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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

DOI Heft:
1. Märzheft
DOI Artikel:
Baum, Julius: Die Zürchner Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0357

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lutius ßaum

ii.*)

Von Z e i t b 1 o m waren, um seiner Beziehungen zum
Berner Nelkenmeister willen, zwei Bruchstücke
größerer Werke ausgestellt: zwei Tafeln des Donzdorfer
Altares aus der Donaueschinger Sammlung — leider
versäumte man die Gelegenheit, sie wieder einmal mit
den Karlsruher Tafeln zu vereinigen -— sowie die in
Karlsruhe befindliche Segenspendung vom Wengenaltar]).
Zu Zeitblom steht der fälschlich mit Heinrich Bichler
gleichgesetzte Berner Nelkenmeister* 2) in engen
Beziehungen. Es ist von ihm, abgesehen von einer Ver-
kündigung im Berner Museum, nur ein Werk bekannt,
der große Johannesaltar, der wahrscheinlich aus einer
Berner Kirche stammt und heute, zerlegt, in den Kunst-
museen von Bern und Budapest und im Johanniterschloß
Sonnenburg bei Küstrin aufbewahrt wird (Abb. 1). Man
hat in den letzten Jahren wahllos alle Gemälde, auf
denen'sich Nelken befinden, diesem Berner Meister zu-
gewiesen. Nicht weniger als 30 Bilder dieser Art waren
in Zürich vereinigt. Nun wurde offenbar, was nicht erst
hätte nachgewiesen werden müssen, daß nämlich Nelken
kein Stilkriterium sind. Unter den 30 Tafeln schlossen
sich einige, Zürcher Ursprunges, zum Werk eines be-
scheidenen Zürcher Nelkenmeisters zusammen
Ihm verwandt ist der Meister mit dem Veilchen
dessen Arbeiten Verwandtschaft mit dem ein wenig alter-
tümlicheren Bremgarter Altar zeigen, der dem älteren
Hans Leu zugeschrieben wird3).

Eine Tafel mit dem Heiligen Christophorus und
Petrus aus dem Berner Museum mit tief leuchtenden
Lokalfarben hält stilistisch die Mitte inne zwischen der
kühlen Sachlichkeit des Berner Nelkenmeisters und der
leuchtenden Farbe und Ausdruckskraft des Hans Fries.
Dieser Künstler, geb. um 1465, urkundlich nachweisbar bis
1518, wird nicht nach Gebühr geschätzt. Schuld daran mag
der Umstand sein, daß, dank den gründlichen Forschungen
von Haendcke, Zemp und Leitschuh4), seine Entwicklung
der Kunstgeschichte kaum noch Probleme bietet. Es gilt für
Fries das gleiche, was vor zwanzig Jahren auf Grünewald
zutraf. Seine Tätigkeit ist bekannt; aber die künstlerische
Bedeutung seiner Leistung wurde niemals gewürdigt.

*) Siehe: Professor Dr. Julius Baum, Die Zürcher Aus-
stellung I, „Der Kunstwanderer“ 2. Oktoberheft 1921.

]) Abbildungen in Baum, Die Kunstdenkrr.ale des König-
reichs Württemberg, Oberamt Geislingen, 1914, S. 87, und in
Baum, Ulmer Kunst, 1911, S. 42 ff.

2) Vgl. V o s s , Der Johannesaltar des Meisters mit der Nelke,
Monatshefte für Kunstwissenschaft, 1908, S. 751 ff.

3) Der inzwischen erschienene, mit 23 Tafeln versehene
Katalog von Wartmann enthält Abbildungen sowohl vom
Bremgarter Altar, wie auch von einer Tafel des Veilchenmeisters.

4) Vgl. Haendcke, Die schweizerische Malerei im

16. Jahrhundert, 1893, S. 107 ff., Z e m p in Bruns schweizerischem

Kunstlexikon, Leitschuh in Thieme-Beckers Kiinstlerlexikon.

Die stärksten Werke stehen am Anfang. Sein Kontur
ist in der Frühzeit zackig, unruhig und voll leidenschaft-
licher Lebendigkeit, ähnlich dem Striche des jungen
Dürer. Der hl. Franziskus, der die Arme emporstrafft,
die Wundmale zu empfangen 5 *), auf einem heute in der
Münchner Pinakothek befindlichen, 1501 datierten, viel-
leicht aus dem Zisterzienserkloster Altenryf stammenden
Altarflügel, gehört zu den stärksten Leistungen der
deutschen Malerei um 1500. Später wird Fries in der
Zeichnung leerer, im Kolorit hingegen reicher und tiefer.
Schon die wohl um 1499 entstandene Allegorie auf den
Kreuzestod Christi °) im Freiburger Museum, bietet im

15. Jahrhundert unerwartete farbige Reize. Zum Schönsten
gehören die 1503 datierten Flügel mit den Bildern des
hl. Christophorus (Abb. 2) und der hl. Barbara in der
Freiburger Sammlung. Hingegen verrät der 1506 datierte
Antoniusaltar aus dem Freiburger Franziskanerkloster
(Abb. 3) eine starke Neigung, sich im Anekdotischen zu
verlieren, die in späteren Bildern noch gesteigert scheint.
Die Vereinigung von 20 Werken des Meisters in Zürich
war eine dankenswerte Tat.

Als Nachfolger des wohl um 1520 verstorbenen Hans
Fries erscheint in Freiburg von 1520 bis 1526 der Maler
Hans Boden.

* *
jfc

Das Berliner Kupferstichkabinett bewahrt eine Samm-
lung von Bildnissen7). Sie sind durchschnittlich 30 cm
hoch, 20 cm breit, zeigen die Signatur B B, zweifellos ein
neueres Sammlerzeichen8), und lassen sich nur bis zu
einer Leipziger Auktion des Jahres 1812 zuriick verfolgen.
Die meisten dieser Blätter sind aus dem Anfange des

16. Jahrhunderts datiert und mit den Namen der Dar-
gestellten versehen0); zwar scheinen die Jahreszahlen
und Unterschriften teilweise überarbeitet zu sein; doch
weisen sie ziemlich sicher auf Augsburger Herkunft. Viel-
leicht handelt es sich um Bildnisse junger Maler, die in
einer Augsburger Werkstatt, wahrscheinlich in der Werk-
statt des Hans Burgkmair, im Beginn des 16. Jahrhunderts
gelernt haben — das Bildnis Zieglers ist 1502, das des
Jerg Lutz 1513 datiert — zwei der Künstler, Koltenofen

5) Abbildung in Heidrich, Die altdeutsche Malerei, 1909,
Tafel 68.

|;) Vgl. Weber, Geistliches Schauspiel und Kirchliche
Kunst, 1891, Tafel 6, S. 118, 129 ff.

:) Den Hinweis auf diese Bildnisse verdankt der Verfasser
Herrn Dr. Feurstein in Donaueschingen, Auskünfte über sie
Herrn Geheimrat Dr. M. J. F r i e d 1 ä n d e r.

8) Rieffel sieht in dem Zeichen eine friihe Signatur von
Widitz; vgl. Rieffel, Die Holzhausensche Gemäldesammlung,
Monatshefte fiir Kunstwissenschaft, IV, 1911, S. 342 f.

9) Vgl. Friedländer-Bock, Die Zeichnungen alter
Meister im Berliner Kupferstichkabinett, I, 1921, Tafel 96—98,
Text S. 67.

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