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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Januarheft
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Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Altperuanische Kunst in München / Vom Londoner Kunstmarkt / Schweizerische Kunstchronik / Aus dem Pariser Kunstleben / Das Ende einer Legende / Die Chinesischen Rollbilder / Der Werdegang eines Spielkartensammlers / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0197

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Rudi Müllers und Fritz S c h ö n genannt. Eine Gesamtaus-
stellung trägt den Namen August B r o x zum erstenmale in weitere
Kreise. Der Farbenjubel besticht zuerst an seinen Bildern,
(Landschaften, Blumenstücke) bei näherem Hinsehen offenbart
sich aber der mitunter zwar noch ringende, meist jedoch schon
in sich gefestigte Ausdruckswille, dem ein feines Organ für
malerische Stimmungswerte spielend Probleme lösen hilft. Von
auswärtigen Künstlern überrascht Edmund Stepper, Düssel-
dorf, durch intensive braune Tonung und eine Strichfeinheit, die
geradezu zum Widerspruch reizt. Eine geniale Komposition wirft
aber jeden Widerstand über den Haufen. Durch starken geistigen
Ausdruck fesselt Karl Pfeiffer, Calw. Für manches Thema
läge die letzte Ausdeutung allerdings im Stein. Die Münchner
Wilhelm Heise und Hedwig Kruse sind mit Illustrationen zu
„Don Quijote“, beziehungsweise zu „Aucassin und Nicolette“
vertreten, mit grotesken Wirkungen ersterer, letztere voll Phantasie
und gesunder Romantik sowie mit geschickter Anwendung einer
früheren Jahrhunderten entsprechenden Perspektivenangabe.

Alfred Maderno.

Altpemamfebe Kunfl in jvKtncberu

Man schreibt uns aus München: Wunderbar ist die
Sicherheit, die Ornament- und Formenfülle, welche das alte Peru
im Schoße der Erde birgt. Das trockene Küstenklima bewahrt,
ähnlich wie Aegypten, in vollkommener Erhaltung herrliche Ge-
fäße, reich ausgestattete Mumien, Grabbeigaben aller Art, phan-
tastische Federmosaiken, Zierrate aus Edelmetall, Muschelschalen,
Holz aller Art und Knochen. Vom Standpunkte des Archäologen
sind alle diese Dinge von hohem Interesse, da eine Sammlung
der verschiedenen Stile einen Überblick sowohl über die zahl-
reichen nebeneinander bestehenden Lokalkulturen gestattet, als
auch die Möglichkeit darbietet die einzelnen Stilarten in ihrem
Entwicklungsgang zu studieren.

Bisher kann man nur in ganz großen Zügen die aufeinander-
folgenden Perioden des peruanischen Kultuikreises gliedern. Es
ergibt sich namentlich an der Küste das Vorhandensein uralter
Kulturpunkte, die von einer gewissen Zeit an in Berührung treten
mit dem sehr alten und großartigen Kulturbrennpunkt Tiahuana-
co’s. Einer jüngeren Zeit gehören die namentlich durch Plastik
ausgezeichneten Schöpfungen des andinen Inkastiles an, der eine
weite Verbreitung gemäß der wachsenden politischen Macht des
Inkareiches gefunden hat.

Die zeitliche Aufeinanderfolge der verschiedenen Kultur-
geschichten, zu denen auch noch eigenartige geritzte Tonscherben
aus Muschelhaufen der Küste gehören, kann noch keineswegs mit
Sicherheit wissenschaftlich gegegeben werden.

Namentlich das Verhältnis der altertümlichen Küstenstile
zum Hochlandsstil von Tiahuanaco ist eine der schwierigsten
Fragen der südamerikanischen Archäologie. Jedenfalls handelt
es sich hier wohl um Zeiträume von sehr beträchtlichem Umfang,
wovon geschichtlich die einander ablösenden Dynastien bei Blas
Valera eine nur schwache Vorstellung zu geben vermögen.
Zweifellos sehen wir lange vor dem Auftreten der Inkadynastie
blühende Kulturen, deren künstlerische Erzeugnisse uns in Er-
staunen setzen.

Es ist mit Freude zu begrüßen, altperuanische Kunstgegen-
stände aus den wichtigsten Fundplätzen Peru’s den Münchner
Kunstliebhabern im freien Handel zugänglich gemacht zu sehen.
Herr Dr. Weizinger hat eine bedeutende altperuanische
Sammlung erworben und davon einen ausgewählten Teil in seiner
Filiale in der Ludwigstraße 5 ausgestellt. Die herrliche Samm-
lung peruanischer Altertümer des Münchner Museums ist z. Z. in
Neuaufstellung begriffen, da während des Krieges ihre Räume
zu medizinischen Zwecken gebraucht werden mußten. Diese
große Sammlung birgt wahre Schätze und wurde glücklicherweise
noch im Frieden zu äußerst günstigen Bedingungen erworben.
Die Firma Dr. Weizinger & Co. hat in außerordentlich dankens-
wertem Entgegenkommen einige Stücke, die kunstgeschichtliche
Lücken der Münchner Staatssammlung ausfüllen, dem Museum
geschenkweise überlassen. Dafür gebührt ihr viel Anerkennung

John Raphael Smith. A visit to the Grand mother

Hollstein und Puppei, Berlin

und wärmster Dank. München als Kunststadt darf stolz darauf
sein, solche Dinge, die bisher exklusives Dasein in den Museen
führten, nun auch ebenbürtig, als Gegenstände des Kunsthandels
neben ostasiatischen, antiken und mittelalterlichen, weiteren kauf-
lustigen Kreisen näher gerückt zu haben.

Hier ist künstlerisches Neuland. Niemand kann verhehlen,
daß unser Kunstgeschmack im Großen und Ganzen einseitig und
begrenzt war. Die Begeisterung für ostasiatische und persische
Kunst, die seit den letzten Jahrzehnten um sich griff, wird das
Verständnis und den Formensinn auch für das bisher weniger
bekannte Amerika vorbereitet haben. Es hat einen eigenen Zauber
plötzlich vor einer fremden, aber in sich einheitlich geschlossenen
Kunstwelt zu stehen. Die Stillosigkeit unserer eigenen west-
europäischen Kultur tritt angesichts solch fester Stiltradition,
wie sie der peruanische Kulturkreis bekundet, mit elementarer
Wucht in das Bewußtsein.

Entzückt nimmt man die polychromen, bemalten Tongefäße
aus Nasca in Augenschein. Vögel, Fische und andere Tiere,
sonderbare mythologische Gestalten fesseln die Aufmerksamkeit.
Wunderbar ist, wie hier strengster archaischer Stil sich mit
naivem Naturalismus paart. Dabei ein Farbensinn, der bereits
so hoch entwickelt ist, daß er eher an das Ende als an den An-

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