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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
1. Oktoberheft
DOI Artikel:
Rosenberg, Marc: Offener Brief an Herrn Gino Fogolari, Direktor der Galerie von Venedig
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Frimmel, Theodor von: Zum Maler-Bildhauer Wilhelm v. d. Broeck gen. Paludanus
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0064

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gibt es zwei gleiche byzantinisehe Reliquiare, eines bei
Ihnen und eines bei Engel-Gros, und sind sie beide echt,
oder ist eines davon falsch? Es wäre wichtig, das
festzustellen.

Ich hoffe, daß Sie der deutschen Wissenschaft, die
immer das größte Interesse an den Kunstwerken Ihres
Landes genommen hat und sich gegenwärtig, mit Rück-
sicht auf eine große Publikation, um jedes kleinste

ZellenschmelzpEttchen sorgt, in Bezug auf die hier auf-
geworfenen Fragen, Aufklärung verschaffen werden.

Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich

Ihr sehr ergebener

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Schapbach i./B., 16. IX. 1922.

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\/or kurzem habe ich eine der Neuerwerbungen des
" österreichischen Nationalmuseums als Selbst-
bildnis des Mechelner Bildhauers Wilhelm Paludanus
nachgewiesen und zwar in den Neuen Blättern für Ge-
mäldekunde, Heft 2. Ich erwähnte den Umstand, daß
noch vor wenigen Jahren, als der Abschuitt
V. d. Broeck in Thieme-Beckers Künstlerlexikon er-
schien, nicht ein einziges Werk voti dem genannten
Künstler bekannt war. Nun liat sich aber schon allerlei
von der Hand dieses FJaludanus zusammengefunden,
und man kann ihn schon heute unter die bedeutenden
Leute aus der zweitenTIälfte des 16, Jahrhunderts ein-
reilien. So wurde 1919 eine Terrakotta aus dem Jahre
1569 von der Iland des Paludanus, eine inschriftlich
beglaubigte Figur eines Geschundenen durch F. Sches-
tag in „Kunst und Kunsthandwerk“ veröffentlicht. Drei
weitere Arbeiten, Alabasterreliefs, von denen zwei
signiert und datiert sind, befinden sich im Maximilian-
museum zu Augsburg, wo ich sie vor vielen Jahren
schon notiert habe. Es ist eine voll signierte Gruppe
aus dem Jahr 1562, eine mono-
grammierte Gruppe aus dem
Jahr 1560 und eine weitere
Gruppe, sicher vou derselben
Hand, aber ohne Künstlerzei-
chen. Die voll signierte Grup-
pe stellt dar: Christus am
Kreuz zwischen den gekreuzig-
ten Schächern. Links Maria
und die Frauen mit Johannes,
rechts der Hauptmann und Sol-
daten. Magdalena am Fuß des
Kreuzes kniend. Auf dem Rand
des Schildes, welchen der
Kauptmann trägt, die Künstler-
inschrift „Guilelmus Paludanus
invent.R et fecit Anno D(omini)

M. D. LXII.“ Die Gruppe mit
dem Monogramm aus dem Jahr
1560 ist abermals eine Drei-
kreuzdarstellung, aber in an-

derer Anordnung als die Gruppe von 1562. Die Frauen
links sind hier utn Maria beschäftigt, die in Ohnmacht
gefallen ist. Beim Kreuz kniet Johannes. Rechts im
Vordergrund Würfler. Dahinter der Hauptmann und
römische Krieger zu Pferd und zu Fuß. Monogramm
und Datierung „G. P. F.“ „ANNO—MDLX“. Die
Gruppe ohne Kt nstlerinschrift stellt Christi Aufersteh-
ung dar. Christus kommt aus dem Sarkophag herauf
zwischen den zurückprallenden Wächtern.

Fine weitere plastische Arbeit ist aurch die Ab-
bildung geboten, die Paludanus selbst in sein Gemälde
mit dem eigenen Brustbild hineingemalt hat. Es ist
ein Medaillon, auf dem man ein weibliches Brustbild
in Profil gewahr wird. Dieses Künstlerbrustbild ist eiti
Gemälde, das mit 1564 datiert ist und zwar eine treff-
liche Leistung, die ein wenig an Niklas Neufchätel er-
innert. — Die kleine Reihe der Arbeiten unseres
Mechelner Malerbildhauers läßt sich also wie folgt in
zeitliche Ordnung bringen: Die Alabastergruppe von
1560 in Augsburg, eine zweite von 1562 ebendort, das

Gemälde mit dem Eigenbildnis
von 1564 irn österreichischen
Nationalmuseum zu Wien, das
Medaillon mit dem Frauen-
bildnis aus derselben Zeit, das
auf dem Gemälde von 1564 vor-
kommt und die Figur des Ge-
schundenen von 1569 im öster-
reichischen Museum für Kunst
und Industrie zu Wien. Er-
wälmt sei aucli die Gruppe
ohne Inschrift in Ausburg, eine
Arbeit, die wohl in dieselbe
Schaffensperiode des Künstlers
gehört, wie die angeführten
Werke aus den 1560 er Jahren.
Vielleicht dienen meine Mittei-
lungen als Ansporn für die jün-
geren Forscher, noch weiterhin
nach Arbeiten des bedeutenden
Künstlers zu suchen.

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