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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Dezemberheft
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Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Aus der Künstlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Amerikanische Kunstsammler in England / Der Kunsthandel im Elsaß / Aus der Kunstwelt Italiens / Aus dem Pariser Kunstleben / Schloß Ambras vor dem Untergang / Georg Queri als Sammler / Autographen-Preise / Ein kostbarer Einband / Der Wettbewerb für die Reichsbriefmarke / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiqariat
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0153

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An Kleinfunden sind nur ein Votivkopf, verschiedene Münzen
aus der Zeit Marc Aurels und eine Fragmente von Anphoren und
Tonlämpchen zum Vorschein gekommen.

*

Kriegs kunftausftellung in Turin.

Von unserem Römischen Kunstreferenten wird uns ge-
schrieben: Die derzeitige Ausstellung in Turin soll vor allem die
Stellungnahme der italienischen Künstler zu den Eindrücken des
Weltkrieges zum Ausdruck bringen. Wie aber die italienischen
Kreise selbst empfinden, hat auch Italien nicht den überragenden
Gestalter dieses Menschheitsexcesses gefunden, wenn auch die
Ausstellung sonst tüchtige Werke aufweist. So hat Edoardo
Rubini für den Heldenfriedhof von Mailand eine Gruppe ge-
schaffen, die durch die Harmonie der Linienführung und die
treffliche Komposition hervorragende Qualitäten aufweist und nach
Art altgriechischer Grabdenkmäler durch edle Einfalt und stille
Größe wirkt. Die Grabgruppe des jungen Bildhauers Baroni aus
Genua aber führt die ganze Qual des Abschiednehmens vor Augen.
Ein jugendlicher Krieger liegt, bereits von Todesstarre erfaßt, in
den letzten Zügen ausgestreckt am Boden; sein Antlitz wendet
er voll Sehnsucht einer Frau zu, die zu ihm eilen will, doch wie
gebannt vor dem Leichsteine steht, der die beiden trennt. Cele-
stino Fumagalli stellt sich mit einer Aschenurne ein, die im Relief
eine weinende Frau mit Kindern im Schoße zeigt, in der Mitte
zwischen zwei symbolischen Gestalten, dem Schweigen und der
Muse. Giovanni Riva schuf ein großes Relief „Der Schmerz, die
Liebe und die Treue“, das trotz guter Qualitäten unsicher und
mangelhaft in der Ausführung ist. Unter den Gemälden ragt „Die
Rückkehr vom Friedhof“ von Guiseppe Piana und „An der Schwelle
des Friedhofs“ von Bozino hervor.

*

Die berühmten Rosse von San Marco in Venedig,
die während des Krieges in der dem Palazzo Venezia angebauten
Kirche San Marco in Rom geborgen worden waren, sind wieder
unter feierlichen Zeremonien auf ihren ursprünglichen Bestim-
mungsort aufgestellt worden.

Martin Breslauer, Berlin.

Aus dem Paütfee KuniHeberu

In Paris herrscht, wie uns berichtet wird, Aufregung über
das ungewisse Geschick eines Riesenbildes von Courbet, das
ihm 1855 von der Weltausstellungsjury zurückgewiesen wurde.
Es ist das „Atelier“. Durch Familienverhältnisse ist es erneut
auf den Kunstmarkt gekommen. Man fordert, so scheint es, bei-
nahe eine Million. Die Presse hofft, daß der Louvre die nötigen
Mittel zum Ankäufe finden werde. Die „Illustration" bringt eine
schöne Abbildung des Gemäldes.

*

Die „Royal Academy of Arts“, Präsident Sir Arton Webb
und die „Sociötö des Beaux Arts“, „Artistes Frangais“, (Präsidenten
Flameng und Bartholom^) sind übereingekommen, einen Vorschlag
zu verwirklichen, der von Bonnaire, dem Vertreter der „Sociötö
des Auteurs“ in England ausgegangen ist. Derselbe will regel-
mäßig den französischen Salon nach London, den eng-
lischen nach Paris verlegen, sobald er in der eigenen Landes-
hauptstadt gesehen ist. Der „Figaro“ findet den Gedanken inter-
essant und glaubt, auf beiden Seiten des Kanals würden ihn
Künstler und Kunstfreunde eifrig verfolgen. W.

Schloß Ambt?as oot? dem Untergang.

Das berühmte Schloß in Tirol, Schloß Ambras ist dem
Untergang geweiht. Das, was die Fremden beim Besuch dieser
alten Kunststätte besonders preisen, ist, wie den Münchner
Neuesten Nachrichten aus Innsbruck berichtet wird, unwiderruf-
lich verloren: der intime Reiz von Innenräumen. Es mutet tragisch
an, wie der alte Bau fast schutzlos dem Wind und dem Wetter
preisgegeben dasteht: eine Ruine, zwar mit Dach, aber doch
eine Ruine.

Und die Sammlungen, die einst hier aufgestellt waren?
Gewissenhafte Männer bewahren und pflegen sie unter den
schwierigsten Verhältnissen heute noch musterhaft. Obdachlos
sind die Dinge zwar in Depoträumen aufgestapelt; aber trotz der
vielen Transporte hat kein Stück wesentlich gelitten, keines ist
verloren gegangen. Die neue Inventaraufnahme hat das festgestellt.
Wer freilich ahnt, was für ein Schicksal den ihrem eigentümlichen
Platz entfremdeten in der kommenden Zeit bevorsteht? Darum
sei die ganze kunstliebende Öffentlichkeit an die Bedeutung dieser
Tiroler Kunststätte erinnert.

Gcovq Quetn als Sammlet^

Schriftsteller Wilhelm Scheuermann schreibt uns: Der
bayerische Volksschriftsteller Georg Queri, der in München am
20. November 1919 an den Folgen einer Operation verstorben ist,
war ein eifriger Sammler, und wie seine literarische Tätigkeit so
gehörte auch die ganze heiße Liebe seines Sammlerherzens dem
bayerischen Volkstume. Entsprossen einem kleinbäuerlichen
Starnberger Geschlechte und im Beginne seiner Laufbahn nicht
mit Glücksgütern gesegnet, fand er das erste Betätigungsfeld für
seinen Sammeltrieb auf den geräumigen Speichern seiner länd-
lichen Verwandten und Nachbarn, wo manches kulturgeschichtlich
wertvolle Stück, manches Denkmal alter Bauernschnitzkunst ver-
gessen zu verkommen drohte und dem drolligen Grigl, der über
solchen Krimskrams Bücher schrieb, mit Vergnügen um ein Ver-
gelts Gott oder eine Maß Bier ausgehändigt wurde. Queri hat
oft mit Behagen die Geschichte erzählt, wie Ihm ein Hofbesitzer
einen wundervollen schwereichenen gotischen Tisch des 15. Jahr-
hunderts mit schadenfrohem Lächeln über den „narreten Depp“
der dieses Möbel zweispännig wegführen ließ, im Tausch gegen
einen beim Dorftischler bestellten und im voraus bezahlten funkel-
nagelneuen Tisch aus Tannenholz „aufgehängt“ hat.

Seine große Sammlung von altbayerischen Heiligenbildern in
Unterglasmalerei hat Queri meist umsonst von Landpfarrern und
Bauern oder für wenige Groschen auf der Auer Dult zusammen-
gebracht. Freilich war es auch erst Queris eigenen Forschungen
Vorbehalten, über die Herkunft dieser neuerdings außer von den
Folkloristen auch von unseren jüngsten Malern entdeckten Er-
zeugnisse einer künstlerischen Bauernhausindustrie Aufklärung
zu schaffen und auf die zu ihrer Zeit beträchtliche volkswirtschaft-
liche Bedeutung hinzuweisen, die im 18. Jahrhundert der Export
dieser Bildchen bis nach Spanien und Rußland für die sie her-
stellenden Gebirgsdörfer gewann. Sehr erfolgreich war er im
Entdecken und Erwerben alter Erzeugnisse der oberbayerischen,
namentlich der Ammergauer Bauernschnitzerei, wo er es zu solchem
Sachverständnis gebracht hatte, daß er die „Handschrift“ einzelner
Schnitzerfamilien mit Sicherheit zu erkennen vermochte. Doch
führte er diese Funde meist dem Lehrmuseum der Schnitzerschule
zu, damit sie anregend auf das junge Geschlecht wirken sollten,
für dessen kunsthandwerkliche Ausbildung er eifrig tätig war.

Für seine eigene Sammlung begnügte er sich mit Doubletten
des Museums, wobei einige feine biedermeierzeitliche Spielzeug-
modelle zu dem Schönsten gehörten, was seine Räume umschlossen.
Ich war einmal selbst Zeuge seiner Entdeckerfreude und werde
dieses Erlebnis nie vergessen, als es ihm gelang, als Kriegsbericht-
erstatter in Kortryk nach der Flandernschlacht bei einem Trödler
einige Hausaltarschnitzereien der Oberammergauer Schule aufzu-
finden und für wenige Franken zu kaufen, deren Meister Im
Museum der Schnitzerschule noch nicht vertreten war. Fast be-
lächelt wurde Queri, als er einen sehr ernsthaften Sammlerfleiß

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