Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
2. Septemberheft
DOI Artikel:
Shumann, Paul: Slevogts Graphik in der Galerie Arnold
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Slcoogfs Qcapbtk tti det? Qafeüte Amold

ÜOtl

Paut Scbumann^Dt?csden

Wlevogts Graphik kann man nur in guten Drucken ge-
^ uießen — so sagt Hmil Waldmann, der beste Kenner
Slevogts in seinem Buche Max Slevogts Graphische
Kunst (Arnolds Graphische Bücher I, 4). Man hat es
vielleicht nur halb gläubig gelesen . . . warum? Weil
man Slevogt nicht genug kennt. Slevogt ist, wie Wald-
rnann an anderer Stelle sagt, wohl ein sehr berühmter
Künstler, in seinen Werken doch weiteren Kreisen mehr
oder minder unbekannt geblieben. Denn die großen
graphischen Werke des Künstlers sind, nachdem man
ihren Wert erkannt hatte, meist sogleich nach ihrem
Erscheinen in die Schränke einiger öffentlicher Samrn-
lungen, noch mehr in die feinfühliger Sammler gewan-
dert, und nur die Textbände mit den minder gut ge-
druckten Blättern sind weiteren Kreisen zugänglich ge-
worden. Wie wahr aber Waldmanns Ausspruch ist,
erkennt man alsbald, wenn man in die gegenwärtige
Ausstellung der Galerie Arnold in Dresden geht und
dort mit Staunen an den Wänden sämtlicher Räume das
Werk Slevogts in so erlesenen Erstdrucken und Probe-
drucken sieht, wie es bisher — vielleicht abgesehen von
der Ausstellung zu Slevogts 50. Geburtstag im Berliner
Kupferstichkabinett — noch nirgends zu sehen gewesen
ist. Ein über das andere Mal gerät man in Entzücken
iiber die graphische Pracht dieser Blätter, die hier in
solcher Fülle, in solchem Reichtum zu immer neuer
Überraschung vor unseren Blicken stehen.

An fünfhundert Blätter sind hier versammelt. Keine
„Ausstellung von Dingen, die zufällig da sind, sondern
das Ergebnis planmäßigen, zielbewußten und sachkun-
digen Sammelns des Graphikhändlers Ludwig Gutbier,
der sich aus diesen Dingen ein Sondergebiet gemacht
liat;" dazu kani die Teilnahme des Hauptverlegers
Bruno Cassirer, der aus seinen Mappen an Probe-
drucken und Seltenheiten zugeschossen hat, was sonst
verschlossen, nur dem kaufenden Sammler zugänglich
ist, dazu kam Slevogts eigene Teilnahme, der zu Gun-
sten dieser Ausstellung vieles aus seinen Schränken
hergab, wovon er sich nur schwer trennte; endlich
auch die freudige Mitarbeit dreier hervorragender
Sammler, die zu Ehren Max Slevogts aus ihren
Schätzen hergaben, was sonst unerreichbar ist, um die
Ausstellung zu ergänzen und zu bereichern.

Im großen Saale hängen die Illustrationen zu Coo-
pers Lederstrumpf in ausgesuchten Blättern, das Mei-
sterwerk Slevogts im malerisch-landschaftlichcn Stil.
Die laufenden Indianer, der Kampf mit den Huronen, der
Delaware Unkas, der den Tomahawk in den Pfalil
schlägt, die Indiarier bei der Verfolgung und andere
meisterliche Blätter, in denen wir neben dem schlagen-
den Ausdruck des Tatsächlichen und den hinreißenden,
unsere Nerven erregenden Bewegungen, die flimmern-
de schwingende Luft, den Glanz des Lichtes bewun-
dern, staunend den Zauber genießen, in den Slevogt das
abenteuerliche Geschehen getaucht hat, und der rest-

losen Umsetzung des Schaubaren in graphische Werte
uns bewußt werden. Köstliche Blätter aus den fiin.f-
zehn Lithographien zur Ilias kommen hinzu, die 1906
zugleich rnit den 33 Originallithographien zu Sindbad
dem Seefahrer entstanden. Der dramatische Schwung,
die aufregende Bewegtheit der Kampfszenen und der
wilden Taten des rasenden, siegreichen, triumphieren-
den Achill kann man ja auch in der unvollkommenen
Münchner Ausgabe dieser Blätter erkennen und be-
wundern, aber das köstliche Spiel von Luft und Licht,
das diese Szenen umgaukelt, der feine Reiz der Gegen-
sätze von Licht und Schatten steigert den Reiz des Er-
zählten bis zum Äußersten. Hier in diesen wunder-
bareu Drucken kommen erst die letzten Absichten des
Künstlers, seiner Phantasie im Sinne Liebermanns, zur
vollen Geltung.

Im zweiten Saale hängen einige köstliche Aquarelle
in Rahmen: der Entwurf zum Gemälde Hörselberg, die
Fasanenjagd, ein Selbstbildnis. Sie offenbaren in der
Durchsichtigkeit der Farben, in der weitgreifenden Ver-
wendung des weißen Papiergrundes die Beherrschung
der Wasserfarbentechnik durch den Meister.

Weiter sieht man hier die gezeichneten Bildnisse
aus den Jahren 1890/91, das heißt aus den ersten Jahren
von Slevogts Münchner Zeit. Die meisten starnmen von
einem Aufenthalt in Kochel. Scharf und klar gezeichnet
zeigen sie, wie Slevogt damals sich der Technik des
soliden Zeichnens, der sicheren Beherrschung der For-
men bemächtigte, die ihm später die beste Grundlage
zu der impressionistischen Freiheit in der Gestaltung
seiner Erfindungen gab. Ohne malerische Zutaten wir-
ken sie doch durch die individuelle ßehandlung und die
scharfe Auffassung in jener einfachen Selbstverständ-
lichkeit, die damals während der Herrschaft der Piloty-
Schule in Mtinchen bei seinen gemalten Bildnissen noch
so wenig Verständnis fand. Heute heben sie ihren hohen
Wert als erste Stufen der zeichnerischen Entwicklung
Slevogts. Nicht minder wertvoll sind die kleinen Fe-
derzeichnungen, die als dritte Gruppe den beiden oben
gekennzeichneten beigesellt sind: politische Satiren und
Gelegenheitszeichnungen.

In den oberen Sälen sind zunächst die frühen Ra-
dierungen untergebracht: der Hexentanz, die Schwar-
zen Szenen: die Tänzerin Marietta di Riguardo, der
Messerkampf, die auf ilrre Beute beim Boote wartenden
Haifische, das Lagerfeuer, der Reiterkampf — alies
Blätter, bei denen man den neu erstehenden Reichtum
graphischer Wirkungen förmlich wachsen sieht. Dann
die wuchtigen Andrade-Blätter, die Selbstbildmsse, die
kösüichen Tierbilder, die in ihrer andeutenden Manier
die mitschaffende Phantasie des Beschauers so wirk-
sam wachrufen, daß man sie körperlich zu selicn vcr-
meint. Endlich die köstlichen so echt musikalisch em-
pfundenen Phantasieschöpfungen zur Zauberflöte, die
 
Annotationen