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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Maiheft
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Kunstauktionen / Kunsthistoriker im Kunsthandel / Kunstausstellungen / Gefährdung der Altertumsammlung im Dresdner Großen Garten / Londoner Kunstschau / Aus dem Pariser Kunstleben / Schweizerische Kunstchronik / Vom holländischen Kunstmarkt / Die Künstler im Reichswirtschaftsrat / Bibliographische und bibliophile Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0367

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Aber noch ein anderes spricht gegen die Realisierung eines
solchen Plans. Der Qaleriedirektor Posse hatte einen Versuch
gemacht, Bilder in dem Obergeschoß eines Zwingerpavillons —
im Zwinger befindet sich bekanntlich auch die Gemäldegalerie —
auszustellen. Der Saal ist an sich ein herrlicher Raum, aber
unbedingt störend wirken nun die an Scherwänden aufgehängten
Bilder, und die letzteren französischer Herkunft mögen wohl
zeitlich, aber nicht künstlerisch hierher passen. Das Künstlerische
sollte aber gerade bei der Raumfrage einer Gemäldesammlung
in erster Linie Berücksichtigung finden! Dieser Versuch sollte
aber vor weiteren ähnlichen warnen, denn bei den Räumen des
Palais im Großen Garten würde der „künstlerische“ Erfolg noch
schlimmer ausfallen.

Man ist gezwungen, immer wieder die Frage aufzuwerfen:
Wo bleiben die Sachverständigen? Auch ersieht man aus diesen
Vorkommnissen, daß es nicht zweckmäßig ist, einem allein die
Entscheidung über derartige Fragen zu überlassen, oder einer
ministeriellen Abteilung, die das nötige Kunstverständnis nicht
besitzt. Paul Sorgenfrei.

londoner Kun{f{cbau.

0t?oße Ausheilung fpanilebet’ Kunlt.

Aus London wird uns berichtet: Für das Spätjahr wird
eine Ausstellung spanischer Meister in England vorbereitet, die
eine Übersicht der Kunst Spaniens vom 13. bis zum 20 Jahr-
hundert (letzteres eingeschlossen) gewähren soll. Die Londoner
Royal Academy stellt dafür Burlington House zur Verfügung und
die Regierungen beider Länder sind eifrig bestrebt, der Veran-
staltung neben dem künstlerischen auch ein offizielles Gepräge
zu geben. Das spanische Komitee hat den Herzog von Alba
zum Vorsitzenden, das englische den spanischen Botschafter.

Alte Bucbbmdecku.nl! in London.

Bei Sotheby’s in London kam, wie man uns schreibt, in der
ersten Maiwoche die De Thon-Sammlung der Britwell Library
zur Versteigerung, die einzigschöne Beispiele der französischen
Buchbinderkunst aufwies. Auf den Inhalt kam es diesmal nicht
so viel an wie auf das Äußere der Werke, so daß die immerhin
wirklich unbedeutenden gesammelten Verteidigungsreden eines
französischen Advokates aus dem 17. Jahrhundert von Quaritch
zum Preise von £ 610 erworben wurden. Ihr Umschlag war
aber das Werk eines Meisters der Buchbindekunst, des Florimond
Badier, eines Zeitgenossen Le Gascons. Badier war so stolz
auf die wundervollen Deckelverzierungen, daß er seinen Namen
auf den Einband setzte. Da man aber nur noch einen von ihm
gezeichneten Einband kennt, der in der französischen Bibliotheque
Nationale aufbewahrt wird, so wurde Quaritch stark beneidet.
Ein Werkchen aus dem Jahre 1596 von Andreas Baccius verfaßt,
das vom edlen Rebensaft handelt, von Jean Charles Le Monnier
im 16. Jahrhundert in gelbem russischen Leder mit wunder-
schöner mosaikartiger Kantenarbeit gebunden wurde, ging auch
an Quaritch um £ 450. Die Mehrzahl der Preise bewegte
sich zwischen 250 und 300 Pfund. Sehr schön waren ein
Venezianischer Ovid in dunkelgrünem Leder aus dem 16. Jahr-
hundert, das Tagebuch des i. J. 1632 wegen Hochverrats hin-
gerichteten Louis de Marillae in dunkelbraun und ein in 1586
erschienenes Merkbüchlein mit dem Wappen Heinrich III. von
Frankreich.

Aus dem Parifet? KuntHeberu

Die Versteigerung der Skizzen des Tiepolo aus der Samm-
lung Orloff war ein großer Erfolg. Einzelne Blätter haben bis
70 und 80000 Frs. erzielt.

*

Jetzt sind die großen Ausstellungen wieder eröffnet
Nationale und Artistes Francais.

*

Im Louvre rückt die Neuordnung der Säle stetig vor, und
schon sind große Teile des 18. und 19. Jahrhunderts umgestellt.

Abraham Bloemaert
Sammlung + Dombaumeister Vinc. Statz-Köln,

Versteigerung bei Ant. Creutzer, vorm. M. Lempertz, Aachen

Einer der führenden Männer des Kunsthandels, der Galerie-
und Auktionssaalbesitzer Georges Petit, ist gestorben.

*

Ein sehr begabter und angesehener Schweizer Maler,
G i m m i, stellt in der Galerie Taitbout Gemälde und Zeichnungen
aus. W.

ScbmetECüifcbe Kunltcbcontk.

Kunft det? IDeftlcbmefe.

In Genf sieht man z. Zt. in der Galerie Lador eine Aus-
stellung zum Gedächtnis an den Maler Edouard Ravel
(1847—1920). Er war ein geschickter und im lokalen Bereich
sehr volkstümlicher Genremaler vom Schlage des Waadtländer-
Düsseldorfers Benjamin Vautier, indessen mit mehr Nerv für
Bewegungen, aber auch mit Entgleisungen ins Rhetorische Ein
fruchtbarer, ruhiger Erzeuger.

Die Galerie Moos zeigt französische Familienkunst.

Die beiden Säle des Athenäums, wo jeder Genfer
Künstler ausstellen kann, der der Gesellschaft gegenüber gewisse
leichte Verpflichtungen eingeht, haben eine Umgestaltung im
Sinn der Jüngern erfahren. Die neue Generation stellt sich
zahlreich ein. Auf den Kunstliebhabern scheint noch Krisen-
luft zu lasten.

In Morges, der hübschen alten Stadt zwischen Genf und
Lausanne, ist von A. und E. Forel eine Sammlung europäischer
Kunst des 16., 17., 18. Jahrhunderts unter der Bezeichnung
„Vieux-Morges“ in einem dafür umgestaltetem Hause aus
denselben Zeitaltern, der Maison Blanchenay, 54 Grandrue,
eingerichtet und als Stiftung eröffnet worden. Die großzügige
Sammlung wird den Grundstock eines städtischen oder nationalen
Museums älterer Kunst werden. Reich ist namentlich die Zeit
Ludwig XIII. vertreten, und herrliche frühe Graphik Rembrandts
adelt nebst Dürer und nebst Stichen nach Raffael die Säle. Vor-
züglich ist auch der Wandel der Keramik durch die ganze Periode
und Zone hin belegt, die das Museum darstellen will.

ln Neuchätel ist die periodische Exposition des Amis
des Arts in der Galerie Leopold Robert eröffnet.

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