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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Novemberheft
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Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Amerikanische Kunststiftungen / Aus der Kunstwelt Italiens / Londoner Kunstschau / Aus dem Pariser Kunstleben / Schweizerische Kunstchronik / Kunstausstellungen / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Freies Bildungswesen und die Kunst / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0132

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geschichtlich interessante Villa Floridiana bei Neapel um
den Preis von L 750 000 erstehen, um die Erhaltung dieses
Nationalmonumentes für alle Zeiten sicherzustellen.

1 *

In italienischen Kreisen macht sich eine große Mißstimmung
darüber geltend, daß der Palazzetto diVenezia und auch
Teile des großen Palastes Venezia in Rom, dieses Juwel
romanischer Baukunst, Zwecken gewidmet werden sollen, die mit
Kunst und Kultur nichts zu tun haben. Bekanntlich hat das kgl.
italienische Dekret, das die Expropriierung dieser Paläste aus
österreichischem Besitz aussprach, ihre Verwendung nur für ideelle
Zwecke vorgesehen.

*

Unter den Palästen, die der König von Italien dem italienischen
Staate geschenkt hat, befindet sich auch der Palazzo Reale
zu Genua, der nach den Plänen der Architekten Pier Francesco
Cantone und Giovanni Angelo Falcone um 1650 erbaut wurde,
ln diesem sollen die Museen, die Galerien und die Bibliothek
der Stadt untergebracht werden, da ein Palast der schönen Künste
bisher in Genua nicht bestand.

*

Bei den Fundamentarbeiten für den Prachtbau der Banca
d’Italia in Reggio Emilia trat in diesen Tagen ein mittel-
alterliches, figural dekoriertes Mosaik zu Tage, das einen Teil
des Fußbodens der alten Kirche von San Giovanni Giacomo
bildete, auf deren Ruinen im 16. Jahrhundert Prospero Spani die
neue, eben jetzt demolierte Kirche errichtete.

ln der Galerie P e s a r o zu Mailand eröffnete der Bildhauer
und Maler Giuseppe Graziosi eine Sonderausstellung. Seine
Stärke liegt in Genrebildern, dem ländlichen oder häuslichen
Leben entnommen, die er mit glücklicher Wirkung, aber oft allzu
flott, auf die Leinwand bringt.

In der Skulptur bevorzugt er Motive, in denen er seine Vor-
liebe für Bewegung zum Ausdruck bringen kann, wie in seiner
„Wäscherin“. „Herbst“ und „Bachus“ sind Arbeiten mit mehr
dekorativer Wirkung, vielleicht schon zu kalt.

In den Aquarellen entfernt sich Graziosi von dem Verismus
seiner Malerei und überläßt sich mehr der Phantasie. Trotz aller
Individualität aber sind seine Landschaften wahrhaft und ernst
gesehen. Dr. Friedrich Hoefner.

londoner Kunftfcbatu

Der bekannte englische Landschaftsmaler Sir Ernest Albert
Waterlow ist im Alter von 70 Jahren in London gestorben.
Im Jahre 1902 war er in den Adelstand erhoben worden, ein Jahr
später wurde er Mitglied der Royal Academy. Seine Bilder
zeichnen sich durch außerordentliche Zartheit der Farbe aus.

*

In London wurden, wie man uns von dort berichtet, im Laufe
des Oktobers in der Patterson’schen Galerie eine Sammlung
chinesischer Bronzen und Töpfereien aus der Zeit der Tang- und
Sung-Dynastien ausgestellt, die allgemeines Aufsehen erregt haben.
Wundervoll sind auch die Töpferarbeiten der Han- und Tang-
Epochen; die sahnigweißen Sung-Vasen und -Teller zählen wohl
zu den schönsten Stücken, die bis jetzt bekannt geworden sind.

Aus dem Patdfet? Kunßleberu

Am 1. November wurde der Salon d’Automne eröffnet.
Nach dem „Temps“, der den Parisern eine lustige Gebrauchs-
anweisung gibt, enthält er höchst merkwürdige Säle und Kabinette.
Es sei bemerkt, daß Bonnard, Hermann-Paul, Vallotton, Maurice
Denis, Friesz, Flandrin, Laprade, Guörin, van Dongen, Peskö,
Rameau, Gaigneron schon jetzt Aufsehen erregen.

*

Schon heute kündigt der Staatsanzeiger eine große Aus-
stellung dekorativer Kunst an, die 1922 stattfinden soll.
Als ihr General-Kommissär wird der Abgeordnete Röville, und

neben ihm der Abgeordnete Simyan und der Direktor im Ministerium
der schönen Künste, Paul-Löon, die Veranstaltung vorbereiten und
leiten. Sie wird wahrscheinlich auf der Insel Puteaux bei Paris
eingerichtet werden.

*

Der Verlag E -F. d’Alignan gibt das letzte Werk des belgischen
Dichters Verhaeren illustriert heraus: „Paysages dis-
p a r u s.“

*

Wichtige Neuerscheinungen der Kunstliteratur bespricht der
Temps vom 31. Oktober; es sind drei: „De David ä Degas“, von
Jacques Emile Blanche, bei Emile-Paul; „L’art pendant la guerre“,
von Robert de la Sizeranne, bei Hachette; „Technique et Senti-
ment“, von Henry Focillon, bei Laurens. W.

*

Im Museum Galli^ra findet eine Ausstellung elsaß-loth-
ringischen Kunstgewerbes statt.

*

In der Galerie La Böotie sicht man Landschaften von Henry
Grosjean.

*

Im Petit Palais sind die Glasgemälde der Pariser Kirchen,
welche vor dem Kriege gerettet werden mußten, aufbewahrt,
untersucht, gesäubert und ausgebessert worden, dann kamen sie
dort zur Ausstellung. Im Temps vom 24. Oktober widmet ihnen
Guillaume Jeanneau eine anziehende Besprechung.

ScbiuetEeclfcbe Kun{lcbt?omk.

Nach jahrelangen Verzögerungen und „Wiedererwägungen“
ist Basel endlich soweit, daß es im Frühling mit dem Bau
seines neuen Kunstmuseums beginnen will. Es ist gut, daß
sein reicher Bestand an Gemälden und an Graphik alter und
neuer Zeit endlich ans Licht kommt. Auch in der Administration
soll, nach dem Rücktritt des verdienten Holbeinforschers Ganz,
unter der Leitung des Grunewald- und Böcklinforschers H. A.
Schmid eine neue Ordnung eintreten. Schon heute stellt sich
die Sammlung durch eine Umstellung, die noch von Ganz ausging
und unter Schmid vollendet wurde, äußerst imponierend dar.
Namentlich, was KonradWitz und die schweizerischen Meister
des 16. Jahrhunderts, aber auch was die Deutschrömer des
19. Jahrhunderts (Böcklin, Feuerbach, Marees) anlangt,
ist viel getan und angebahnt. W.

*

Die Tessiner Maler und Bildhauer Agnelli, Patochi,
Rosso u. a. stellen in der Villa Ciani in Lugano aus. Es ist
die 30. Jahresausstellung dieser Schweizerischen Künstlergruppe.

*

Der aus Basel gebürtige Maler Ernst Schieß ist in
Valencia gestorben. Er hatte die Akademie in Düsseldorf be-
sucht und war dann nach Nordafrika gegangen. Seine afrikanischen
Landschaften haben größere Verbreitung gefunden.

*

In der Kunsthalle in Bern sind die Maler des Landes Tessin

eingezogen. W.

*

In Genf ist, wie unser Korrespondent berichtet, 56 Jahre
alt, der Maler Otto Vautier, des Düsseldorfer Genremalers
Benjamin Vautiers Sohn, gestorben. Die Vautiers stammen aus
dem Kanton Waadt. Der Verstorbene hatte seinerseits einen hoch-
begabten Sohn, der 1918 im Militärdienst der Grippe erlag. Beide
überlebt jetzt Benjamin II, ein junger sehr feinfühliger Künstler. —
Im Grunde von seinem Vater nicht sehr entfernt, war Otto II
(1868—1919) durch den Einfluß Uhde’s und der Pariser sowohl
des endenden 19. als derer des 18. Jahrhunderts zu einem in
großer Form breit, mild und tonig sich gebenden Realharmonisten
und Frauenmaler geworden. Es geht nicht an, Einzelwerke heraus-
zuheben. Von einigen Erzeugnissen der Hast abgesehen, steht
sein Werk bei aller Reizsamkeit der Empfindung auf vornehmer
Höhe. W.

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