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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Aprilheft
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Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Aus der Kunstwelt Italiens / Schweizerische Kunstchronik / Vom Londoner Kunstmarkt / Aus dem Pariser Kunstleben / Die Künstlerische Briefmarke / Die Stickerei-Stube der Frau Irene Eucken / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Aus der Künstlerwelt / Denkmalpflege und Heimatschutz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0324

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Kunffausßellu tagen.

Die freie Seeeflion in Berlin.

In der Sommerausstellung der Freien Sezession hat
man auch den alten Mitgliedern einen Saal eingeräumt. Offenbar
— und das ist löblich — hat man ihre Rechte nicht verkürzen
wollen. Ja, das ist löblich. Und so freuen wir uns denn, in
diesem bescheidenen Saal ein paar Bildern von Liebermann
zu begegnen, worunter das Bildnis Generaldirektor Gerstenbergs
ein Meisterstück moderner Charakterisierungskunst ist, dann
zwei sehr starken alten Landschaften von Slevogt, dann der
durch ihren weichen Ton auffallenden „Herkulesbrücke“ Kar-
dorffs (auch sein Porträt Dr. Binders hat Qualitäten) und
einem delikaten Damenbildnis von Fritz Rhein. Mosson,
Ulrich Hübner, O r I i k, E. R. W e i s s u. a., die ja auch schon
zum „alten Eisen“ der Sezession zählen, schließen sich würdig an.

Das also ist der Saal der „Alten“. Alle andern Säle, und
es gibt deren mehr als zuviel, bilden, abgesehen von dem Raum,
wo die sehr anständigen Plastiken von Fritz Klimsch stehen,
die Tummelplätze für die jetzigen Herren des Hauses. Aber
auch hier gibt es noch eine Art „Retrospective“: man ehrt —
und auch das ist löblich — das Andenken an Franz Marc, an
den künstlerisch zweifellos schwächeren August Macke und an
die verinnerlicht-primitive Paula Modersohn.

Was sonst in diesen heiligen Hallen hängt, ist (mit wenigen
Ausnahmen) bemalte Leinwand. Heutzutage ist aber Leinwand
eine so rare und kostspielige Sache, daß ich für die Wiederein-
führung der Bezugscheinpflicht wäre. Nämlich für jene vielen
Dutzendevon Malenden, die ä la Pechstein arbeiten, ä la Heckei usw.
In jener guten alten Zeit, da „Expressionismus“ im wahrsten
Sinne des Wortes A u s d r u c k s kunst war, gaben die Künstler
auf ihren G’schnas-Festen weitaus witzigere Kunststücklein aus
der Mappe des kleinen Moriz zum Besten, als es in dieser Aus-
stellung geschieht, die doch, im Grunde genommen, gar keine
Faschingsveranstaltung ist.

Es ist aber dabei noch ein Gewinn, wenn unsereins
unter den hunderten von bemalten Leinwänden etliche Bilder
findet, die ernst wirken, Campendoncks Farbenfreudigkeit
interessiert mich trotz seiner vielleicht gewollten Primitivität
ebenso wie Arthur Degners glühende Abendlandschaft. Alfred
P a r t i k e 1 s Kunstgewerblichkeit ebenso wie die gemalte Graphik
in Mesecks „blauem Tag“. Und in der Reihe der Porträts
fällt das ausdrucksvolle Bildnis Alfred Kerrs von Augusta
v. Zitzewitz auf. Aber sonst? Daß Pechstein zur Ab-
wechslung afrikanisches Kinderspielzeug aus Holz verfertigt, mag
ja sein Privatvergnügen sein; für die Entwicklung der neueren
Plastik sind derlei Versuche ganz bestimmt belanglos.

Wer sich übrigens an echtester Afrika-Plastik ergötzen will,
dem empfehle ich die wundervollen alten Bronzen von Benin!
Aber schließlich hat auch die expressionistische Plastik von heute
schon ihren Klassiker: Ernst B a r 1 a c h ist in dieser Ausstellung
der Freien Sezession mit zwei aus dem Material lebendig heraus-
wachsenden Holzreliefs vertreten. Und auch die Bronzen Georg
Kolbes sind die Produkte einer künstlerisch warmen und er-
wärmenden Empfindung. Noch ein Ringender (zwar gräßlich in
seinem Mädchen in Gips, aber aufstrebend, obgleich Minne-
süchtig in seiner „Hiob-Gruppe“) ist Joachim Karsch.

Adolph Donath.

*

Richard E s c h k e, der im Künstlerhause kollektiv
ausstellt, ist ein stiller Genießer der Landschaft. Seine Wald-
und See-Ausschnitte haben eine behagliche Ruhe, die angenehm
anspricht. Julius C. Turner bringt Im Nebenraum eine Serie
seiner radierten Blätter: Industriebetriebe, Ostjudentypen, Schau-
spielerporträts. Er ist ein Techniker von malerischer Beweglich-
keit; kräftig in der Lichtwirkung der Industrieblätter und linien-
sicher im Bildnis.

Ernst Stern zeigt in der Neuen Kunsthandlung
seine Theaterstudien: seine Entwürfe für Oedipus, für Sumurun usw.

Kubistisch-expressionistische Elemente sind hier mit künstle-
rischem Scharfsinn für das Dichterisch-Literarische der Stücke
geistreich vermengt.

Bei Nicolai lernen wir Wilhelm S c h m i d kennen,
einen in Berlin lebenden Schweizerischen Expressionisten. Eine
zunächst dekorative Begabung. Sie kommt in einzelnen Land-
schaften vorteilhaft zur Geltung, weniger in den religiösen, offen-
bar religiös gemeinten, doch ins Karikaturenhafte verzerrten Mo-
tiven. Eins aber meine ich: Schmids Entwicklungsmöglichkeiten
liegen im Porträt; aus den paar Bildnissen, die wir bei Nicolai
sehen, spricht die Sicherheit, Charaktere gestalten zu können

A. D.

*

Die Kunsthandlung Konrad Zimmermann eröffnete so-
eben ihre neuen Ausstellungsräume. Ausgestellt sind jetzt Ge-
mälde und Zeichnungen von Hermann G e h r i - Karlsruhe, Carl
Alexander Brendel sowie Zeichnungen und Radierungen von
Käthe K o 11 w i t z.

Bauten.

Im Kunstverein Bautzen: Expressionisten-
ausstellung. Man sieht Bilder und Zeichnungen von Karl
Albiker-Dresden, Rüdiger Berlit-Leipzig, August Böckstiegel-
Dresden, Heinr. Campendonk - Seeshaupt, Otto Dix-Dresden,
Joseph E b e r z - München, Conrad Felixmüller-Dresden, Eugen
Hamm-Leipzig, O. Hoffmann-Dresden, Otto Länge-Dresden, Oskar
Moll- Breslau, Emil N o 1 d e - Berlin, Max Pechstein-
Berlin, Clemens Oskar Schanze-Dresden, Fritz Sondermann-Hof-
mann-Dresden, Karl Völker-Halle.

Breslau.

Im Juni eröffnet der Künstlerbund Schlesien eine
große Ausstellung, die alle Richtungen umfassen soll. Auskünfte
erteilt die Galerie Arnold.

*

Als letzte Ausstellung veranstaltete die Galerie Ferdinand
Möller ln Breslau eine Sonder-Ausstellung des Bildes
Karl Hofers. Mit dieser Darbietung ist die Breslauer Filiale
aufgelöst worden. Die Ausstellungsräume in Berlin und der
Verlag in Potsdam bleiben unverändert bestehen.

Dresden.

Bei Emil Richter wird Ende April die neue Ausstellung
eröffnet, die eine Sammlung Gemälde von Prof. Arthur D e g n e r,
dem kürzlich an die Königsberger Akademie berufenen Künstler
und eine größere Kollektion Bilder von Franz Domschelt
umfaßt. — Außerdem wird das graphische Werk von Max Beck-
mann sowie eine größere Anzahl seiner Zeichnungen zum ersten
Mal in Dresden veröffentlicht.

Düdeldorf-

Die Galerie Flechtheim veranstaltet vom 1.—20. Mai
eine Ausstellung des Werks von Alessandro Magnasco
(1667-1749).

frankfurt a. ft.

Im graphischen Kabinett der Kunsthandlung Trittler,
Inh. Paul Schütz, sind Radierungen und Lithographien von Oskar
Kokoschka und Emil O r 1 i k ausgestellt.

Hamburg.

Die Hamburger Ausstellungshallen-Gesell-
schaft, die kürzlich begründet wurde und für die der Staat
Hamburg die Gelände in den Holstenwallanlagen gegenüber dem
Heiligengeistfeld zur Verfügung stellte, eröffnet, wie uns berichtet
wird, im Herbst ihre Tätigkeit mit einer Sonderausstellung vor-

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