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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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1. Augustheft
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Hirschberg, Leopold: Unbekannte Zeichnungen Johann Peter Lysers
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Berliner, Rudolf: Eine vlämische Fayenceplatte des frühen 17. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0484

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Pfarrer heiraten wird. Von der Anzahl der auftretenden
Personen geben die beiden Hexameter:

Freudig folgen dem Biedern der würdige Victor und Erich,
Edmund, Adele, Maria, Rosalie, Hermann und Emma

einen ungefähren Begriff; sie gemahnen an den
bekannten Hexameter der sieben Städte der Provinz
Posen, die sich um den Ursprung Homers streiten.

Lysers Illustrationen sind fein und sorgfältig aus-
geführte, leicht mit Sepia ausgetuschte Bleistiftzeichnungen,
sämtlich mit eigenhändigen Unterschriften und der Be-
zeichnung „Lyser del 1837“ versehen. Sie haben dem
schmachtenden Crusius durchaus nicht gefallen, und er
betraute deshalb den bekannten und beliebten Stahlstecher
Geißler damit, sie salonfähig zu machen. Letzterer, ein
vielbeschäftigter Handwerker, nahm sich garnicht erst
die Mühe, das Gedicht zu lesen, sondern ging frisch an
die Umarbeitung; er ließ beispielsweise die von Lyser
vorgenommene Änderung der Unterschrift „Auf den
Bergen!“ (statt „Die Waldlust“) bestehen, und klammerte

sich so krampfhaft an die Vorlage, daß er in dem Blatt
„Der Geburtstag“ ein von Lyser hineingezeichnetes
Kätzchen, von dem der „Dichter“ kein Wort sagt, stehen
ließ. Dreist setzte er unter seine Blätter „P. C. Geißler
gez.“, ohne seines besseren Vorbildes irgendwie zu er-
wähnen. Zwei der besten Blätter: „Die Stadtfahrt“ und
„Der Abschied“, die hier reproduziert sind, wurden für
das Buch, das nur sechs Stahlstiche enthält, überhaupt
nicht verwertet. Alle aber sind ein erneutes Zeichen für
das glückliche, leicht schaffende Talent Johann Peter
Lysers, dem ja Heine in den „Florentinischen Nächten“
bekanntlich warme Worte der Anerkennung zollt. Hoffent-
lich hat der salbadernde Crusius durch Campes Ver-
mittelung dem in Not befindlichen Künstler wenigstens
ein einigermaßen anständiges Honorar gezahlt, wenn er
ihn schon um sein Künstlerrecht im Verein mit Geißler
recht schmählich betrog. Lyser aber wäre lieber Hungers
gestorben, ehe er gestattet hätte, daß sein Name bei
dieser Veröffentlichung genannt wurde.

Holzschnittbordüre
aus Galenus 1541

Speyer und Peters,
Berlin

Sine olämtfcbe payenceplatte des frühen

l?. 7abt?bundei?ts

uori

Rudolf BcüUneü^jvluneben

Vor einigen Jahren erwarb das Bayer. Nationalmuseum
im Genter Kunsthandel die in der Abbildung wieder-
gegebene Fayenceplatte (Durchmesser 40 cm), deren
kunsthistorische Bedeutung mir in zweierlei zu liegen
scheint.

Zunächst: wir haben kein Delfter Erzeugnis vor

uns. Die stark sämische Glasur, vor allem dann das
ganz anders geartete Blau der Bemalung scheiden die
Platte scharf von den Delfter Arbeiten. Daß sie aber
vlämisch ist, dafür sprechen die Provenienz, der Stil
der Bemalung, die Kartusche und das Wappen. Eine
Datierung ist nur aus stilistischen Erwägungen heraus
möglich. Die Festigkeit der Kartusche verrät noch nichts
von einer Erweichung durch den Teigstil und dürfte
schwerlich nach 1630 entstanden sein können. Die
flatternden Bänder und die Blumen an der Kartusche
weisen auch mehr auf das 16. Jahrhundert zurück als

auf den werdenden Stil des 17. Jahrhunderts hin; eben-
so altertümlich ist die auf den antikischen Lorbeerkranz
zurückgehende Einfassung des Spiegels. Man wird also
den Ansatz ins erste Drittel des 17. Jahrhunderts wagen
dürfen und würde vielleicht für das zweite Jahrzehnt
diese Stufe des Ausgleichs zwischen Altem und Neuem
am ehesten erwarten können.

Nicht aus europäischen Voraussetzungen ableitbar
ist die Dekorierung des Plattenrandes mit der unregel-
mäßigen Zweigranke mit kleinen Blättern und großen
Blüten. Auch Ostasiatisches kommt nicht in Frage, wohl
aber Islamisches und zwar — wegen des Verhältnisses
der Blüten zu Zweigen und Blättern — wahrscheinlicher
in seiner indischen als in persischer Ausprägung. M. W.
bringt die Platte den ersten bekanntwerdenden Beweis
dafür, daß die vlämische Fayencedekoration beim Fort-
streben vom unmodern werdenden italienischen Stil, sich

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