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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Januarheft
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Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Die Kunstschätze New-Yorks / Schweizerische Kunstchronik / Aus dem Pariser Kunstleben / Staat und Kunstpflege / Künstlerische Zigarrenkisten / Ein Wettbewerbsdienst / Zur Entwickelung des Profanbaues im Mittelalter / Quellen und Anfänge der griechischen Malerei / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Goyas Ruheort / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0217

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6ine ppeffe- Kommiflion det? ScbuieiEecißben KüntHee.

Die Sektion Zürich der Gesellschaft schweize-
rischer Maler, Bildhauer und Architekten hat
eine Pressekommission bestellt, um die Öffentlichkeit aufzuklären
über die wirtschaftliche Notlage unserer Künstler und Mittel und
Wege zu zeigen, wie dieser Notlage begegnet werden kann. Sie
appelliert an die Bereitwilligkeit weiterer Kreise, den Ausführun-
gen ihrer Pressekommission zu folgen und wenn immer möglich
danach zu handeln. Ihre vorläufige Hauptaufgabe erblickt die
Pressekommission in der Schaffung einer Vermittlungsstelle für
künstlerische Arbeit, in der Erweckung eines möglichst allseitigen
Interesses für Angelegenheiten der bildenden Künste, in der Be-
kämpfung des wilden Kunsthandels und der Ausbeutung charita-
tiver Gefühle des Publikums durch das gewissenlose Hausierertum,
von dem noch die Rede sein wird.

In erster Linie besteht, wie die Neue Zürcher Zeitung mit-
teilt, die dringende Notwendig-
keit, alle ins Fach einschlägigen
Arbeiten wirklichen Künstlern
zu übergeben. Solche aller
Richtungen zu bezeichnen,
wird die Sektion gerne bereit
sein; im übrigen sei auf das
Mitgliederverzeichnis der Ge-
sellschaft schweizerischerMaler,

Bildhauer und Architekten ver-
wiesen, das im Zürcher Kunst-
haus aufliegt.

Sodann erstrebt die Presse-
kommission die Behebung eines
weitverbreiteten Irrtums: Gleich-
setzung von Kunstpflege mit
Wohltätigkeit. Wohltätigkeit,
siehe Evangelium, besteht in
der spontanen Ausübung un-
eigennütziger Handlungen, deren
ureigenstes Wesen darin be-
steht, keine Gegenleistung zu
verlangen. Der Künstler aber
leistet gewöhnlich höhere Werte,
als ihm bezahlt werden. Error
demonstratus!

Endlich bekämpft sie das
schon erwähnte Hausierertum.

Alle Sorten von verkrachten
Existenzen ziehen von Haus zu
Haus und bieten einem als
kaufkräftig bekannten Publikum
eigenen oder fremden Schund
als Kunstwerke an. Solchen
Leuten gegenüber kommen nur
drei Mittel in Betracht: unerbitt-
liche Abweisung, Anfrage an die Sektion Zürich der Gesellschaft
schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten vor Abschluß
eines Kaufes, und in krasseren Fällen direkte Anzeige an die Polizei.

Aus dem Paütfet? Kunftleberu

Der Louvre hat das heiß umstrittene „Atelier“ von Courbet
erworben. Preis 700000 Frs.

*

Im Kunstgewerbemuseum findet eine Ausstellung
der malerischen Arbeiten des Dichters Victor Hugo und seines
Enkels Henry Berteaux statt. Phantasievoile Zeichnungen vom
ersten, Interieurs und Stilleben vom zweiten.

*

Die Stadtpläne für die W i e d e r b e s i e d e 1 u n g von
Nordfrankreich gehen in raschem Tempo und mit leb-
hafter Beteiligung fort. Der Temps vom 13. 1. ergeht sich darüber
in eingehendem Bericht.

Bei Georges Petit stellt die „Neue Gruppe“ aus. Wichtig
sind die Beiträge von Guillonnet, Lebourg, Lebasque, Garbowsky»
Charreton, Auburlin, Dabat, van Rysselberghe; das Kunstgewerbe
der beiden Schweizer Dunand und Bastard; die Plastiken von
Bouchard und Landowski.

*

Das Staatsoberhaupt hat die neu eingerichteten der Samm-
lung Camondo, der Apollogalerie, das Salon Carrö, der frühen
Italiener besichtigt. Gut. Doch man fragt, wann endlich die
französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts in befriedigender
Weise geordnet wird?

Staat und Kunffpfiege.

Man schreibt uns: Geheimrat Dr. Schmitt, der Direktor
der ersten Abteilung im sächsischen Ministerium des Innern, der

selbst einen Teil der Kunst-
verwaltung des Landes mit zu
bearbeiten hat, hat eine Schrift
über „Staatsverwaltung
und Kunstpflege im
Freistaat Sachsen“ ver-
faßt, die auch über Sachsens
Grenzen hinaus von Interesse sein
dürfte, zumal im Hinblick darauf,
daß kürzlich ein „Reichs-
kunstwart“ ernannt wurde.

Schmitt geht von dem Um-
stande aus, daß eine amtliche
Stelle fehlt, von der aus die
gesamten Beziehungen des
Staates zur bildenden Kunst
auch nur übersehen werden
könnten, und betont, daß die
Reformfrage nicht so formu-
liert werden dürfe, als handle
es sich um Ressortzuständig-
keiten. Ferner solle der Staat
nicht zu neuen dilettanti-
schen V ersuchen angeregt
werden, sondern auf diesem
Gebiete müsse der Dilettantls»
mus aufhören. Zu dem Zwecke
sei die Schaffung einer Stelle
notwendig, die zwar mit der
Staatsverwaltung innige Fühlung
halten kann, und sie jeweils
doch stark beeinflussen soll,
wo es nottut, die aber im
übrigen so fern als möglich von
den Einflüssen eines Behörden-
apparates gestellt werden muß>
der, für ganz andere Zwecke erdacht, den künstlerischen Auf-
gaben nicht gewachsen ist.

Nicht eine Behörde, sondern ein Mann solle gegenüber
den Ve'bänden und Organisationen der Künstler, wie gegenüber
der Öffentlichkeit die Verantwortung tragen, was auf dem Gebiete
der Kunstpflege geschieht. Er würde als Kurator der
schönen Künste zu berufen sein und müsse außerhalb der
künstlerischen, wissenschaftlichen und auch politischen Streitig-
keiten stehen und ständig mit den Künstlern und Sachverständigen
zusammen arbeiten. Zu solchen besonderen Aufgaben gehört die
Information bei Behörden, Staatsbetrieben und gewerblichen Fach-
schulen (Kunstgewerbeschulen), ferner Anträge zu stellen und
Anregungen zu geben. Weiterhin ist er in Kunstfragen Auskunfts-
stelle, insbesondere für Behörden. Vor endgültiger Entschließung
über künstlerisch wichtige Staatsbauten ist er gutachtlich zu hören,
wozu ihm ein vom Architektenbund gebildeter Beirat zur Seite
steht. Ferner hat er die unmittelbare Staatsaufsicht über die
Akademie der bildenden Künste, die Kunstgewerbeschule, die
staatlichen Kunstsammlungen und eine noch näher zu bestimmende

Demarteau nach Boucher Junges Schäferpaar

Hollstein und Puppel, Berlin

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