Architekten-
verein. Der Park
Mon Repos ist da-
für zur Verfügung
gestellt worden.

*

Riva SanVital
am Luganersee be-
sitzt ein uraltes
Baptisterium. Da-
rin sind jetzt
Fresken aus der
Zeit um 1400, und unter diesen Reste noch weit älterer entdeckt
worden, welche ihrerseits eine allererste Farbschicht byzanti-
nischen Charakters, welche man der Zeit Konstantins glaubt zu-
weisen zu dürfen. Genaueres enthält der „Bund“ vom 27. Sep-
tember. Nach diesen Angaben steht man vor äußerst beachtens-
werten Ergebnissen.

Dom holländischen Kunlf markt

Scheltema und Holkema’s Boekhandel in Amster-
dam stellt Graphik von Whistler, ßrangwyn, Pennel, Israels,
Maris, Toorop aus. Von deutschen Künstlern sind Menzel,
Lieber mann, Corinth, Slevogt,Meid und Struck
mit Radierungen vertreten. Katalog Nr. 2 orientiert auch über
die Preise.

*

In der Luftfahrausstellung in Amsterdam sieht man
jetzt, wie von dort berichtet wird, eine Kollektion von künstlerischen

Karl Blechen Apenninenlandschaft

Sammlung L. bei Hollstein & Puppel, Berlin.

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