Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Aprilheft
DOI Artikel:
Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Aus der Kunstwelt Italiens / Schweizerische Kunstchronik / Vom Londoner Kunstmarkt / Aus dem Pariser Kunstleben / Die Künstlerische Briefmarke / Die Stickerei-Stube der Frau Irene Eucken / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Aus der Künstlerwelt / Denkmalpflege und Heimatschutz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0329

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Anfänge des Bilddrucks liegen, wie man gewöhnlich
hört, im Dunkel, und das gilt auch noch in einem andern Sinn
als dem üblichen. Nicht nur, daß alle emsige Arbeit der Spezial-
forschung sich vergeblich müht, die Frühzeit des Formschnitts
aufzuhellen, die zünftige Kunstgeschichte hat fast niemals ihre
Bekanntschaft mit jenen primitiven Erzeugnissen, die fünfhundert
Jahre überdauert haben, verraten. Ist wirklich einmal von ihnen
die Rede, so werden sie als rohe, künstlerisch bedeutungslose
Arbeiten eines stümperhaften Handwerks abgetan. Es ist an der
Zeit, endlich auszusprechen, daß der Holzschnitt niemals mehr
die Reinheit und innere Größere erreicht hat, die seine ältesten
Denkmäler auszeichnen, daß das geringste dieser mißachteten
Blätter — ich denke dabei an die erste Periode dieser Kunst-
übung etwa in der Zeit von 1400 bis 1430 — in seiner Stilsicher-
heit vollendet, in seiner Feierlichkeit und Innigkeit hinreißend
wirkt, daß es von der künstlerischen Höhe der ersten Bilddrucke
auf Papier keinen Fortschritt mehr, nur ein Abwärts gab das
ganze Jahrhundert hindurch. Aber diese Erkenntnis liegt eben
auch im Dunkel, ebenso wie die allgemeine Kenntnis der Denk-
mäler und wie deren historische Zuschreibung. Wenn es den
neueren Forschern, die dieses Feld mit der denkbar größten
Gründlichkeit und Erfahrung bearbeitet haben, — Schreiber,
Kristeller, Lehrs, Dodgson und andere — nur schlecht
gelungen ist, in das Dunkel auf ihre Art Licht zu bringen, ist
das zum ersten gewiß auf die in der Sache selbst liegenden
Schwierigkeiten zurückzuführen; bedenkt man, wie lückenhaft
der Bestand des vorhandenen Materials ist, wie jeder Versuch
der Unterscheidung und Zuordnung lediglich auf die Stilanalyse
angewiesen ist und welchen zahllosen besonderen Widerständen
hier die ordnende Arbeit begegnet, wird man die erreichten
Resultate immerhin zu würdigen wissen. Zum zweiten liegt es
wohl aber auch an der durch eine einseitig aesthetische Orien-
tierung bedingten Verständnislosigkeit für das Wesen und die
Eigenart dieser Kunstwerke, die als solche zu bezeichnen auch
die Fachgelehrten nie noch gewagt haben. Die Gruppierungs-
versuche im Bereich des ältesten Holzschnits, die Molsdorf
unternommen hat, sind ein schlagendes Beispiel für die Folgen
eines prinzipiellen Mißverständnisses, das ohne Einsicht in for-
male oder kompositioneile Notwendigkeiten jede sinnvolle Ab-
sonderlichkeit der Zeichnung kurzerhand als „Verzeichnung“
brandmarkt und auf Grund einer Gewandfalte oder Haarlocke
unbedenklich eine Werkstatt und einen Meister konstruiert.
Stahl ist vorurteilsfrei genug, die in ihrer Bescheidenheit groß-
artigen Dokumente aus der Frühzeit des Formschnitts nach Ge-
bühr einzuschätzen, und dieses Verständnis nützt nicht nur seinen
glänzenden Analysen, sondern auch seinen an der Lokalisierung,
Gruppierung und Datierung der ersten Christodhorusdrucke vor-
genommenen Korrekturen sowie der kritischen Auseinandersetzung
mit den bisherigen Forschungsergebnissen. Man muß sich jahre-
lang mit den Inkunabeln des Bilddrucks beschäftigt haben, um
zu sehen, „daß wir nichts wissen können“, daß jede Aussage
über ihre zeitliche und örtliche Bestimmung nur mit dem Vor-
behalt des Hypothetischen möglich ist. So bleibt auch der Wert
der Stahl’schen Konstruktionen, wenngleich sie die seiner Vor-
gänger an Überzeugungskraft übertreffen, ein hypothetischer. Zu
ihnen prinzipiell und einzelweise Stellung zu nehmen, geht hier
aus Gründen des Raummangels leider nicht an. Als Kardinal-
typus von 1400 bezeichnet Stahl den „bewegten Profiltyp“, wie
er sich allmählich aus dem alten Frontaltyp entwickelt hat. Seine
Gruppierungs- uhd lokalen Zuweisungsversuche der ältesten
Bilddrucke bedeuten wohl gegenüber seinen Vorgängern zweifel-
los Verbesserung und Vertiefung, ebenso seine stilistischen
Würdigungen; im einzelnen fordern sie Punkt für Punkt die
Kritik heraus.*)

Der weitere Verlauf der Untersuchung fördert noch manche
fruchtbare Erkenntnis zutage; so z. B. den wichtigen Nachweis,

*) Der Referent liefert hier eine eingehende Erörterung der
Stahl’schen Ergebnisse im Gebiet der ältesten Christophorus-
schnitte. Sie mußte wegen Raummangels mit seinem Einver-
ständnis wegbleiben. D. H.

Frans Verwilt.

Aus Rud. Bangels 1030. Katalog.

daß mehr als Italien der niederländische Einfluß es war, der um
die Mitte des 15. Jahrhunderts Vorbilder für deutsche Kompo-
sitionstypen lieferte und so zu einem Ausgangspunkt der Neu-
orientierung wurde. Der den Profiltyp ablösende „bewegte
Frontaltyp“ wurde nicht in der italienischen, sondern in der
niederländischen Formulierung von der deutschen Kunst über-
nommen. Besondere Beachtung verdient der Katalog der Metall-
schnitte, eines interessanten Graphikzweiges, der von der Kunst-
geschichtsschreibung sehr stiefmütterlich behandelt wird. Die
übrigen Abschnitte des Buches über den späteren und den aus-
ländischen Holzschnitt und über den Kupferstich bringen in An-
betracht der gründlichen Arbeit, die von der Spezialforschung
getan ist, wenig Neues.

Bruno Adler (Weimar).

*

Joseph Baer <S Co. in Frankfurt a. M. zeigen in ihrem
Katalog 659: Germanistik, die Seltenheiten der Bibliothek des
verstorbenen Karlsruher Bibliotheksdirektors Dr. Alfred Holder
an, ferner im Katalog 662: Nationaloekonomie die Nachlässe von
Bruno Hildebrand (Graz) und anderen Fachgelehrten.

Bei Joseph Baer und Co. erschien auch soeben Heft 2/3
des Frankfurter Bücherfreudes (13.Jahrgang). Direktor
Dr. Adolf Schmidt (Darmstadt) leitet das mit wissenschaftlicher
Genauigkeit hergestellte und mit zahlreichen Abbildungen hervor-
ragend geschmückte Heft mit einem Artikel über „Zwei Frankfurter

Kunsthandlung Konrad Zimmermann ~ Berlin UI62, schiiistr. 18

Moderne und affe Graphik - Ständige Ausßeffungen
Zwangtofe Befichtigung - Gigene (Werkhäften für
gefchmackvoffe (Rahmungen UcT Ankauf . Verkauf

Interessenten werden um Bekanntgabe ihres Sammelgebietes gebeten.

Carl Brack & Keller, G. m. b. H., Berlin W. 9
Kleine gewählte Collection alter u. moderner Meister

Ankauf □ Angebote erbeten □ Verkauf

325
 
Annotationen