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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
1. Novemberheft
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Schnorr von Carolsfeld, Ludwig: Eine unbekannte Plauer Steinzeugvase
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0117

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Stne unbekannte p(auet? Stetnseugüafe

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ludung Sd)uot?t? oon Caüotsfetd

jie ältesten Nachrichten über die Erzeugnisse der
im Jahr 1713 begründ'eten Steinzeug- und Fayen-
cefabrik in Plaue a. d. Havel finden sich bei Bekmann in
seiner „Historischen Beschreibung der Chur und Mark
Brandenburg“, Berlin 1751, Sp. 890 ff. Sie sind ganz
allgemein gehalten und bieten nicht den geringsten
Anhalt für eine Bestimmung der Plauer Fabrikate. Ein-
gehender hat sich der Medizinalrat Sybel in Branden-
burg a. -d. Havel mit dieser Manufaktur befaßt. Er ver-
öffentlichte einen umfangreichen Artikel „Von der Por-
zellan-Manufaktur zu Plauen an der Havel“ in der
„Neuen Berlinischen Monatschrift“, 26. Band, Berlin
und Stettin 1811, S. 194 ff. Die Quellen, aus denen
Sybel schöpfte, waren neben Bekmanns Werk, das
mehrfach zitiert wird, 1. Das vom Prediger Lösecke um
die Mitte des 18. Jahrhunderts verfasste „Urbarium des
Amtes und Städtleins Plauen von 1560 bis 1750“, eine
Handschrift, die heute im Besitz des Grafen Königs-
marck im Schloß zu Plaue ist. 2. Mündliche Belehrun-
gen, die er von zwei Enkeln des Gründers der Plauer
Manufaktur, des Ministers Friedrich von Görne. und von
dem damaligen Besitzer des Schlosses Plaue, Freiherrn
von Lauer-Münchhofen, eingezogen hatte; ferner Mit-
teilungen von seiten des Direktors der Berliner Por-
zellanmanufaktur, des Staatsrats Rosenstiel. 3. Die
Erzeugnisse der Plauer Manufaktur, die er auf den
Landsitzen in der Umgebung von Plaue und gelegent-
lich bei Auktionen vorfand; vor allem aber seine eigene
Sammlung von Plauer Fabrikaten, deren überwiegender
Teil von dem Enkel des Ministers von Görne, dem Dom-
herrn von Rochow auf Reckan bei Plaue, stammte,
demnach die beste Provenienz aufwies.

Sybel besaß — „außer Proben von grüner und
weißer Fayence, die letztere mit blau verziert“ — eine
Anzahl von Gefäßen und zwei matt versilberte Figuren
aus rotem Steinzeug. Eine braune Vase und eine „iiber-
silberte“ Figur, die Sybel der keramischen Sammiung
der Berliner Porzellanmanufaktur schenkte, sind dort
leider nicht mehr vorhanden. Dagegen hat sich ein
Stück, das Sybel besaß und das er in dem genannten
Aufsatz beschreibt, im Berliner Kunstgewerbemuseum
(Schloßmuseum) nacliweisen lassen. Es ist das bei
Sybel unter Nr. 2 aufgeführte „Braune C.efäß, verziert
mit vergoldetem grotesken Löwenkopf am Henkel, und
rot und weiß grell koloriertem Papagei auf dern
Deckel“. Dieses Gefäß bot die erste, wenn auch riur
durch die Tradition gesicherte Grundlage fiir die Be-
stimmung der Plauer Steinzeugfabrikate. Adolf Brii-
ning x) und Ernst Zimmermann * 2) haben auf Grund stil-
kritischer Untersuchungen, zu denen das erwähnte

Deckelgefäß den Anlaß gab, eine einwandfreie Tren-
nung zwischen dem Meißener und dem Plauer Steinzeug
herbeigcfiihrt. Andere Fabriken, die ein ähnliches,
schleif- und polierfähiges rotes Steinzeug herstellen
konnten, hat es damals nicht gegeben. Heute kennen
wir eine große Zahl von Plauer Steinzeuggefäßen in
öffentlichem und privatem Besitz. Das Berliner Schloß-
museum besitzt allcin 13 Sttick, die fast sämtlich der
alten Kunstkammer entstammen. Das 1738 aufgenom-
mene Inventar des Schlosses Monbijou in Berlin (Haus-
archiv) verzeichnet nicht weniger als 45 Stück „Plau-
enschen Porcellains“, von denen sich dort freiläch kein
einziges erhalten hat. Der größte Teil der Geschirre,
Kaffeekannen, Teekessel, Teetöpfe, Krüge, Teller, Tee-
tassen, achteckige Unterschalen u. a., war schwarz gla-
siert und mit bunten Blumen kalt bemalt. Die Be-
schreibungen sind aber zu allgemein, als daß sicli da-
nach bestimmte Stücke mit Sicherheit wiedererkennen
ließen. Keines war so auffällig gebildet wie das bei
Sybel erwähnte Gefäß mit dem Papagei als Deckel-
knauf. Sybel bemerkt, daß die Plauer Fabrikate ein-
gebrannte Nummern trugen, nach denen die Verkaufs-
preise festgestzt wurden. Ich habe bis jetzt erst bei
einem einzigen Geschirr, einer schwarz glasierten, mit
bunten Blumen in Lackmalerei verzierten Kaffeekanne
im Berliner Scliloßmuseum die schwarz eingebrannte
Zahl „6.“ unterm Boden feststellen können.

Vor Kurzem ist im Berliner Kunsthandel, bei Lud-
wig Glenk, Inhaber Edgar Worch, eine 18 cm hohe
eiförmige Vase aus rotem polierten Steinzeug aufge-
taucht, deren Reliefschmuck völlig mit einem bei Sybel
unter Nr. 3 an letzter Stelle bcschriebenen Plauer Ge-
fäß übereinstimmt. Es heißt dort: „Zwei ähnliche Va-
sen, von 6 und 8 Zoll Höhe, m i t h a 1 b e r h a b e n e n
nichtglänzenden G e n i e n. Drei derselben
tragen, auf der einen Vase, einen mit Früchten gefüllten
Korb. Auf der andern flattern vier, als
Repräsentanten schöner Künste, wo-
v o n d r e i d u r c h e i n f e s s e 1 n d e s B a n d m i t
einander verbunden s i n d.“ (s. Abb.). Wir
kannten bisher nur einen Plauer Vasentypus: die acht-
eckige, nach unten verjüngte laternenartige Form mit
Reliefs einzelner Putten und Embleme in vertieften
Feldern (Museum in Gotha, Schloßmuseum in Berlin).
Bei der abgebildeten eiförmigen Vase erscheint der
blank polierte Körper als Luftraum, von dem sicli die
vier geflügelten Putten in schwach erhabenem, aber
stark plastisch wirkenden Relief abheben. Der Model-
leur dieses Puttenreigens ist zweifellos der gleiche, der

kurrenzfabrik der Meißner Manufaktur und ihre Erzeugnisse.
Monatsliefte für Kunstwissenschaft, 1. Jahrg. 1908, S. 602 ff. —
Derselbe, Die Erfindung und Frühzeit des Meißner Porzellans.
Berlin 1908, S. 191 ff.

h Adolf Brüning, Porzellan. Berlin 1907, S. 49 ff.

2) Ernst Zimmermann, Plaue a. d. Havel, die erste Kon-

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