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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Aprilheft
DOI Artikel:
Pieper, Kurt: Diderot als Kunstkritiker
DOI Artikel:
Scheuermann, W.: Ein Beitrag zur Geschichte der Erfindung des Buchdrucks
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0413

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Das Fazit der französischen Kunst seiner Zeit,
welches Diderot einmal in dem „Etat actuel de l’ecole
frangaise“ zieht, ist ein trübes: Luxus und schlechte
Sitten haben den Geschmack verdorben, vor allem aber
ist der wirtschaftliche Zustand Frankreichs ein so schlechter
geworden, daß der Kunst der Untergang zu drohen scheint.

Diderots Kritiken waren zwar für seine Zeit ge-
schrieben, aber sie haben nicht auf seine Art gewirkt.
Sie wurden nur von dem ganz kleinen Kreis der er-
lauchten Abonnenten der Grimmschen Korrespondenz
gelesen, und nur diese höfische Abgeschlossenheit er-
möglichte Diderot die Freimütigkeit seiner Kritik. Wären
seine Aufzeichnungen in Paris bekannt geworden, so
hätte er sich gewiß vielfache Unannehmlichkeiten mit

den kritisierten Ktinstlern zugezogen. Er fürchtete die
Möglichkeit einer Indiskretion hierin recht sehr, zumal
da er dauernd mit zahlreichen Künstlern freundschaftlich
verkehrte und ihm ihre Erklärungen von hohem Wert
waren. Daß er übrigens seine Kritiken in dauernder
Verbindung mit Künstlern schuf, ist ein typisch moderner
Zug, der besonders dem technischen Teil seiner Betrach-
tungen zu Gute kam.

Zur Wirkung sind Diderots Anschauungen erst im
19. Jahrhundert gekommen, als sie allmählich veröffent-
licht wurden. Es hat ihnen, besonders in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts, nicht an Anfeindungen
gefehlt, und erst unsere Zeit dürfte Diderots Schaffen
entrückt genug sein, um es unvoreingenommen zu bewerten.

Ludwig Richter,
Mondaufgang

Aus der

Landschaften- Auktion
bei Hans Goltz, München

6tn Bettüag suv Qeßbtcbte dev 6t?ftndttng des Bucbdt’ucks.

W. S c h e u e r m a n n gibt im nachstehenden Artikel
Anregungen, die dem „Kunstwanderer“ von besonderem
Interesse erscheinen.

Daß Gutenberg in Straßburg noch keine Druckwerke ge-
schaffen hat, sondern daß der Beginn seiner Druckertätigkeit erst
in die Zeit nach seiner Rückkehr aus dem Exil und in seine Vater-
stadt Mainz zu verlegen ist, scheint sicher zu sein. Indessen wird
nirgend bezweifelt, daß er seine Erfindung in Straßburg, draußen
in den stillen Klostergebäuden zu St. Arbogast im heutigen Vorort
Grüner Berg ausgearbeitet und als ausgereiften Gedanken mit nach
seiner alten Heimat genommen hat, nachdem die französischen
Söldnerscharen das gastliche Kloster und mit ihm die im Werden
begriffene erste Buchdruckerwerkstatt zerstört hatten. Welclie
besonderen Anregungen konnte nun das damalige Elsaß dem an-
gehenden Drucker geben? Zur Beantwortung dieser Frage möclrte
ich mir gestatten, auf einen in solchem Zusammenhange noch nicht
herangezogenen Zweig des damaligen elsässischen Kunstgewerbes
hinzuweisen und gleichzeitig darauf aufmerksam zu machen, daß
zur vollen Klärung auch die Sammler noch eine b i s j e t z t
ungelöste Rolle zu erfüllen haben.

Man nimmt als sehr wahrscheinlich an, daß Gutenberg und
mit ihm der Buchdruck aus dem Handwerk der Goldschmiede her-
vorgegangen ist. Aus den Prozeßakten, welche die Hauptquelle
unseres Wissens über den von viel Mißgeschick verfolgten großen
Erfinder sind, erfahren wir, daß er die vertragliche Verpflichtung

übernommen hatte, einen seiner Straßburger Geldgeber in der
Kunst des Steinschleifens zu unterrichten. Mit einern anderen
Unternehmer, demVogt Hans Riffe, tat er sich zusammen, um eine
Fabrik von Handspiegeln, wie sie die Pilger auf ihre Fahrten mit-
zunehmen pflegten, fiir die alle sieben Jahre stattfindende und ge-
rade wieder bevorstehende Aachener Heiligtumsfahrt zu be-
gründen. Es waren dies Glasspiegel mit Bleiunterlage und einern
verzierten Metallrahmen, und wenn es auch scheint, daß dieses
Geschäft schlecht gegangen ist, so ist doch so viel sicher, daß es
längere Zeit betrieben wurde und die Aufmerksamkeit anderer
Straßburger Geldleute erweckt hat, die dann auf ihr Verlangen in
den Gesellschaftvertrag der Handspiegelfabrikation aufgenommen
worden sind. Dies trug sicli im Jahre 1438, also verhältnismäßig
kurze Zeit vor der Erfindung der Buchdruckerkunst zu und es
scheint sogar, da in den Prozeßakten von einer hölzernen Presse,
von Formen und selbst vom „Drucken“ die Rede ist, daß Guten-
berg damals schon an jener Erfindung arbeitete, in welche er
seinen Handspiegelfabrik-Kompagnons keinen Einblick gestatten
wollte. Allerdings ist es auch möglich, daß die Presse und die
Formen nur dazu dienten, die Spiegelrahmen auszuprägen.

Hier eröffnet sich dem Sammler noch eine Aufgabe, die viel-
leicht zu ungeahnten Ergebnissen führen kann. Vielleicht fördert
ein glücklicher Zufall einen dieser spätgothischen Handspiegel, die
doch immerhin als Massenartikel angefertigt wurden, zu Tage, und
gibt uns damit das fehlende Bindeglied in die Hand, welches zur
Erfindung der Buchdruckerkunst hiniiberfiihrt. Waren die Präge-

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