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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Januarheft
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Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Die Kunstschätze New-Yorks / Schweizerische Kunstchronik / Aus dem Pariser Kunstleben / Staat und Kunstpflege / Künstlerische Zigarrenkisten / Ein Wettbewerbsdienst / Zur Entwickelung des Profanbaues im Mittelalter / Quellen und Anfänge der griechischen Malerei / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Goyas Ruheort / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0222

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leicht geht er darin zuweilen etwas zu weit, aber man muß sich
stets vor Augen halten, daß er sich nicht in erster Linie an ein
wissenschaftlich geschultes Publikum wendet, sondern an das
Laienpublikum seiner Heimat, dem er Heimatliebe, Heimatver-
ehrung predigt, unaufdringlich und doch eindringlich. „Nicht
der Wissenschaft gilt dieses Buch, sondern der geliebten Heimat.“
Es steckt viel im besten Sinne Schulmeisterliches in den Büchern.
Der Verfasser fühlt seine Verantwortung gegenüber der Bevölkerung
seines Heimatskreises und will sie zum Verantwortlichkeitsgefühl
erziehen gegenüber den Schönheiten der Natur und der Kunst,
und wenn die Kunst sich auch auf nicht viel anderes erstreckt
als etwa auf das kraftvolle Fachwerk der alten „Frackdachhäuser“,
auf die alten Volkstrachten (die übrigens auch hier so völlig zu-
grunde gegangen sind, daß ihre Beschreibung selbst auf die
größten Schwierigkeiten stößt), auf das alte, leider auch selten
gewoidene Bauernmobiliar oder auf die bescheidenen architek-
tonischen oder sonstigen Schätze der Kirchen.

Das große Buch gibt bedeutend mehr als eine Heimatkunde
des Rehauer Bezirkes; es ist vielmehr — wie sein Untertitel mit
Recht besagt — ein „Beitrag zur deutschen Volkskunde“ und
greift so weit über den kleinen Kreis hinaus, den es geographisch
behandelt.

Kulturhistorische Einleitungen von bester Volkstümlichkeit,
klare, gemeinverständliche Philosophie, oft sehr breit angelegte
historische Exkurse und etymologische Erklärungen sind in die
Erklärung des Tatsächlichen geschickt und reichlich eingestreut,
und zuweilen erheben sich die Schilderungen zu poetischer Höhe,
so etwa die Sätze über die Lage der Regnitzlosauer Kirche in
der herben, melancholischen Landschaft dieses kargen, von einer
gütigen Natur nicht verwöhnten Waldgebietes.

ln den 14 Kapiteln des Hauptwerkes wird behandelt die
Geographie, die Geschichte, die Charaktereigenschaften der Be-
wohner; die Mundarten und ehemaligen Landestrachten; Haus
und Hof, Volksgebräuche und Volksglauben; die soziale Stellung
der Bewohner, Kriegsgeschichtliches, Wirtschaftsgeschichte; die
Kirchen, die Burgen und Schlösser, die Sagen, die Steinkreuze
und sonstigen Steindenkmäler im Bezirksamt Rehau.

Besonders wertvoll erscheint mir Kapitel 6 (Haus und Hof),
mit dem klaren einleitenden Exkurs über die verschiedenen Typen
des deutschen Bauernhauses und der äußerst anschaulichen
Schilderung der Flachsbearbeitung, Kapitel 7 (Volksgebräuche
und Volksglauben) mit seiner breit ausgesponnenen Mythologie,
und Kapitel 10 (Wirtschaftsgeschichte) in dem u. a. der Werde-
gang des Porzellans in vorbildlicher Weise geschildert wird, er-
läutert durch 17 ausgezeichnete Abbildungen. Der breite Raum
gerade dieser Schilderung hat seine Begründung in der wenig
bekannten Tatsache, daß das Bezirksamt Rehau nach der Zahl
seiner Arbeiter und Brennöfen an der Spitze der deutschen Por-
zellanindustrie steht. Und endlich sind die Kapitel 11 und 12,
die die Kirchen, Burgen und Schlösser des Kreises behandeln,
mustergiltig und weit über den Rahmen hinausgehend, der etwa
den Bau- und Kunstdenkmäler-Werken gezogen ist. Hier kommt
der eigentliche Beruf des Verfassers, der von Haus aus Kunst-
historiker ist, voll zur Geltung.

Erwähnt sei noch die überaus reiche Illustrierung beider
Bände. Der erste hat bei 215 Textseiten 31 Illustrationen im
Text und 17 ganzseitige Tafeln; der zweite, umfassende Band,
der übrigens ein vom ersten Bande völlig unabhängiges Ganzes
darstellt, zählt auf 500 Seiten 253 Textillustrationen und 59 Tafeln,
durchweg nach vorzüglichen Aufnahmen und technisch einwand-
frei. Außerdem ist diesem Bande eine große Karte des ganzen
Fichtelgebirges und Frankenwaldes beigegeben.

Alles in Allem eine Heimatkunde, wie wir sie sonst nirgends
besitzen und auf die das Bezirksamt Rehau wie die Stadtgemeinde

Rehau, die den größten Teil der Mittel zur Deckung der infolge
des Krieges außergewöhnlich hohen Druckkosten bereitgestellt
hat, mit vollem Recht stolz sein können. Kurz gesagt: eine
Kulturtat, dankenswert aber auch nachahmenswert!

Robert Schmidt.

Goyas Rubeoct

Es liegt eine eigentümliche Fügung darin, daß jetzt, nachdem
die Greuel des Weltschlachtens vorüber, die verstümmelten Über-
reste des großen Malers Goya, des Darstellers der erschütternden
Kriegsvorgänge seiner Zeit, endlich Ruhe gefunden haben. Goya
starb 1828, genau 82 Jahre alt, in Bordeaux und wuide dort im
Großen Karthäuser-Friedhof neben seinem Freund und Gönner
Miguel de Goicoechea begraben. Als 1900, so lesen wir in der
Frankfurter Zeitung, der genannte Friedhof der Stadterweiterung
Platz machen mußte, erfolgte die Überführung der Gebeine beider
Freunde nach Madrid, wo sie im San Isidro-Friedhof beigelegt
wurden. Von jeher hatten Künstler und Kunstfreunde die Kapelle
San Antonio de la Florida, deren Kuppel der Pinsel Goyas mit
herrlichen Freskomalereien geschmückt, als den geeignetsten
Ruheort für die Gebeine des Malers befürwortet. Vor einiger
Zeit ist diese Kapelle zum Nationaldenkmal erklärt worden, und
jetzt sind Goyas Überreste in ihrer Krypta feierlich beigelegt
worden, und zwar in einem prächtigen vom Bildhauer Blay ge-
meißelten Marmorgrabmal. Innerhalb einer zugelöteten Bleikiste,
die man auf den Sarg legte, wurde den Überresten des großen
Malers das Protokoll des Bestattungsakts mitgegeben. Ehe der
Sarg verschlossen wurde, nahm bei Besichtigung der Gebeine
der versammelte Ausschuß wahr, daß der Schädel Goyas fehlte.
Ein kopfloses Skelett lag im Sarg, worüber Staunen und Schaudern.
Man hat sich sodann des Umstandes erinnert, daß der Schädel
kurz nach dem Tode des Malers in den Besitz eines Phrenologen
gelangte und hierauf spurlos verschwunden ist.

Kleine Kunlfnacbeicbten.

Am 6. Januar beging die Berliner Numismatische
Gesellschaft den 70. Geburtstag ihres langjährigen sehr ver-
dienstvollen Vorsitzendan Dr. E. Bahrfeldt, des bekannten
Münzforschers u. Kenners. Dr. Bahrfeldt wurde eine Ehrenplakette
überreicht, die Wilhelm Menzner ausgesucht hat. Dr. Philipp
Lederer hielt den Festvortrag. Lederer sprach über „Geldher-
stellung und Gelddarstellung auf antiken Denkmälern“.

*

Geh. Hofrat Dr. Ludwig V o 1 k m a n n , der bekannte Kunst-
historiker und Mitinhaber von Breitkopf und Härtel in Leipzig,
beging am 9. Januar seinen 50. Geburtstag. Seit 1901 ist er Nach-
folger seines Onkels, des Geh. Hofrates Dr. von Hase, als erster
Vorsteher des Deutschen Buchgewerbevereins, er war ferner Prä-
sident der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Gra-
phik, Leipzig 1914 (Bugra) und ist Vorsitzender des, aus dieser
Ausstellung hervorgegangenen Vereine für deutsches Buchwesen
und Schrifttum, der das Deutsche Museum für Buch und Schrift
in Leipzig gegründet hat und dauernd fördert.

*

Die Nachlaßausstellung Willi Schomann in der Galerie
Kurfürst enthält in der Hauptsache Entwürfe, die der gefallene
Künstler für eine Reihe von Kirchen gezeichnet und gemalt hat.
Es sind vortrefflich durchdachte und malerisch tief empfundene
Kompositionen. Sehr wirksam sind auch einige Schwarzwald-
Landschaften, die von der trauernden Witwe zum Gedächtnisse
ihres Mannes mit ausgestellt wurden. Schomann hatte sich auch
im Porträt glücklich versucht.

Redaktionsschluss für die 1. Februarnummer: 5. Februar — Redaktionsschluss für die 2. Februarnummer: 15. Februar.
Herausgeber u. verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderer“, G. m. b H , Berlin.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume & Roth, Berlin SW. 68.

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