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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Januarheft
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Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Altperuanische Kunst in München / Vom Londoner Kunstmarkt / Schweizerische Kunstchronik / Aus dem Pariser Kunstleben / Das Ende einer Legende / Die Chinesischen Rollbilder / Der Werdegang eines Spielkartensammlers / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0198

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fang der alten Küstenkulturen zu passen scheint. Freilich zeigt
ein genaueres Studium, daß auch der Nascastil seine lange
Entwicklungsgeschichte hat.

Ganz andere Bilder entrollt die plastische Keramik einer
späteren Zeit, die teils in schwarzen Gefäßen köstliche Tier- und
Menschenfiguren neben geometrischen Mustern aufweist, teils in
überraschend lebenswahren beinahe porträtähnlichen Gestalten
zu uns spricht. Hier ist namentlich Chicama hervorragend ver-
treten. Ethnographisch hervorzuheben ist eine gefäßplastische
Gruppe in Form einer weiblichen Todesgestalt mit rotem Gesicht,
die eine kindliche Tonfigur mit roter Maske im linken Arm hält;
ein daneben angebrachtes gebundenes Lama ist als Opfertier an-
zusprechen. Die mythologisch wichtige Szene beweist, daß die
rote Gesichtsbemalung ethnographisch im engsten Zusammen-
hänge steht mit der roten Bemalung der Gesichtsmasken aus
Holz und Gold bei den Mumienbündeln. Dem sogenannten Inka-
stile gehören — ebenfalls aus Chicama — einige prächtige Gefäße
an, die auf hellgelbem Grunde lebhafte Malereien in braun zeigen.
Wundervoll in dieser Art ist ein liegender Hirsch zwischen leicht-
bewegten, welligen Berghügeln und eigentümlich stilisierten
Bäumen. Licht und Schatten fehlen, wie in der antiken Kunst
gänzlich; von einem Hintergründe ist keine Rede, doch macht
sich bereits ein gefälliger Vordergrund bemerkbar und der Ansatz
zu einer merkwürdig primitiven Perspektive, die sich bemüht
zugleich Seiten- und Vorderansicht darzustellen. Vollendet ist
ein anderes Gefäß aus Chicama, das leichtbewegte hohe Mais-
stauden, der Wölbung des Gefäßes angepaßt, uns vor Augen führt.
Mit gefälliger Heiterkeit spielen die stilistisch weitergebildeten
männlichen Blütenrispen im Winde und Maisstauden neigen sich
in verschiedener Höhe und Stellung einander zu. Ähnliches
kenne ich eigentlich nur aus der minoischen Kunst Kreta’s. Das
gleiche Gefäß ist noch mit mäuseartigen, freiplastischen Tieren hie
und da verziert, die an Maiskolben nagen. Offenbar handelt es
sich um Schädlinge der Maisfelder, wie übrigens solche ähnlich
auch in der mexikanischen Bilderhandschrift des Codex Borgia
in Flächenmalerei einem begegnen.

Es würde zu weit führen, auch nur eine Auswahl des Aus-
gestellten zu beschreiben. Aus der Fülle des Sehenswerten will
ich nur noch besonders einen Federponcho aus Ika erwähnen
mit breitem roten Saum und horizontalen, abwechselnd gelben
und schwarzen Streifen Eine ehrwürdige Mumie aus Nasca mit
einer Stirnbinde von rotem, grünen und braunen Federmosaik
geschmückt, ist mit zahlreichen obligaten Beigaben, wie Quasten,
Schleuderbinden, Täschschen, Muschelbrustgehängen, Knochen-
pfriemen, Haaren und Gebetsstreifen ausgestattet. An Holz-
schnitzereien seien erwähnt die streng stilisierten Zeremonial-
ruder aus Ica mit lustigen freiplastischen Vögeln, maskentragenden
Männchen und Kerbschnittornamenten, Ruder, die teilweise noch
Reste von Metallbeschlägen und Inkrustationen, namentlich von
roter und gelber Farbe besitzen. Hieran schließen sich Stäbe,
Webehölzer, gerötete Keulen und ein großes Idol mit Federkrone
in grün, rot und gelb. Gerade der Icastil, der auch den Kerb-
schnitt verwendet, zeichnet sich durch geometrische Muster aus,
die sowohl in der Keramik Ica’s wie auch räumlich darüber hin-
aus in den Geweben Peru’s eine hervorragende Rolle spielen.

Der Reichtum Peru’s an Geweben ist bekannt. Besonders
interessant sind einige bemalte Panos (Stoffe, die in gelb, braun
und blau sowie in braun, rot, gelb, schwarz und blau auf großen
Flächen Seesterne, Wasserwellen, Vögel, Fische und geometrische
Muster in buntem Durcheinander zeigen. Sie stehen in einem
bestimmten Zusammenhang mit Tiahuanaco-Motiven und sind
ebendarum kulturhistorisch wichtig. Die erwähnten Panos sind
ln Supe gefunden worden.

Hochachtung verdient auch noch eine Reihe von Knochen-
pfriemen aus Nasca, die teils in durchbrochener Arbeit, teils
rundplastisch, teils mit Ritzungen und Auflagen in schwarz ver-
ziert sind.

Möchte die Ausstellung dazu beitragen, das Interesse für
die Vergangenheit Amerika’s zu wecken und ihrer anmutigen
Kunst neue Freunde zuzuführen.

Dr. Walter Lehmann.

Dom londoner Kunffmat’kt

Hohe Preise sind wie man uns aus London berichtet, bei
Christie für chinesische Porzellane erzielt worden
Ein Satz pulverblauer Kang-He Vasen, drei Stück, die 18 Zoll
hoch waren, wurden für 570 Guineen verkauft; zwei Kien-Lung
Teller nahm Amor um 380 Guineen und Shoebridge kaufte
zwei entzückende Ming Figuren, die 14 >/2 Zoll hoch standen um
480 Guineen. Eine chinesische famille rose Vase mit Deckel und
zwei Becher kaufte D i c k i n s o n für 580 Guineen.

Die Firma C rieh ton kaufte gleichfalls bei Christies einen
wunderbaren Pokal mit Deckel, Epoche Königin Elisabeth — der
Pokal brachte 1800 Guineen — während für einen ovalen Brot-
korb, dem Paul Lamerie i. J. 1741 anfertigte, 185 Schilling für die
Silberunze von S. J. Phillips bezahlt wurde und für eine einfache
Queen Anne Teekanne gar 380 Schilling die Unze. Die Kanne
stammte aus der Werkstatt Thomas Folkingham’s (1711).

Weniger Anklang fanden, wie man aus London meldet, An-
denken an König Karl von England, den „Märtyrerkönig“,
der seine unentschlossene Herrschaft mit dem Tode büßte, wie
ihn die Stuartpartei noch heute nennt. Die Versteigerung fand
in dem historischen Rushbrooke Hall, in der Nähe Bury St. Ed-
munds, statt. Eine mit Leder bezogene, mit Nägel beschlagene
Kleidertruhe, auf der ein großes Monogramm „C. R.“ angebracht
war, wechselte den Besitz für nur fünfzig Guineen und ein Anzug
aus Seidenbrokat, Jacket, Ärmelweste und Kniehosen, brachte
35 Guineen ein, während für zwei Batist-Taghemden und eine
Nachtmütze des Königs nur zehn Guineen geboten wurden. Da-
gegen zahlte man bereitwilligst für eine elisabethanische Bettstelle
aus dem Gala-Schlafzimmer 850 Guineen. Die ursprünglichen
Gardinen in tiefroter Seide befanden sich noch an dieser impo-
santen Lagerstätte.

In der Auktion der von uns besprochenen Shakespeare-
Sammlung, die S o t h e b y ausbot, erzielte die Erstausgabe von
„Venus aus Adonis“, ein Unikum, den Riesenpreis von 15,100 Pfund.
Das kostbare Buch kam in die amerikanische Sammlung Huntington.

Scbweizeviicke Kun{tcbt?omk.

Die Gale'ie Moos in Genf bringt einen „Salon genevois.“

*

Das Genfer Verlagshaus Georg gibt Rodolphe Toepfers
köstliche „Bibliotheque de mon Oncle“ mit erstedierten Seyian des
Maler-Dichters heraus. Luxusausgabe. Einleitung von Chapuisat.

*

Im März wird in Basel eine Turnusausstellung des
Schweizerischen Kunstvereins eröffnet werden, die
dann noch in Bern, Chur, Glarus, Le Locle, Luzern, Solothurn und
Zürich gezeigt werden soll.

Aus dem Patdfeü Kunftleberu

Die Pariser Galerie „La Bodtie“ zeigte soeben das
malerische und graphische Werk des führenden Illustrators
S t e i n 1 e n , eines gebürtigen Schweizers, der einer der ersten
und bahnbrechenden Mitarbeiter sozialkritischer Zeitschriften in
Frankreich und Deutschland war, so des Simplizissimus.

Albert Bartholomö, dem Schöpfer des Grabmals der
Namenlosen Toten, wurde der Auftrag erteilt, ein Monument zur

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