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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Novemberheft
DOI Artikel:
Dammann, Walter Heinrich: Über Carl Neumanns "Rembrandt"
DOI Artikel:
Frimmel, Theodor von: Ein Gemälde von Pieter de Hoogh in Prager Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0152

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Selbstverständlich gibt es in der Erscheinung
„Rembrandt“ unendlich vieles, was mit den stilistischen
Hauptkennzeichen seiner Zeit übereinstimmt. Aber um
das restlose Yerbundensein des einen mit dem anderen
in Einzelaufzählung nachzuweisen, dazu fehlt denn doch
noch vieles. Auf diese Art wird es auch nicht versucht,
sondern wiederum durch Begriffsbildung. Ist es nun
schon unwissenschaftlich, einen Begriff „Rembrandt“
zu suchen, der so fest sei, daß man mit ihm rechnen
könne, wie mit einer mathematischen Größe, so ist es
in noch viel höherem Maße unwissenschaftlich, der-
gleichen für den Begriff „Barock“ anzustreben. Man
kann sehr wohl in tausend Einzelfällen sagen: dies ist
Rembrandt, dies ist nicht Rembrandt — dies ist Barock,
dies ist nicht Barock. Bildet man aber Definitionen, die
anfangen: Rembrandt ist . . . das Barock ist . . . so
kann garnichts anderes herauskommen, als eine wili-
kürliche Pressung, ein Prokrustesfabrikat. Gewiß, es
gibt Künstler, es gibt Stile, für die einigermaßen er-
schöpfende Formulierungen möglich sind: Rembrandt
gehört nicht dazu, der Barockstil gehört nicht dazu.
Der Stil der barocken Kirchenfassaden Roms, der Bau-
stil der hochgotischen Basiliken Nordfrankreichs —
das geht an. Aber scblechtweg: „der Barockstil?“
Michelangelo, Borromini, Rembrandt, Rubens — und
doch wohl aucli der Greco und der Delfter Vermeer,
und doch wohl auch Palladio, obwohl man von ihm
einen Zweig des Klassizismus herleitet. Und doch wohl
auch Shakespeare und Sebastian Bach. Und wie ist es

schließlich mit Pöppelmann? Und der Grenze zum
Rokoko überhaupt, sofern es sich nicht um den Einzel-
fall, sondern um allgemein Verbindliches handelt? Ir-
gendwelche Gemeinsamkeiten werden sich wohl for-
mulieren lassen; aber was haben diese dünnen Binsen
mit dem Verständnis Rembrandts zu tun?

Es ist eine edle Schönheit des Neumannschen Bu-
ches, daß es all diese Erwägungen, wie auch die Wider-
legung der Simmelschen Gedankengänge, nicht etwa
in der gewralttätigen Kürze dieses Berichtes vorbringt,
sondern in der gleichmäßig abwägenden Ruhe dessen,
Tatsachen zu Gebote stehen. Aber doch gipfelt Neu-
manns Kapitel über Rembrandt und den Barockstil in
dern für einen Vortrag Raum und Zeit und restlos alle
dem nachdrücklichen Satze: „In Zeiten, die das Körper-
liche nicht nur, sondern auch das Geistige gern mecha-
nisieren möchten, und die dazu den groben Einschach-
telungen und Synthesen geneigt sind, ist es ein Glück,
große Gestalten als Lebens- und Kunstmächte zu
wdssen, die sich nicht in eine Formel zwingen lassen.“

Diesen Satz wird man vielleicht auch auf den vor-
liegenden Bericht anwenden wollen: ihn zu einseitig
und zugespitzt finden. Man wird damit zweifellos recht
haben. Ganz gewiß ist Neumanns Rembrandtbuch noch
viel schöner, als diese Zeilen ahnen lassen. Sie be-
tonen das, was dem Berichterstatter unter den heutigen
Verhältnissen das wichtigste schien. Andere werden
anderes zu riihmen wdssen.

6tn Qemätde von Pteteü de Jioogf) tn Pt?agev Pt?toatbeftf^

oon

Tbeodoü d. pnmmdslDign

| er holländische Sonnenlichtmaler Pieter de Hoogh
ist zwrar weltberühmt, wie wenige andere, doch
ist über sein Leben nicht allzu viel bekannt. In Rotter-
dam ist er 1629 geboren. Er blieb nicht in der Vater-
stadt. Houbrackens Hinweis, daß der Künstler in Haar-
lem Schüler N. Berghems gewesen wäre, ist wohl in
dem Sinne richtig, daß der geschickte Haarlemer Künst-
ler vielleicht dem jungen Rotterdamer die Behandlung
von Stift und Farbe beigebracht hat, wie man etwa
ähnliches für Rembrandt von dessen Lehrer Swanen-
borgh annehmen darf, oder für Rubens vom alten Land-
schaftsmaler Tobie Verhaght. Auffallende künstleri-
sche Zusammenhänge zwischen Pieter de Hoogh und
Berghem sind bisher nicht nachgewiesen worden. Da-
gegen hat man mit Recht auf Anregungen durch Carel
Fabritius hingewiesen, ohne daß ein Nachweis persön-
licher Beziehungen beider Künstler in Delft vorläge.
Ein künstlerischer Zusammenhang mit dem Delfter Ver-
meer, der um nur wenige Jahre jünger war, als P. de
Hoogh, spricht aus vielen Arbeiten de Hoogh’s laut ge-

nug zu uns. Nur ist man bis heute noch nicht sicher,
welcher von beiden als Künstler zuerst auf dem Plan
gewesen. I)e Hoogh war 1653 in Delft, davor und da-
nach in Amsterdam und noch anderswo in Holland tätig.
Als Kammerdiener bei Justus de la Grange in Delft
malte er allerlei Bilder, die damals noch sehr gering ge-
schätzt wurden. Nach dem Tode des Künstlers aber stie-
gen die Anerkennung und die Preise fortwährend bis zu
den tollen Summen, die aus neuester Zeit für Bilder von
De Hoogh gemeldet wurden, und heute ist ein De Hoogh
in einer niedrig stehenden Valuta überhaupt kaum mehr
zu bezahlen. Man weiß iibrigens, nicht nur was man an
guten Eigenschaften bei einem P. de Hoogh verlangen,
sondern auch, was man bei ihm nicht suchen darf. P. de
Hoogh war z. B. kein gelernter Architekturzeichner,
wie etwa die berühmten Darsteller von Gebäuden und
Innenräumen. Die Linienperspektive wackelt nicht
selten ein wenig in De Hooghs Bildern. Seine Figuren
erzählen wenig oder garnichts. Aber sie sind Träger
von Licht und Schatten, und mit diesen weis der Künst-

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