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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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1. Novemberheft
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Altmann, Wilhelm: Die Musikabteilung der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin, [3]: Geschichtliches und Organisatorisches dieser Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0100

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laß für 20 000 Mk. erworben. 1908 wurde die kostbare
Autographensammlung Ernst von Mendelssohn-
Bartholdy’s geschenkt. Dadurch erhielten wir
unter anderem eine äußerst wichtige Ergänzung der
Autographen Beethovens, vor allem dessen 4., 5. und
7. Symphonie, das Septett, das große B-dur-Trio 15), die
Originalpartitur von Mozart’s16) Entführung aus dem
Serail, Symphonien von Haydn,17) Choral-Vorspiele
und die Cantate „Ich freue mich in Dir“ von Bach.
1910 wurde der handschriftliche Nachlaß des bedeutenden
Dessauer Tonsetzers Friedr. Wilh. Rust von Frau Prof.
Wilhelm Rust in Leipzig geschenkt.

Das Jahr 1912 brachte durch die Verschmelzung
der alten Musiksammlung mit der deutschen Musik-
sammlung die langangestrebte Schaffung einer besonderen
Musikabteilung an der Kgl. Bibliothek mit ausreichendem
Personaletat.

Die Musikabteilung erhielt dann 1915 noch eine
besonders wichtige Ergänzung durch die Überlassung
der gesamten musikalischen Bibliothek Meyer beers,
zunächst auf 99 Jahre, seitens der Erben des Prof. Raoul
Richter, eines Enkels des berühmten, in Berlin geborenen
Komponisten. Auch die meisten seiner eigenen Werke
befanden sich darunter im Autograph.

Durch den Weltkrieg hat sich die Lage der Musik-
abteilung entschieden verschlechtert. Insbesondere haben
die meisten ausländischen Verleger damit aufgehört, der
Deutschen Musiksammlung Geschenke zu machen. Eine
rühmliche Ausnahme bilden freilich einige skandinavische
und italienische Firmen. Besonders bedauerlich ist die
Einbuße an Werken russischer Tonsetzer, die bis zum
Kriegsanbruch ausgezeichnet vertreten waren. Ich hege
aber die Zuversicht, daß im Laufe der Jahre manche
Beziehungen auch zu ausländischen Verlegern sich wieder
werden aufnehmen lassen. Daß die Gratisablieferung
besonders umfangreicher Werke auch für die deutschen
Verleger jetzt bei den ungemein hohen Kosten der Her-
stellung ein sehr großes Opfer bedeutet, liegt auf der
Hand. Man wird es verstehen können, daß manche
Verleger dazu neigen, einen gewissen Teil der Her-
stellungskosten ersetzt zu bekommen, doch spendet
weitaus der größte Teil noch immer gern seine Erzeug-
nisse.

Die bisher geübte Praxis, jedem Werk einen Um-
schlag zu geben, läßt sich auch nicht mehr durchführen,
seitdem die zur Buchbinderei nötigen Materialien und
die Löhne ins Ungemessene gestiegen sind. Doch wird

konzert von Brahms, Beethovens F-dur-Romanze. Die Erben
Brahms schenkten damals noch andere Autographen, u a.
Herzogenbergs ungedrucktes Violinkonzert.

15) Ferner von Beethoven die Ouvertüre und das 1. und
2. Finale des „Fidelio“, ein Skizzenbuch zu dieser Oper, das
Quintett op. 29, die Quartette op. 59 Nr. 1, 74, 132; die ersten
Sätze der Quartette op. 127 und 130; die A-dur-Variation aus
op. 131; Skizzen.

lr') Ferner ein Skizzenbuch Mozarts.

11 Ferner 1 Concertante für Viol. und Orchester, 1 Skizzen-
blatt zu den Jahreszeiten und eine Messe. — Als Zugabe wurde
noch das Autograph des Violinkonzerts von Felix M e n d e 1 s-
sohn-Bartholdy gespendet.

es sich hoffentlich vermeiden lassen, Werke ganz un-
gebunden zu lassen, ebenso auch, nicht zusammen-
gehörige in Sammelbänden zu vereinigen.

Der Reichtum der Musikabteilung an Autographen
ist so groß, daß es ganz gut eine Weile ausgehalten
werden könnte, wenn der Zugang auf ein Minimum be-
schränkt wäre. Aus den laufenden Mitteln, die seit 1914
auf 13 500 Mk. für Anschaffungen und Buchbinderei
festgesetzt sind, lassen sich überhaupt Autographen nur
in den seltensten Fällen ankaufen, ln letzter Zeit hat
der Verein der Freunde der Preuß. Staats-
bibi i o t h e k schon öfters helfend eingegriffen. Auch
dürfte sich in Zukunft doch vielleicht noch manchmal
ein edler Gönner finden, der eine kostbare Handschrift
der Musikabteilung schenkt, trotzdem Orden und Titel
in dem neuen Staatswesen nicht mehr verliehen werden,
hat ja auch gelegentlich der Bitte an alle lebenden be-
deutenden Tonsetzer um ein Werk in ihrer eigenen
Niederschrift sich so gut wie keiner diesem Wunsche
verschlossen. Die Hauptsache für die Weiterentwicklung
wird immer bleiben, daß die Generalverwaltung der
Preuß. Staatsbibliothek die Musikabteilung als völlig
gleichberechtigt mit den übrigen Abteilungen ansieht.
Daß dies in den letzten 15 Jahren, seitdem Exzellenz
von Harnack an der Spitze der Bibliothek steht, der
Fall gewesen ist, dafür legen die Jahresberichte der
Musikabteilung beredtes Zeugnis ab.

Eines wird allerdings auch das größte Entgegen-
kommen der Generalverwaltung nicht schaffen können,
nämlich eine bessere räumliche Unterbringung der
Musikabteilung.

Im Juni 1909 ist der Umzug der bis dahin in der
alten Bauakademie am Schinkelplatz untergebrachten
Deutschen Musiksammlung nach dem Neubau der König-
lichen Bibliothek in die für die Musikabteilung bestimmten
Räume erfolgt, während die alte Musiksammlung erst
im März 1914 aus ihrer vorläufigen Unterkunft in dem
Neubau in die endgültigen Räume übersiedelte. Daß
diese keineswegs glücklich geraten sind, ist eine Tat-
sache, mit der wir uns abzufinden haben. Bei dem ur-
sprünglichen Bauplan der Bibliothek war daran noch
nicht zu denken gewesen, daß die Musiksammlung durch
die Deutsche Musiksammlung eine so ungemeine Aus-
dehnung erfahren würde; auch hatten die ursprünglich
in Aussicht genommenen Räume nachträglich leider für
das Amerika-Institut abgetreten werden müssen. Die
jetzigen Räume enthalten außer dem sehr schönen und
geräumigen, im Winter leider bisher nie ausreichend
warm gewordenen Lesesaal auch ein sehr schönes
großes stattliches Katalogzimmer, das nach der Universi-
tätsstraße hinausliegt; es ist aber leider auch sehr schwer
heizbar. Schön und geräumig sind auch die nach dem
Oberlichthof herausliegenden Beamtenzimmer, jedoch sind
die Wände so dünn, daß man fast jedes Wort, das ge-
sprochen wird, im Nebenzimmer hören muß. Die anderen
Räume verteilen sich über ein ziemlich weites Gebiet,
stehen aber zu wenig in organischem Zusammenhang, zum
Teil sind sie nur Durchgangszimmer. Am mißlichsten
ist die Trennung der Magazine, die gar zu weit von ein-

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