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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Augustheft
DOI Artikel:
Aus der Museums- und Sammlerwelt / Künstler und Luxussteuer / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Vom holländischen Kunstmarkt / Kunst in Prag / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Die Frankfurter Kunstmesse / Eine historische Baugruppe / Leipziger Entwurfs- und Modelmesse / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiquariat / Anders Zorn †
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0477

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Alte Meidet? bei jvtuUet? & Co.

In Ergänzung unseres Berichtes über die Versteigerung
zweier Rembrandt in Amsterdam geht uns über diese jüngste
Auktion bei Fred. Müller & Co. nachstehender Artikel unseres
Amsterdamer Kunstreferenten zu:

Die Familie Six hat wieder einige Gemälde aus ihrem vor-
nehmen Haus an der Amstel zur Versteigerung gebracht. Aus
dem alten Haus an der Heerengracht ist sie vor einigen Jahren
schon im Kriege von der Gemeinde vertrieben worden, die das
Haus zur Verbreiterung der die Gracht überquerenden Straße
hat niederreißen lassen. Diesmal handelte es sich bei dem Ver-
kauf um nur vier Gemälde; bei dem Verkauf vor zwölf Jahren
dagegen um ein kleines Gemäldekabinett, das sozusagen als Bei-
lage oder Anhängsel der Delfter Küchenmagd in den Besitz des
Reiches überging und nun mit Ausnahme der paar vlämischen
Bilder in einem Raume vereinigt ist. Für die 39 Gemälde zahlte
damals der Staat 780 000 Fl.; soviel brachten diesmal die vier
Gemälde natürlich nicht auf, obwohl es sich um erstklassige
Meister handelte und die Preise seit dem Kriege so in die Höhe
gegangen sind. Zwei Rembrandt waren darunter, zwar nur
kleine Werke, ein frühes, die Graumalerei: Joseph seine Träume
erzählend, aus dem Jahre 1636, das 45 000 Fl. erzielte, und ein
späteres und reiferes, das so lebendige Porträt des jüdischen Arztes
Bueno mit dem kurzen Arm, der durch die Radierung den meisten
vertraut ist, das mit 88 000 FI. das recht anständig und ungleich
am höchsten bewertete Bild der Versteigerung blieb. Aber die
45 000 FI. für die Grisaille. Doch ein komplettes Gemälde will
heute nicht viel besagen, wenn man sich der Preise erinnert, die
für bloße Zeichnungen, allerdings geniale Skizzen, 1913 auf der
Heseltine-Auktion bei Fred Müller bezahlt worden sind, wo
ein Blatt, der Bauernhof, eine große Zeichnung 30 000 Fl. auf-
brachte. Die zwei anderen Bilder der Sixschen Sammlung, der
Jan Steen, die Braut wird dem Bräutigam zugeführt, eine
Szene im Freien, und die feine, tonige Winterlandschaft von
Isaak Ostade, der als Künstler eigentlich viel höher steht,
als sein berühmter Bruder, fanden für 73 000 und 37 000 Fl.
einen Käufer, und zwar dem Vernehmen nach, ebenso wie die
beiden Rembrandt, ln der Auktionsfirma Fred. Müller selbst.

Neben diesen vier Werken aus der Sammlung Six bildete
die Hauptsensation der Versteigerung eine Landschaft, die auf
Herkules Seghers getauft war (Nr. 27), eine Nottaufe, die
bei dem kaufenden Publikum anscheinend keinen Anklang ge-
funden hat, denn 6 100 Fl., die für das kleine, forsche, lokalfarbige
Werkchen bezahlt wurden, ist doch kein Preis für einen so
seltenen Meister. Was die Firma bestimmte, diesen berühmten
Namen mit dem Bilde in Verbindung zu bringen, war wohl außer
einer unbestimmten Verwandtschaft mit den echten Werken des
Meisters, die dargestellte Örtlichkeit, die Stadt Rhenen, die Seghers
als Maler und Radierer öfter zur Darstellung gebracht hat; aber
was den Gedanken an Seghers hätte unterdrücken müssen, das
war das Fehlen des strengen Liniengefüges, der straffen Zeichnung,
etwas, was Seghers von seinen Radierungen her auch bei seinen
Gemälden geblieben ist. Man hat bei der eigenartigen sich in
die Ferne erstreckenden Panoramalandschaft den Namen Philips
Koning genannt, und man hat damit vielleicht die Richtung an-
gegeben, in der mit Erfolg weiter zu suchen ist; nur darf man
nicht die großen detaillierten Landschaften des Meisters zum
Vergleiche heranziehen sondern die paar feststehenden Zeichnungen,
wie die vom „Goorland“ in der Albertina, die im Stil sicherlich
viel Übereinstimmung mit diesem Werke zeigen. ln der Be-
wertung von seiten der Käufer folgt auf den Pseudo-Segher das
Bildnis eines deutschen Meisters, des George Pencz, (Nr. 23),
eine männliche Halbfigur vor grünblauem Grund, 1540 datiert:
5 600 Fl. Einer hohen Schätzung erfreuten sich wie stets die
Landschaften van Goyens: ein kleines Werk, das Schloß
Loevestein an dem breiten von Schiffchen belebten Wasser der
Merwede (Nr. 59), mit dem Monogramm des Meisters versehen,
brachte es auf 5 100, ein anderes, etwas größeres, das Haarlemmer

Meer mit seinem Uferrand (Nr. 60), ebenfalls mit dem Monogramm,
auf 4 200 Fl. Dagegen blieb ein anderes hübsches Bild desselben
Künstlers von fast miniaturenhaften Abmessungen (20X28), das
durch sein Motiv einer etwas welligen Landschaft mit einem
Kornfeld mit Garten im Mittelgrund, 1635 datiert und bezeichnet,
etwas aus dem Rahmen der bekannten „Werke“ des Meisters fiel,
wohl hinter den Erwartungen, die man darauf gesetzt — man
hatte es auch im Katalog abgebildet — zurück; es erreichte nicht
einmal das erste Tausend 925 FL — Wenn wir dann wieder zu
den höheren Preisen zurückkehren, kommt Metsu an die Reihe,
desstn kleine neutestamentliche Darstellung (Nr. 39), Jesus die
Schwiegermutter des Petrus heilend, eins der letzten Werke des
Meisters, 1666 datiert — 1667 starb er — 4 900 Fl. erzielte. Ein
anderer Metsu, wenn er ein Metsu war und nicht vielleicht ein
Franz van Mieres der ältere, denn mit Vermeer, von dem die
Zeichnung aus Weimar zum Vergleiche neben das Bild gestellt
war, hatte es sicher nichts zu tun — eine Frau, die Aalen die
Haut abzieht (Nr. 19), blieb hinter dem oben genannten, von de
Groot in seinem Werke beschriebenen nicht viel im Preise zu-
rück: 4 100 FL Eine kleine ruhige See mit verankerten Schiffen,
von Willem van de Velde (Nr. 105), unbezeichnet, fand für
3 250 Fl. einen Liebhaber und ein guter Härmen Hals (Nr. 15)
mit Monogramm und der Jahreszahl 1636, eine Frau, die bei
Lampenlicht einen Brief liest, warscheinlich laut, mit offenem
Mund und leisem, freudigen Lächeln auf dem derben Gesicht,
ging für 2 550 Fl. weg. In der Skala der Preise kommt dann die
galante Unterhaltung bei dem Austernfrühstück von Carel de
Moor (Nr. 79), mit den Initialen bezeichnet und 1675 datiert,
dieselbe Darstellung wie auf dem Bilde von F. van Mieris
in München (nicht in Dresden, wie der Auktionskatalog irr-
tümlich angibt) 2 550 Fl.

Von andern Figurenmalern seien genannt einlsaackOstade
(Nr. 86), eine Bauernfamilie aus der Sammlung Peltzer stammend:
1 900 FL, ein Francois Verwilt (Nr. 33), Toilette der Bath-
seba : 1 150 FL, ein sogenannter David Teniers (Nr. 30), Halb-
figur eines lesenden Bauern, der wohl ein Pieter Quast war: 900 Fl.,
und ein saftig gemalter J. van Craesbeek (Nr. 6), der sehr
modern anmutete: 675 Fl. Von Porträts fiel durch seine solide
Qualität und seine angenehmen Farben auf ein Werk des XVIII. Jahr-
hunderts, ein Doppelbildnis von dem Rotterdamer N i c o 1 a e
M uy s (Nr. 80), bezeichnet und 1767 datiert: 2000 FL; auch eine
frühniederländische Arbeit, verdient Erwähnung, die Halbfigur
eines Geistlichen von Pieter Pourbus dem Jüngeren (Nr. 89)
mit Monogramm und 1567 datiert: 1 050 fl. Im übrigen waren
es die auf Auktionen üblichen Porträtisten: Peter Lely (?)
(Nr. 66), Dame mit Lamm: 825 FL, Nie. M a e s, ein Kinderbildnis
(Nr. 71): 1 500 FL, und ein junger Mann in Brustpanzer (Nr. 72):
650 FL, beide unbezeichnet. Sehr gering bewertet wurde ein
Familienbildnis von Cornelis Troost (Nr. 104) bezeichnet
und 1742 datiert: 800 Fl. Von den Landschaften und Seestücken
sind die wichtigsten schon genannt, es erübrigen noch eine Land-
schaft mit Figuren von P. de Neyn (Nr. 21), vollsigniert und
1646 datiert, in der Art des Esaja van de Velde: 1800 FL, eine
Frühlingslandschaft mit reicher Staffage von arbeitenden Land-
leuten, im Katalog Pieter Brueghel der Jüngere genannt
(Nr. 35), vielleicht ein Abel Grimmer: 2 500 FL, eine hübsche
Flußlandschaft mit unter Bäumen versteckten Behausungen (Nr. 37),
auf Roelof van Vries getauft: 1 325 FL, eine andere
Flußlandschaft von Salomon Ruysdael (Nr. 95) mit dem
Monogramm und der Jahreszahl 1637: 2100 Fl., eine kleine be-
zeichnete Marine von A. Storck (Nr. 29): 2 900 FL und eine
größere von Claud Vernet (Nr. 107), Hafen am Abend.: 550 FL
Zum Schluß die Stilleben und Tierstücke: Blumen bei einer großen
Gartenvase von Rachel Ruysch (Nr. 25): 1800 Fl., Früchte in
einer Nische von Joris van Son, bezeichnet und datiert 1654:

1 750 FL; und von demselben Meister ein Blumen- und Fruchtstück,
ebenfalls bezeichnet: 800 FL, sodann ein Hühnerhof, in den ein
Hund eingebrochen ist, F. Snyders zugeschrieben (Nr. 97):
950 FL, und ferner zwei Arbeiten unbekannter Holländer:
(Nr. 74) Jagdbeute: 600 Fl. und (Nr. 75) Tote Vögel: 600 Fl.

Einige wenig bedeutende moderne Meister erzielten folgende

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