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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1. Januarheft
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Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Altperuanische Kunst in München / Vom Londoner Kunstmarkt / Schweizerische Kunstchronik / Aus dem Pariser Kunstleben / Das Ende einer Legende / Die Chinesischen Rollbilder / Der Werdegang eines Spielkartensammlers / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0196

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John Raphael Smith A visit to the Grand father

Hollstein und Puppel, Berlin

Anton Kerschbaumer kommt auch aus Bayern, ln den
biographischen Daten, die dem Verzeichnis seiner Bilder — bei
Cassirer — vorangestellt sind, lesen wir: München/Berlin/
Cladow/Flandern. Und 1909 hat er begonnen. Von 1909 sind
nämlich die „Häuser im Garten“. 1910 malt er die „Innbrücke
bei Rosenheim“, 1911 bis 1914 havellandschaftliches. Was er
nachher bringt, ist Kriegsmalerei. Soll heißen: vom Krieg beein-
flußte Malerei. Bilder, nein Bilder sind das nicht, sondern
Formate, deren Farbenderbheit und Raumüberreiztheit auf
Kosten des Kriegshandwerks zu setzen sind (oder der „Richtung“?).
Denn jene Bilder von 1909 bis 1914 zeigen uns einen Künstler
mit höchst kultiviertem Farbensinn, einen Lyriker der Landschaft
und Sucher ihrer Schönheitslinie. Vielleicht findet Kerschbaumer
einmal noch zurück aus „Flandern“ zu seinen alten Havel-
Stimmungen.

Kurt Krön er, ein Pointeilist der Plastik, hat ein
Kompositionstalent, dessen Entwicklung man abwarten muß.
Bisher wirkt er noch zu ungleich. Aber die „Matrone“ (in
Kalkstein) und der „Frauenkopf“ von 1918 sind schon Stücke von
sehr charakteristischer Prägung.

Der junge Bildhauer Ernst Paul Hinckeldey ist eine
Hoffnung. Seine Reliefs — bei Nicolai — verraten eine nicht
gewöhnliche Beherrschung des Raumes, allen voran der „Sebastian“,
der mit Maleraugen gesehen und plastisch herausgearbeitet ist.
Auch im .Abendmahl“ und in der „Himmelfahrt“ sind so ernste
malerisch-plastische Qualitäten, daß man gespannt sein darf,
was er uns noch zu sagen haben wird. — Egon von L u e d e r
(gleichfalls bei Nicolai) scheint in seinen Bildern mehr auf Plakat-
als auf Bildwirkung auszugehen; greift bald auf Puvis de Cha-
vanne zurück und greift daneben, hält sich bald an Pechstein
und mißversteht ihn.

P e c h s t e i n ist übrigens bei G u r 1 i 11 stark vertreten.
Quantitativ. Seine dem Flächigen zustrebende Art, die er in der
Graphik klug und kapriziös zu nutzen weiß, artet in seiner
Malerei schon in ein oft uninteressantes Virtuosentum aus. Immer
wieder Zinnober und Carmin und immer wieder diese Java-
nerinnen! Manche seiner Landschaften haben zwar in ihrer

Flächigkeit etwas Dekoratives, aber diese Flächigkeit hat einen
bewußt-robusten Anstrich. Auch Lesser Ury zeigte uns einmal
diese Technik des Flächigen. Vor zwanzig Jahren. Nur daß uns
damals aus seiner Landschaft Licht und Luft entgegen-
schwangen.

Wenn man — und mag man noch so empfänglich sein für
allerlei Kunststücke der neuesten Kunst — den jüngsten
Schmidt-Rotluff bei Moeller gesehen hat, dann freut
man sich doppelt, bei Amsler und Ruthardt einem Künstler
zn begegnen, der genug künstlerische Kraft besitzt, sein Hand-
werk in Ehren zu halten. Cornelia Paczka-Wagner läßt
sich durch kein Kunstrezept irremachen. Sie geht in ihrer Gra-
phik immer der Schönheitslinie nach, im Umriß wie im Körper-
lichen, im Akt wie im Porträt, und bleibt nie am äußerlichen
haften: immer geht es ihr um den Ausdruck. Man kennt ja diese
trefflichen Algraphien. Daß sie außerdem eine feine Koloristin
ist, besagen die phantasiereichen Improvisationen zu Flauberts
Herodias. Voll von duftiger Frische sind auch die Aquarelle aus
der Tatra. Unter den Bildhauer-Arbeiten der Cornelia Paczka
fesselt uns am stärksten die Büste Adolf Wagners, ihres un-
vergeßlichen Vaters.

Im Künstlerhause stellt der „Block“ aus (Bund
deutscher Künstler). Hans Bremer kann sich sehen lassen:
sein „Karussel“ und sein „Grasgaiten“ sind nicht bloß ehrlich
gemalte, sondern auch ehrlich empfundene Bilder. Beweglicher,
freier, ist schon K. H a a s e - Jastrow in seinen Parkbildern aus
Wörlitz, freier, gestaltender und noch lebhafter F. K. Stroh er.
Das famose Bild „Der Blinde“ von Erich Wolfsfeld war
schon in der Großen Kunstausstellung, aber die große Zeichnung
zum „Blinden“ ist uns neu. Die müßte man eigentlich in ein
besonderes Kabinett hängen, denn es gibt sicher nicht viele tech-
nisch so eigenartiger und künstlerisch so vollkommener Blätter
wie dieses köstliche Stück. Adolph Donath.

*

Die Galerie Schulte bringt zu Ehren Philipp Franks,
der am 9. April seinen 60. Geburtstag begeht, eine Kollektion
seiner Gemälde. Von dieser Ausstellung wird noch zu sprechen sein.



Die Galerie Kurfürst zeigt den künstlerischen Nachlaß
des frühverstorbenen Malers Willi Schomann.

Düficldot’f.

Die Galerie Alfred Flechtheim zeigt Architekturentwürfe
von Fritz August Breuhaus sowie neue Arbeiten von Heinrich
Nauen und Kartons von Thorn-P r i k k e r.

peßibucg.

Im Colombischlößle ist jetzt der Freiburger Kreuzigungsaltar
des Hausbuchmeisters zu sehen, dessen Schaffen von
Professor Dr. Hermann Schmitz im zweiten September- und
ersten Oktoberheft des „Kunstwanderers“ ausführlich gewürdigt
worden ist.

Köln.

Die erste Ausstellung, die Hermann Abels im neuen Jahre
veranstaltet, bringt Arbeiten von Gaul, Mayershofer, H. Otto,
Warning, Weinzheimer. Im graphischen Kabinett des Kunstsalons
Abels finden regelmäßig Ausstellungen statt.

jYlannbetm.

Der Verkaufsausstellung Mannheimer Künstler im Kunst-
verein, mehr für das Niveau naiver Bilderliebhaber als für die
Ansprüche des Talentprüfers zugerichtet, folgte soeben eine
überaus reichbeschickte Ausstellung heimischer und auswärtiger
Künstler, in der aber auch nicht ein gleichgültiges Bild hängt.
Unter den Mannheimern, von denen ein großer Teil auf Rhein-
landschaften mit lebhafter Einbeziehung des Industriehafenlebens
die Lösung dieses nicht leichten Problems mit den besten
Wirkungen — in Aquarell — durchgeführt hat, seien diesmal

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