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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Maiheft
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Kunstauktionen / Kunsthistoriker im Kunsthandel / Kunstausstellungen / Gefährdung der Altertumsammlung im Dresdner Großen Garten / Londoner Kunstschau / Aus dem Pariser Kunstleben / Schweizerische Kunstchronik / Vom holländischen Kunstmarkt / Die Künstler im Reichswirtschaftsrat / Bibliographische und bibliophile Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0369

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betung des Hirten als Mittelbild (No. 92): 4 100 Fi., eine Madonna
mit zwei heiligen Frauen in einem Park, ein kleines Werk eines
Brügger Meisters aus dem XV. Jahrhundert (No. 12): 1 100 Fl.,
ferner zwei Bilder, die auf Hieronymus Bosch zurückgingen, eine
Versuchung des hl. Antonius (No. 4): 1 050 Fl. und ein sehr
merkwürdiges, phantastisches Bild „der Kampf auf dem Eise“,
das fragenderweise dem Peter Huys als Kopist zugeschrieben
wurde (No. 21: 1950 Fl. Ein hübsches Werk des jüngeren

Peter Brueghel, Trinkende Bauern vor einer Dorfschenke (No. 9)
ging für 2 300 FI. —

Von den Großmeistern der Blütezeit im XVII. Jahrhundert
wurde ein schönes, repräsentatives Damenbildnis von van Ra-
vesteyn am höchsten eingeschätzt (No. 63): 28 000 Fl. Nicht so
hoch, aber verhältnismäßig immer noch gut bezahlt wurden ver-
schiedene manierierte und affektierte Porträts des späten Nicolaes
Maes, die sich, wie überhaupt alte Porträts, zwecks Anlegung
einer „Ahnengalerie“, einer gewissen Beliebtheit erfreuen und deshalb
oft viel höher bewertet werden, als sie nach ihrem künstlerischen
Werte verdienten. Ein großes Werk dieses Modemalers des holl.
Barock, drei spielende Kinder (No. 29) brachte 6 900 Fl. auf, ein
kleines Herren- und Damenbildnis von ihm (No. 30 u. 31) zusammen
4 000 Fl., ein größeres Familienbildnis von Gonzales Coques
(No. 57): 9 000 Fl., ein Familienbildnis von Peter Codde, bezeichnet
und 1642 datiert, ungefähr eben soviel (No. 76): 8 800 Fl.; das
letztere wurde Eigentum des Ryksmuseums. — Heben wir zum
Schlüsse von alten Meistern noch hervor einen dekorativen großen
Hühnerhof mit einer weißen Henne von Hondecoeter (No. 255):
9 400 Fl., ein Genrebildchen von P. de Hooch, eine junge Frau,
die ihr Hündchen tanzen läßt (No. 84): 4 000 Fl. und der Seltenheit
halber eine recht hübsche kleine Landschaft von einem wenig
bekannten Meister, Hendrik van der Straeten: Schmuggler in
einem Wald (No. 124): 700 Fl.

Von modernen Meistern ging am höchsten der holländische
Architektenmaler Bosboom mit einem kleinen Bildchen, Inneres
einer Kirche in Alkmaar (No. 258): 6 800 Fl; an zweiter Stelle
kam der akkurate, aber durchaus nicht kleinliche Pferdemaler Ver-
schuur mit Pferdegespannen in einem Steinbruch (No. 272): 2200 Fl.

Von den kunstgewerblichen Gegenständen verdienen ver-
schiedene französische Möbel des XVIII. Jahrhunderts Erwähnung,
einige Louis XVI-stücke: ein Mahagonibücherschrank (No. 642):

1 500 FL, ein Büffet-Dressoir mit Marketerie und Bronzebeschlägen
(No. 644): 2 250 FL, ein anderes ähnliches Möbel (No. 645) :

2 500 Fl., ein niedriges Schränkchen, ebenfalls Marketeriearbeit
mit Marmorplatte (No 646): 1750 FL, ein Paar niedrige Eck-
schränkchen mit Marketerie und Marmorplalte (No. 648): 2 200 Fl.,
ein Marketerietisch mit Bronzebeschlag (No. 653): 1 750 Fl. und
ein kleiner Damenschreibtisch mit Marketerie (No. 1387): 1 200 FL
Von übrigen Möbeln greifen wir noch heraus einen Ofenschirm
aus Nußbaum mit Stickereifüllung, Stil Louis XIV. (No. 3331):
1000 FL, sechs Stühle aus Nußbaum mit Ledersitzen aus dem
XVII. Jahrhundert (No. 1354): 1145 FL, ein Lehnstuhl aus der-
selben Zeit (No. 1355): 1200 FL und zwei geschnitzte Louis XVI.-
stühle (No. 1358a): 2 550 FL

Der Rest der Sammlung bestand aus dem üblichen chinesischen
Porzellan, den nie fehlenden Delfter Fayencen und einigen hübschen
Silberarbeiten, auch größtenteils im Louis XVI.-Stil. Batavus.

Die Künftiet? im Reicbsunütief)affst?ah

Im vorläufigen Reichswirtschaftsrat sind 2 Sitze für
die bildenden Künster vorgesehen. Die Benennung der beiden
Vertreter ist den wirtschaftlichen Verbänden Berlin und München
übertragen worden. Der Wirtschaftliche Verband
b. K. Berlin hat seinen Vorsitzenden Otto Marcus als
Vertreter benannt.

Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung er-
klärte sich in einem Schreiben an den W. V. Berlin bereit, in
allen wichtigen wirtschaftlichen Angelegenheiten der bildenden
Kunst dem W. V. b. K. in erster Reihe Gelegenheit zur Äußerung
zu geben.

Btbliogt’apbilcbe und bibliophile
JSotisen.

Alte Bücher sind auch einmal neu gewesen. Und die jetzt
als „klassisch“ verehrten Schriften waren in ihrer Zeit die Bücher
des Tages — wofern sie damals schon anerkannt gewesen sind.
Denn ein Bucherfolg entspringt weit weniger ästhetischen als
sozialen Ursachen, vor allem bei den Werken der Dichtung, die
mehr oder minder der Ausdruck besonderer Stimmungen sind, die
in bestimmten Lebensformen und Lebensverhältnissen wurzeln.
Daß die Annalen der „Literatur“ Bücher verzeichnen, von denen
die „Kritik“ mit ihren Werturteilen, zumal dann, wenn sie bereits
den literarhistorischen Maßstab anwendet, nachdem diese Bücher
einmal erst aus der Mode sind, nichts weiter wissen will, daß
Meisterwerke in nicht geringer Zahl von ihrer Mitwelt unver-
standen blieben, ist vor allem in solchem soziologischen Zu-
sammenhänge zu verstehen und es wird nicht die geringste Auf-
gabe einer eben erst entstehenden Literaturwissenschaft sein, die
Geschichte des Schrifttums aus ihrer ästhetischen Isolierung zu
lösen und auf eine Darstellung der geistigen Strömungen, die aus
der Kulturquelle in die Flußläufe der Zivilisationen gelangen,
emporzuheben. Alle geistigen und künstlerischen Schöpfungen,
alle Werke, deren Buchgestaltungen der Kulturstrom an seine
Oberfläche trägt, folgen dessen Bewegungen durch das Leben
der Menschheit. Der Bibliophile, der das empfindet und versteht
wird deshalb ebensogern die Blätter eines alten Buches wie die
eines neuen Buches wenden, ihm sagt jedes Buch etwas und er
schätzt das Buch danach, wie viel es ihm sagt. Und indem er
das Alte im Neuen, das Neue im Alten wiederfindet, wiederholt
er sich die Lebensweisheit, die Montaigne, der Skeptiker, den
Worten anvertraute: Was weiß ich? —

Propaganda, Reklame oder (ob ganz richtig?) verdeutscht
Werbewesen gilt als neue Wissenschaft des zwanzigsten Jahr-
hunderts. Mag indessen der Name auch mehr oder minder neu
sein, die Sache selbst ist uralt und wenn man einmal ihre Er-
scheinungsformen gründlich untersucht, wird man wohl neben

DTC hodowiecki.

Le passe dix oder der Würfler.
Auktion bei Karl Ernst Henrici, Berlin.

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