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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

DOI Heft:
1. Februarheft
DOI Artikel:
Waetzoldt, Wilhelm: Die Reform des künstlerischen Bildungswesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0293

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7ahrgang 1^22

Herausgeber: /vdoiptl DOHGfP

1. FeDruarneft

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f' |ie Gründe, die eine Reform auf dem Gebiete des

künstlerischen Bildungswesens notwendig machen,
sind die folgenden: die Entwicklung der künstlerischen
Unterrichtsanstalten im 19.Jahrhunderthat dieErziehung zur
Kunst immer mehr den gesunden handwerklichen Grund-
lagen entfremdet. Dazu kommt, daß die scharfe Trennung
der Kunstlehranstalten in solche für freie Kunst (Kunst-
akademien) und solche für angewandte Kunst (Kunst-
gewerbeschulen) eine Erziehung der Jugend zu künst-
lerischen Spezialisten zur Folge hat, die unter den für
Künstler heute besonders schwierigen wirtschaftlichen
Verhältnissen Gefahr Iaufen, das sogenannte „Künstler-
proletariat" zu vermehren. Die organisatorische und
verwaltungstechnische Zersplitterung des künstlerischen
Bildungswesens in Preußen schließlich führte zu un-
rationeller Verwendung der zur Verfügung stehenden
Mittel. So sind einerseits empfindliche Lücken in den
handwerklichen und künstlerischen Ausbildungsmöglich-
keiten geblieben, andererseits Doppeleinrichtungen und
Konkurrenzunternehmungen einzelner Lehranstalten ent-
standen.

Kunstpädagogische, volkswirtschaftliche und staats-
finanzielle Erwägungen lassen demnach eine Reform des
Kunstschulwesens als eine der dringendsten Aufgaben
der Preußischen Kunstverwaltung erscheinen.

Das Ziel der Reform wird der organisatorische Zu-
sammenschluß der verschiedenen Lehranstalten, die
handwerklicher, kunstgewerblicher und freikünstlerischer
Ausbildung dienen, in einem einheitlichen, dem natür-
lichen Werdegang des Künstlers angepaßten Schulsystem
sein. Im besonderen ist dabei anzustreben:

1. Handwerkliche Vorbildung in der Meisterlehre, in
Lehrlings- und Fachschulen als Grundlage für jede
kunstgewerbliche oder freikünstlerische Ausbildung,

2. Die Einführung des gesamtkünstlerischen Momentes
in die Erziehung durch möglichst enge Verbindung
zwischen Anstalten für freie Kunst und solchen für
angewandte Kunst. (Errichtung künstlerischer Ein-
heitsschulen),

3. Eingliederung der Architektenerziehung in den
Rahmen des künstlerischen Bildungswesens, min-
destens durch Arbeitsgemeinschaften zwischen den
Architekturabteilungen der Technischen Hochschulen
und den Architekturklassen der Kunstakademien.

Für die Grundgedanken dieses Reformplanes haben
sich u. a. eiklärt: die Akademie der Künste, die künst-
lerischen Verbände Berlins, der Reichsbund der Kunst-
hochschüler, zahlreiche Organisationen und künstlerische
Fachleute. Auch hat meine dem Hauptausschuß des
Preußischen Landtags im Winter 1920/21 vorgelegte
Schrift: „Gedanken zur Kunstschulreform“ (Leipzig,
Quelle und Meyer), die diese Fragen historisch und
systematisch behandelt, Zustimmung gefunden. Andere
deutsche Länder sind auf dem Gebiete des künstlerischen
Bildungswesens teils schon vorangeschritten, teils mit
gleichgerichteten Maßnahmen beschäftigt. So ist seit
dem 1. Oktober 1920 die Badische Akademie der bilden-
den Künste mit der Kunstgewerbeschule Karlsruhe
„organisatorisch und räumlich zu einer Badischen Landes-
kunstschule“ vereinigt. Durch die mit dieser Organisation
verbundene Zusammenlegung von Doppelunterricht sind
erhebliche Ersparnisse erzielt worden. Irgendwelche
pädagogischen Nachteile haben sich aus der Verbindung

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