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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Augustheft
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Scherer, Christian: Der Augsburger Goldschmied Bernhard Strauß
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0468

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den erbetenen Beisitz in der Stadt, d. h. also die Erlaub-
nis, sich daselbst zur Ausübung seines Berufes ansässig
zu machen. Von diesem Zeitpunkt bis zum Jahre 1681
ist sein Name in den dortigen Steuernbüchern nachweis-
bar; dann aber verschwindet er hier, sodaß wir annehmen
dürfen, daß der Künstler bald darauf entweder verstorben
oder von Augsburg weggezogen ist.

Aus diesen archivalischen Nachrichten ergibt sich
also in Ergänzung obiger Angaben zunächst, daß Strauß
1662, vermutlich als noch junger Mann, nach Augsburg
gekommen und bis zum Jahre 1681, also beinahe 20 Jahre,
dort ansässig gewesen ist, wodurch die Angaben Stettens,

derausdrücklich von
einem langen
Aufenthalt des
Künstlers in der
Reichsstadt berich-
tet, erneut bestätigt
wird. Sodann aber
erfahren wir, daß
er wenigstens zu
Beginn seiner Augs-
burger Tätigkeit die
Kunst des Korallen-
Perlen-und Agstein,
d. h. des Agat- oder
Augsteinschneidens, und zwar, wie es scheint, als Auto-
didakt — denn so glaube ich die Worte „seine von ihm
selbst ergriffene Kunst“ verstehen zu müssen —, daneben

So lernen wir ihn zunächst aus drei seiner Werke
als Goldschmied, zugleich aber auch als Elfenbeinschnitzer
kennen. Das erste von ihnen ist ein prachtvoller, 0,480
hoher Elfenbeinhumpen in silbervergoldeter Fassung,
dessen Deckel von der freiplastischen Gruppe des den
Centauren bekämpfenden Herkules bekrönt wird, während
der Gefäßkörper von einer figurenreichen Darstellung
mythologischen Charakters umzogen ist, in der allerlei
Gottheiten: Neptun auf einem Wagen fahrend, Venus
mit Amor, Athena, Der trunkene Silen, von zwei Bacchan-
tinnen gestützt, Triton, eine Paniske emporhebend u. a. m.,
dazwischen die verschiedensten Füllfiguren, vor einem,
durchflacheNischen
gegliederten Bau
angeordnet sind.3)

Das Ganze, obwohl
in Einzelheiten von
etwas eklektischem
Charakter, doch
eine flott bewegte
Komposition und in
starkem, z. T. fast
vollrundem Relief
meisterhaft ausge-
führt. Das Schnitz-
werk dieses Hum-
pens, der sich im Victoria- und Albert-Museum zu London
befindet, trägt die Signatur „Bernard Strauß Goldsmid Fee.“,
und ganz ähnlich zeichnet sich der Künstler an einem zweiten

Andromeda Perlmutterrelief

Atalante Perlmutterrelief

aber auch die Goldschmiedekunst ausgeübt habe. Während
aber die letzten in diesem Zusammenhang mehr als eine
Art Nebenbeschäftigung des Künstlers erscheint, werden
wir durch seine Werke oder richtiger durch seine Sig-
naturen vielmehr zu der Annahme genötigt, daß er die
Goldschmiedekunst als seine vornehmste und hauptsäch-
lichste Tätigkeit angesehen habe.

Im Gegensatz zu den meisten seiner Genossen be-
saß nämlich Strauß die lobenswerte Gewohnheit, seine
Werke mit einer Meistersignatur und zwar mit einer so
vollständigen zu versehen, wie man sie nur selten
findet.

Diana Perlmutterrelief

Werk, nämlich an einem Elfenbeinpokal ohne Fassung
im Wiener Hofmuseum, der mit den olympischen Göttern
und zahlreichen andern Figuren in derselben tief unter-
schnittenen Technik wie jener Humpen verziert ist. Hier
lautet die Bezeichnung „Bernhard Strauß Aurifabar fecit“,
und genau dieselbe Bezeichnung, jedoch vervollständigt
durch die nähere Angabe seiner Herkunft, begegnet dann
endlich an einem dritten bisher noch wenig bekannten
und daher hier erstmalig veröffentlichtem Werk, nämlich

3) Abgebildet bei Scherer a. a. O. Fig. 42 nach dem Lichtdruck
in Obernektus-Werk, Deutsche Ausstellung in München Tafel 14.

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