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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Augustheft
DOI Artikel:
Sarre, Friedrich: Die orientalischen Teppiche aus dem ehemaligen Wiener Hofbesitz
DOI Artikel:
Welti, Jakob Rudolf: Dürer als Miniaturist?
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0451

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europäisches Vorbild der Jonas-Geschichte zurückgeht;
ist doch die Wiedergabe europäischer, z. T. christlicher
Bildmotive in der persischen Kunst des 17.—18. Jahrh.
sehr geläufig. Die bunte Farbengebung, vor allem ein
unerfreulich Rosa, der Stil der Ornamente und Blüten-
ranken in Übereinstimmung mit gleichzeitigen Fliesen
weisen auf das südliche Persien, ev. auf Schiraz,
hin. Wahrscheinlich haben portugiesische Händler über
den persischen Golf derartige Teppiche nach Europa ge-
bracht und den Namen „Portugiesenteppiche“ veranlaßt.

Es ist an dieser Stelle nicht möglich, auf alle Stücke
der Ausstellung näher einzugehen. Wir erwähnen unter
den persischen noch ein Paar hervorragend schöner
„Ispahan-Teppiche“ (Kat. Nr. 4—5) und einige
prachtvolle Beispiele der sogen. Polenteppiche,
jener in Seide geknüpften und mit Gold- und Silberfäden
brochierten Teppiche, die, gleichfalls aus einer Hofmanu-
faktur hervorgegangen, hauptsächlich als Geschenke für
das Ausland verwandt sind und sich deshalb vielfach in
fürstlichem Besitze finden. (Kat. 10—13).

Unter den türkischen Teppichen nimmt das
Hauptinteresse der große Seidenteppich in Anspruch, der
mit seinem märchenhaften Glanze, in seinen auf Blau,
Grün und Rot jeder Tonart gestimmten Farben einzig
dasteht und von vielen Beschauern dem Jadteppich vor-
gezogen wird (Abb. 3). Erst nach längerem Betrachten
versteht man die geometrische Gliederung mit dem großen
Mittelstem, den beiden seitlichen Polygonen und der
Fülle von kaleidoskopartig verteilten Sternen, Füllungen
und Borten, wird man gewahr, daß dieser Zeichnung
ein uraltes Teppichmuster, das des Gartenteppichs, mit

seinen Kanälen, Bassins und Beeten zu Grunde liegt-
Wir werden an anderem Orte auf dieses schönste Bei-
spiel der sogen. Damaskus-T eppiche, das wahr-
scheinlich einer türkischen Hofmanufaktur des ausgehenden
16. Jahrhunderts seine Herkunft verdankt, zu sprechen
kommen.

Von höchster Schönheit und Feinheit ist der gleich-
falls türkische kleine Gebetsteppich (Abb. 4), in dessen
Muster neben dem antikisierenden Lanzettblatt die tür-
kischen Lieblingsblumen Rose, Hyazinthe und Nelke dem
anatolischen Ursprünge entsprechend betont sind. Im Stil
ähnlich, aber etwas monotoner ist ein türkischer Teppich
von sehr großen Abmessungen, dessen im Verhältnis zu
seiner Größe winziges Mittelmedaillon und kleine Eck-
zwickel wenig glücklich komponiert sind (Kat. Nr. 16).

Von den beiden prachtvollen indischen
Teppichen des Museums sei hier das Stück mit dem
bildmäßig gezeichneten Innenfeld, ein Waldinterieur mit
allerhand Vögeln darstellend, in Abb. 6 wiedergegeben.
Von der koloristischen Schönheit vermag freilich die
schwarzweiße Abbildung keinen Begriff zu geben.

Die Wiener Teppichausstellung gibt in
besonders wertvollen und teilweise einzig dastehenden
Beispielen einen Überblick über die bemerkenswertesten
Gruppen des orientalischen Teppichs, wie er nirgendswo
besser gewonnen werden kann. Es ist deshalb zu hoffen,
daß diese glückliche Vereinigung der ehemals kaiserlichen
Stücke mit dem Teppichbestande des Österreichischen
Museums eine dauernde bleibt, und daß erstere die Räume,
in denen sie zur Zeit eine ihrer Bedeutung entsprechende
Aufstellung gefunden haben, nicht wieder verlassen.

DCieet? als

oon

lakob Rudolf LDeltt

Der Zürcher Kunsthistoriker und Kunstschriftsteller
Dr. Jakob Rudolf Welti, unser Zürcher Kunstreferent,
sendet uns zu der im „Kunstwanderer“ erwähnten Frage
des Genfer „Dürer-Fundes“ einen Artikel, in dem er
seine Gegnerschaft gegen die Genfer Dürer-Verteidiger
in beachtenswerter Weise begründet. Dr. Welti schreibt:

Im Juli-Doppelheft des „Kunstwanderers“ war unter
dem Titel „Ein Dürer-Evangelium aus der Schweiz“
Neues über den sogenannten Dürer-Fund in der Bücher-
stube des Genfer Kunsthändlers Olschki zu lesen. Die
in dieser Notiz erwähnte Nummer der Pages d’Art mit
einer Anzahl Abbildungen der fraglichen Miniaturen und
einer gewissenhaften bibliographischen Würdigung aus
der Feder des Genfer Konservators Delarue hat auch
mir die erste Bekanntschaft mit dem „Genfer Dürer“
vermittelt. Wiewohl sie nur eine indirekte war — die
Originale kenne ich nicht — schien es mir allein schon
auf Grund dieses Heftes der Pages d’Art erlaubt zu sein,
die Echtheit der Dürer zugeschriebenen elf Miniaturen
zu bestreiten. Die Abbildungen, wenn auch mit einer
Ausnahme nur in schwarz-weiß, bieten Angriffsflächen
genug. Ganz abgesehen davon, daß es einem merk-

würdig vorkommt, daß die Dürer-Monogramme auf elf
Miniaturen dieses aus dem Besitz eines deutschen
Antiquars stammenden Bändchens erst in Genf „entdeckt“
wurden (der deutsche Antiquar muß ein sehr kurzsichtiger
Mann gewesen sein!), drängen sich einem bei der Be-
trachtung der Miniaturen selbst besonders folgende Ein-
wände gegen die Echtheit auf: Das Monogramm AD ist,
verglichen mit dem auf des Meisters Handzeichnungen
und Stichen, an merkwürdig undürerischen Orten ange-
bracht. Es befindet sich ganz im Gegensatz zur sonstigen
Art Dürers, versteckt im Hinter- oder Mittelgrund und
entspricht auch insofern der Übung des Nürnberger
Meisters nicht, als es einige Male auf abgeschrägten
Flächen (Mauerteilen) sitzt, ohne sich im Linienduktus
den perspektivischen Verkürzungen seiner Unterlagen
anzupassen. Dieses und den Einwand, daß Dürer nach
der Rückkehr aus den Niederlanden, da er den Drang
nach dem Großbild in sich spürte, im übrigen aber eine
neue dritte Holzschnittpassion in Angriff nahm, für die
einige Federzeichnungen zeugen, daß Dürer damals kaum

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