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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Maiheft
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Kunstauktionen / Kunsthistoriker im Kunsthandel / Kunstausstellungen / Gefährdung der Altertumsammlung im Dresdner Großen Garten / Londoner Kunstschau / Aus dem Pariser Kunstleben / Schweizerische Kunstchronik / Vom holländischen Kunstmarkt / Die Künstler im Reichswirtschaftsrat / Bibliographische und bibliophile Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0370

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Rheinischer Meister XV. Jahrhundert
Sammlung f Dombaumeister Vinc. Statz-Köln
Versteigerung bei Ant. Creutzer vorm. Lempertz Aachen

den ästhetischen Mitteln der Reklame auch ihre psychologischen
noch erheblich weiter zu berücksichtigen haben, als das bisher
geschehen ist. Haben wir doch noch nicht einmal ein Quellen-
werk, das uns die Biographien der Heroen der Reklame vermittelt.
Seine Überschrift würde schon Anlaß genug sein, die Bearbeitung
eines derartigen Werkes zu begründen. Es könnte heißen: „Der
Einzelne und die Masse“ und aus den soziologischen Elementen
zu einer Psychologie der Reklame führen. Oder aber auch: „Das
Abenteuer und seine Genossen“, um anzudeuten, daß das Leben
Persönlichkeitsschicksale bildet und nicht die Absicht des Helden-
lebens allein, sondern erst sein Ausfall die Wirkungen hat, aus
deren Zergliederung die gescheiten Lehrsätze hergeleitet werden.
Eine Beobachtung drängt sich sogar dem gelehrten Untersuchungen
abholden Beobachter auf: der beste Boden einer individuellen
Reklame sind diejenigen gesellschaftlichen Zustände, deren ver-
wirrende Vielgestaltigkeit eine Behauptung fester Richtlinien als
wohltuend empfinden muß. Es ist kein Zufall, daß das selbst-
sichere Schlagwort in der Großstadt wohnt. Und es ist auch
kein Zufall, daß in denjenigen Epochen, in denen sich eine Auf-
lösung des Bestehenden, der dessen Zersetzung voranging, voll-
zieht, am besten die Fabrikanten ihres eigenen Nimbus gedeihen.
Darum ist das achtzehnte Jahrhundert an Leuten reich, deren
Geschäft ihr eigener Heroenkultus war, wie sich das sehr deutlich
bei dem vielgenannten Wundermann Cagliostro erkennen läßt,
der doch nur ein armseliger Betrüger gewesen ist und der sich
ganz und gar nicht mit den ersten seines Faches vergleichen
läßt. Aber sein Lebensweg hat ihn mitten hinein in einen der
größten Skandalprozesse des achtzehnten Jahrhunderts geführt,
der schließlich zu einem Symbol der französischen Revolution
wurde. Und so ist am Ende ein hervorragender Historiker,
Carlyle, Cagliostros eigenwilliger Lebensbeschreiber geworden
und die Cagliostroliteratur (die, freilich durchaus nicht
vollständig, in H. Hayns Vier neuen Curiositäten
Bibliographien, Jena: 1905 verzeichnet wird) den Sammlern

aus den verschiedenartigsten Gesichtspunkten wichtig. Der mit
ihr sich beschäftigende Buchfreund kommt reichlich auf seine
Kosten, vorausgesetzt, daß er wählerisch genug ist, um nicht
allem und jedem Cagliostrotitel zu vertrauen. Bibliographie und
Bibliophilie finden in den Druckschriften, die bald Bandreihen,
bald dünne Flugschriften sind, ein weites Gebiet zu Ausflügen
des Nachdenkens und der Phantasie. Von den amtlichen Berichten
bis zu den freimaurerischen Geheimschriften, bis zu den politischen
Pornographien der Marie Antoinette-Literatur zeichnet sich in den
alten Blättern Cagliostros Gestalt auf dem Hintergründe eines
Zeitbildes ab, das nach allen Seiten hin zu betrachten lohnt, weil
Cagliostro einer der Chorführer im Epilog des achtzehnten Jahr-
hunderts gewesen ist, in dessen Tragikomödie er den Typus des
Dummheitsspekulanten in seiner allergröbsten Form repräsentiert.
Der Bibliophile wird sich gern einen jener Sammelbände zu ver-
schaffen suchen, in denen geschäftstüchtige Buchhändler in den
Tagen des Halsbandprozesses die darüber erscheinenden Schriften
und Gegenschriften vereinigten, um sie an die Liebhaber zu ver-
kaufen. Dergleichen kostspielige Zusammenstellungen, Vorläufer
der in Bandform gebrachten Zeitungsausschnitte unserer Gegen-
wart, pflegten auch die Bildnisse der Hauptbeteiligten und sonstige
ikonographische Materialien hinzuzufügen und da gerade diese
Beigaben manches wertvolle Griffelkunstblatt hrachten, haben die
Graphiksammler die alten Bände später wieder aufgelöst-
Glücklich daher der ßüchersammler, der ein frisches und voll-
ständiges Exemplar einer Affaire du Collier Collection findet
doppelt glücklich, wenn er es im alten Maroquinbande, den wo-
möglich eine auf die Prozeßbeteiligten weisende Provenienz aus-
zeichnet, entdeckte. Er wird die Freude über seinen Fund aller-
dings teuer bezahlen müssen. Bequemer und billiger ist es den
Lesern durch eine neue Veröffentlichung gemacht, die hauptsäch-
lichen Cagliostro-Schriften in deutscher Sprache zusammenzu-
haben. Sie sind in einem ansehnlichen, gut ausgestatteten und
bearbeiteten Bande, den eine köstliche parodierende Umschlag-
zeichnung von Emil Preetorius, dem Meister dieser
Sonderart des Buchbildes, schmückt, soeben von Johannes
von Guenther neu veröffentlicht worden. (Der Erz-
zauberer Cagliostro. Die Dokumente über ihn
nebst zwölf Bildbeigaben. 1919. Georg Müller
Verlag München).

Der Alte, der wehmütig ein Buch seiner Jugend ansieht, das
ihm wieder in die Hände kam, den die Kindheitserinnerungen
ergreifen und in ein verlorenes Land zurücktragen, wird bei einem
Bilderbuche mit gereiftem Geschmack und Urteil bisweilen eine
Entdeckung machen, die ihm vielleicht überraschend vorkommt
und für die er die Worte findet: Aber das ist ja ein kleines
Kunstwerk! Und wenn er besonnen weiterprüft, wird er auch
den Vorbehalt des kleinen aufgeben und einfach sagen: Aber das
ist ja ein Kunstwerk! Daß unter den deutschen illustrierten
Büchern die Zahl der Kinderbücher künstlerischen Ranges
durchaus nicht gering ist und daß sie als Sammlerstücke trotzdem
die ihnen zukommende, neuerdings aber anwachsende Schätzung
nicht finden konnten, erklärt sich unschwer: einmal sind die
Hauptwerke, die hierher gehören, in immer neuen Auflagen ver-
breitet worden, also anscheinend keine Seltenheiten. Andererseits
enthüllen jedoch meist erst die kaum noch aufzutreibenden
Frühdrucke den vollen Wert dieser Arbeiten, denn die Neudrucke

Zu verkaufen

sind einige kleine Bilder alter Meister und einige schöne
kleine Perser. — Zuschriften unter „143“ an die
Geschäftsstelle des „Kunstwanderers“

Carl Brack & Keller, G. m. b. H., Berlin W. 9

Kleine gewählte Collection alter u. moderner Meister

Ankauf □ Angebote erbeten □ Verkauf

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