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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Dezemberheft
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Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Aus der Künstlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Amerikanische Kunstsammler in England / Der Kunsthandel im Elsaß / Aus der Kunstwelt Italiens / Aus dem Pariser Kunstleben / Schloß Ambras vor dem Untergang / Georg Queri als Sammler / Autographen-Preise / Ein kostbarer Einband / Der Wettbewerb für die Reichsbriefmarke / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiqariat
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0152

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gingen gleichfalls nach Amerika. Weiterhin beklagt England den
Verlust des in Paris erworbenen berühmten Roussell Corot und
des „Danse des Nymphes“ des gleichen Meisters, beide aus der
Alexander Young-Sammlung. Auch zwei Whistlersche Marine-
landschaften, das Porträt eines kleinen Mädchens von
Whistler, das anscheinend gänzlich unbekannt und nirgends an-
geführt ist, verließen London. Ein sehr vornehm gehaltenes
lebensgroßes Porträt Sir John Reades von Beechey, ein ent-
zückender Hoppner (ein kleines Mädchen darstellend) und ein
Konterfei Dr. Johnsons von Sir Joshua Reynolds.

*

H. D. Grierson berichtet in der Times, daß im Palast des
Herzogs von Hamilton ein Band mit 114 Zeichnungen von William
Blake zu Gedichten Grays aufgefunden wurde. Der Band, der
der Neuen Züricher Zeitung zufolge demnächst in genauer Wieder-
gabe veröffentlicht werden soll, wurde von Blake als Geschenk
der Frau des großen Zeichners Flaxman dargebracht. Wann
die Zeichnungen entstanden sind, läßt sich nicht genau fest-
stellen, doch müssen sie nach 1790 geschaffen worden sein, denn
in diesem Jahre sind die Gedichte Grays erschienen, die Blake
illustrierte. Auf der ersten Seite befindet sich eine Federzeich-
nung Blakes von Flaxman. Auf den folgenden Seiten sind in die
Mitte die Grayschen Gedichte geschrieben, und an den Rändern
der Blätter sowie auf den Zwischenblättern entfaltet sich nun
die Phantasie des mystischen Künstlers in ihren reichsten und
anmutigsten Spielen.

Det? Kunübandel im €lfaß.

Wir erhalten folgende bemerkenswerte Zuschrift: Eigenartige
Zustände auf dem lokalen Sammlermarkte hat die Austreibung so
vieler Altdeutscher und deutsch gesinnter Altelsässer aus Elsaß-
Lothringen erzeugt. Da sie alle nur einen sehr beschränkten
Teil ihrer Habe mitnehmen durften, so mußten sie das Übrige
verschleudern, und das hat zur Folge gehabt, daß für die
typischen elsässischen und lothringischen Altertümer, Kupferstich-
ansichten usw. zurzeit gar keine Preise zu erzielen sind. Der
Markt ist vollkommen überfüllt. Am sichtbarsten ist dies bei
alten Büchern der Fall. Ein Händler in der großen Spitzengasse
in Straßburg hat inseriert, daß er Bibliotheken nur noch im ganzen,
für einen Sou den Band, ankaufe. Ein bekanntes Spezialhaus für
Alsatica aber macht gar bekannt, daß es Alsatica wegen Über-
füllung seines Lagers nicht mehr ankaufe. Die Franzosen haben
als Käufer die auf sie gesetzten Hoffnungen der reichsländischen
Geschäftsleute nicht erlüllt. Für ernsthafte und teurere Gegen-
stände zeigen sie ganz im Gegensätze zu den früher so gern
geschmähten Altdeutschen, die sich mit einer oft rührenden Be-
flissenheit ihrem Wahlvaterlande zu akklimatisieren trachteten,
gar keine Neigung. Nur billige Dutzendware, Erzeugnisse der
Souvenierindustrie, findet bei ihnen, so wird übereinstimmend von
elsässischen Geschäftsleuten geklagt, einigen Absalz.

Aus dev Kunftioelt Italiens.

Die JHcuadapticcung des Palazzo Dertesta
in Rom

Von unserem römischen Kunstreferenten.

Rom, 1. Dezember

Anschließend an die Nachricht, daß im Palazzo Venezia in
Rom das neugegründete Institut für Kunstgeschichte und Archäo-
logie untergebracht wird, dessen erster Präsident Corrado Ricci,
der frühere Generaldirektor der schönen Künste, ist, wird es von
Interesse sein, zu erfahren, daß dieser Prachtbau der Früh-
renaissance dem modernen Italien als Repräsentationspalast dienen
wird, in dessen ersten Stockwerk, dem piano signorile, Festlich-
keiten und feierliche Empfänge stattfinden sollen.

Zu diesem Zwecke werden die Repräsentationssäle ganz in
dem Stil der Zeiten ausgestattet werden, welche sie durchdauert
haben. Im Aufträge des Kardinal Barbo, des nachmaligen Papst

Paul II, wurde der Bau im Jahre 1455 begonnen. Wer der
Architekt gewesen ist, — ob Giacomo da Pietrasanta, Giuliano da
San Gallo oder Leon Battista Alberti — entzieht sich der Kenntnis,
das eine aber ist gewiß, daß der Palast, wie er sich heute dem
Auge bietet, nicht den ursprünglichen Plan darstellt. Es würde
hier zu weit führen, das Problem der Baugeschichte zu erörtern,
soll doch nur veranschaulicht werden, mit welchen Mitteln man
versucht, den Glanz früherer Epochen wieder neu zu beleben.

Betritt man das erste Stockwerk, so öffnet sich eine Flucht
von geräumigen Sälen, die in zwei getrennte Appartements zer-
fallen, das des Kardinals Barbo und jenes des Kardinals Lorenzo
Cibo, welche aber durch drei Säle, die sogenannten Mappamondo,
das Konsistorium und die Regia, miteinander verbunden sind.
In der Mappamondo und der Regia haben die Restaurierungs-
arbeiten zur Aufdeckung von alten Freskengemälden geführt, die
besonders in dem ersten Saale von bedeutendem kunstgeschicht-
lichen Interesse sind. Dort nämlich bedeckten drei Schichten von
Fresken, eine neuklassische und zwei barocke, eine Wanddekoration,
welche an die Freski der Eremitenkirche in Padua erinnert, die
auf Andrea Mantegna (1431—1506), den hervorragendsten Maler
der Schule von Padua, zurückgehen.

Von diesen Sälen werden fünf des Appartements Cibo, die
bereits vollständig ausgestattet sind, in Bälde ihrer Bestimmung
zugeführt werden. Der erste Saal stellt ein Waffengemach dar.
Ein gotischer Helm, ein Schwert aus dem XII. Jahrhundert und
ein aus dem Tiber gefischtes Richtschwert sind die bemerkens-
wertesten Stücke darunter.

Im zweiten Saale sieht man eine aus den Abruzzen stammende
Truhe des XV. Jahrhunderts und eine Holzstatue der heilg. Anna,
ein Werk der Schule von Siena. Unter den Gemälden ist das
bedeutendste eine Passion Chrsti von der Hand Giov. Baronzios
da Rimini. In einer Vitrine befindet sich unter anderen Kost-
barkeiten ein Triptychon des Duecento, wahrscheinlich in den
Abruzzen entstanden. Es ist aus Holz geschnitten, bemalt und
mit Gold- und Silberplättchen sowie Perlen belegt. Im Mittelbilde
ist eine Madonna mit dem Jesukinde dargestellt.

Im dritten Saale fallen Bilder von Filippo Lippi, Sodoma
und Giulio Romano auf, im vierten überwiegen Bilder aus der
venezianischen und lombardischen Schule. Ein Glasschrank ent-
hält zahlreiche Majoliken von Caffaggiolo und Castel Durante.

Der geräumigste Saal ist der fünfte, der mit Bildern aus den
Schulen von Venedig und Ferrara geschmückt ist, unter welchen
ein herrlicher Dosso Dossi hervorragt. Ein Schrank aus dem
Cinquecento und eine Vitrine mit Altertümern religiöser Kunst
(Meßgewändern, Pluviale etc.) vervollständigen die Einrichtung.

Das Dankenswerteste ist, daß bei der Inszenierung dieser
Prachträume jeder Anschein des museumsartigen vermieden wurde.
Das Hauptverdienst gebührt dem Direktor der Gallerie Corsini in
Rom, Federico Hermanin. Dr. Friedrich Hoefner.

*

Die Aufdeckung des lupitectempets auf dem
kapitotfmßben Hügel in Rom.

Unser Römischer Kunstreferent berichtet uns: Wie bekannt’
hat die italienische Regierung den deutschen Botschafterpalast
Caffarelli und das Gebäude des reichsdentschen, archäologischen
Institutes, die beide auf dem kapitolinischen Hügel gelegen sind,
expropriiert, um auf deren Terrain die Grabungen nach dem
uralten und bedeutendsten Tempel Roms, dem Jupitertempel,
vornehmen zu können.

Vor Kurzem hat man das Fundament des Tempels aufgedeckt
das eine kyklopische Mauerkonstruktion aufweist und etne Tiefe
von 7 m hat. Durch die Ausgrabung zweier Ecken hat sich die
Annahme bewahrheitet, daß der Jupitertempel sich fast über die
ganze Südkuppe des kapitolinischen Hügels erstreckt. An der
Ostfront des Heiligtums ist ein anderes Fundament zutage getreten;
welches wohl als Unterlage für den vor dem Tempel aufgestellten
Altar diente. Die Überreste bestehen aus sogenannten „sperone“,
einer in Lazium einheimischen Tuffart.

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