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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1. Aprilheft
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Der Künstlerprotest / Kunstausstellungen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Aus der Kunstwelt Italien / Aus dem Pariser Kunstleben / Vom Londoner Kunstmarkt / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Dürer-Miniaturen? / Der 6. April 1520 / Radierungen von E. M. Lilien / Der Künstlerprotest / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0307

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Aus dem Patnfeü Kunltleberu

Im Zusammenhang mit der im „Kunstwanderer“ angezeigten
Ausstellung von Glasgemälden und Malereien
in Pariser Kirchen — eine durch den Krieg ermöglichte
Schau — sei mitgeteilt, daß die Gazette des Beaux-Arts
vom Januar 1920 dieses Thema ausgiebig und mit Zugabe höchst
interessanter Abbildungen durch den Grafen P. B i v e r besprechen
läßt. — Dieselbe Nummer enthält einen Genuß fürRembrandt-
verehrer: einen reich ausgestatteten Aufsatz von P. Dorbec
über ein Album mit Zeichnungen des Meisters, das der Maler
Bonnat dem Louvre geschenkt hat. Bemerkenswert ist im
Text die vollkommene geistige Freiheit, mit der Dorbec die
Arbeiten deutscher Rembrandtforscher wie Bode,Seidlitz u.a.
verwertet und hochhielt. — Noch ein drittes Stück der Nummer
ist durch das fein erfaßte und durchgeführte Thema auch im
Auslande lesenswert: „Die malerische Reizsamkeit

des Kritikers Sainte-Beuve“, ein schöner Nachklang
zum Jubiläum des letzten Jahres. W.

*

Das „Bulletin de la Vie artistique“ durchgeht die Liste derer,
die mitgeholfen haben, das „Atelier“ von Courbet für den Louvre
zu erwerben. Es findet die Namen vieler freier Künstler (Bonnard,
Matisse, Derain, Frieß, Moreau, Guörin, Zuloaga, Halon, um nur
die im Ausland bekanntesten zu nennen). Aber akademische
Maler und Bildhauer findet es nicht darunter. Gottfried Keller
nannte ein solches Verhalten „einen nachhaltigen Rachekrieg“.

W.

*

Auktionen in Paris: 29.—30. April, Gemälde aus dem
Besitz des Fürsten Orloff; 3. Mai, Sammlung Willems;
6.-7. Mai, alte Gemälde der Sammlung Beurdeley; 10. bis
11. Mai, die Sammlung Bardac. W.

Dom Londoticü Kun{lmat?k.L

Die Schäfte dev lÜbamcUffe=CoUectioru

Bei Christies ist, wie uns berichtet wird, eine aus der Mitte
des 15. Jahrh. stammendes illuminiertes Manuskript
aus der Sammlung Lord Wharncliffes zur Versteigerung
gekommen, das, wie man wissen will, für ein englisches Museum
gestiftet werden soll. Einer der Inhaber der Firma Christie, W.
B. Anderson, hat nämlich die Handschrift um £ 4725 angekauft,
angeblich im Aufträge einiger patriotisch gesinnter Liebhaber, die
die Abwanderung des kostbaren Manuskriptes nach Amerika
hintertreiben wollten. Die Art der Ausführung weist auf den
Künstler hin, der das Stundenbuch für Renö von Lothringen
schuf, dessen zweite Tochter Marguerite die Gattin Heinrich VI.
von England wurde. Französischen Ursprungs ist die Handschrift
jedenfalls, diese prächtigen „Horae Beatae Mariae Virginis“, die
außer vierundzwanzig zarten Miniaturen der Zeichen des Zodiaks
und der Monate auch drei ganzseitige Darstellungen der Gottheit
schmücken, der Kreuzigung und „David am Haupte seines Heeres
rettet sein Weib Abigail“. David und sein Gefolge tragen
Rüstungen des Jahrhunderts. Die Darstellung der Gottheit zeigt
Ähnlichkeit mit jener des lothringischen Werkes.

Von den Wharncliffe-Miniaturen wurde Chasslats „Duchesse
de Chateauroux“ von Sabin um 340 Guineen erworben, der auch
die Miniature der Mme de Genlis kaufte, während Phillips das
Perin’sche Bild der Gräfin d’Arguillon um 350 Guineen ersteigerte.
H. und J. Simmons kauften die von Cooper i. J. 1667 gemalte
Miniatur Karls II. in voller Rüstung mit dem Hosenbandorden;
der Preis belief sich auf 470 Guineen.

*

den großen englischen Kennern und Käufern waren amerikanischer-
seits die Bibliothekarin Pierpont Morgans, Miß da Costa Greene,
A. Chester Beathy und L. Harper anwesend, während M. de Ricci
Paris vertrat. Die Hauptkäufer des Tages waren S. Devgantz,
der im Vorjahre als bedeutender Sammler auf den Plan trat und
die Firma Quaritch, für die E. Dring die Geschäfte leitete,
während die Versteigerung selbst unter der Ägide des Parlaments-
mitgliedes Sir Montagne Barlow vor sich ging.

Der Clou des Tages war eine Boccaccio-Handschrift „Des
Ciercs et Nobles Femmes“, aus dem fünfzehnten Jahrhundert, in
Frankreich hergestellt, die ursprünglich dem Admiral von Frank-
reich Prigent de Coetivy (1400—1450) gehörte. Der Admiral
wurde bei der Belagerung von Cherbourg von einer englischen
Kanonenkugel getötet. Er liebte seine Gattin abgöttisch und
nennt sie in einer Widmung „la Dame sans per“, was in späterer
Zeit fälschlich als „Dame sans nez (!)“ ausgelegt wurde.
Übrigens war sie die Tochter jenes Gil de Raiz, der in der Ge-
schichte als „Blaubart“ verzeichnet steht. Der Preis für die
Handschrift war 8900 Pfund Sterling. Nachdem ihnen dieses
wundervolle Werk fortgeschnappt worden war, haben Quaritchs
um 8000 Pfd. den herrlichen paduanischen Psalter an sich ge-
bracht, der aus dem 13. Jahrhundert stammend und mit 200 Minia-
turen versehen, Johann von Gaibana zugeschrieben wird. Gaibana
hat nachweislich auch das Epistolarum im Dom zu Padua auf-
geschrieben. Festgestellt wurde der Ursprung des Psalters erst
durch die Bemühungen Mr. Yates Thompsons, nachdem man
lange Zeit das Manuskript als böhmische Arbeit betrachtete, die
einst im Besitz Annas, der Gattin des Herzogs Heinrich von
Böhmen (1307—1360) gewesen sein soll. Auch der Psalter Cosimos
de Medici, aus dem Jahre 1490, und das Stundenbuch der Herzogin
Dionora von Urbino (1515) ging an Quaritch um 1725 bezw.
2700 Pfd. Von der schönen Dionara, der Castiglione alle
weiblichen Tugenden zuschreibt, hängt in den Uffizien das be-
kannte Gemälde von Tizians Meisterhand, Ferner kaufte Mr.
Devgantz das Breviarium des Herzog Hercules von Ferrara (1J33
bis 1505) zu 1800 Pfd. und das Horae des Rene von Lothringen,
eins der kleinsten Bücher der Versteigerung, mit 10 Miniaturen
versehen und aus dem 15. Jahrhundert herrührend um 4800 Pfd.
Drei französische Urschriften, einstmals im Besitz des größten
Bibliophilen des 14. Jahrhunderts, des Herzogs Jean de Berri,
wurden von Quaritch erobert, die „Bible Historial“ um 1250 und
das „Speculum Historiale“ von Vincent de Beauvais um 6700 Pfd.
Hiervon sind nur zwei Bände vollständig; der dritte Band wurde
(wir zitieren jetzt) von „einem Dämon verstümmelt“, aber vor
vielen Jahren fand man „zufällig“ 48 der ursprünglich 55 Minia-
turen im Britischen Museum, die natürlich sofort sorgfältigst

••••••••••••••••

I * i* i yatsa m m 1 u 11 o-

, , M annlieim

kaufe

Ansichten Mannheimer ■ Stiche Mannheimer
Stecher ■ Bücher vor 1820 in Mannheim
verlegt ■ Bücher auf Mannheim bezüglich

Dr. Fritz Bassertnann, Mannheim L. 9. 3.

Man schreibt uns: Bei Sothebys in London wurden Ende
März die 26 farbigen Handschriften und acht auf Velin gedruckten
Bücher aus der Sammlung Henry Yates Thompsons versteigert,
die man in der Sammlerwelt mit Spannung erwartete. Außer

Carl Brack & Keller, G. m. b. H„ Berlin W. 9

Kleine gewählte Collectio'n alter u. moderner Meister

Anbau* □ Angebote erbeten D Verkauf

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