Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
1. Dezemberheft
DOI Artikel:
Weil, Gustav: Der Rembrandt mit den fünf Lichtquellen: die Entdeckung eines unbekannten Gemäldes des Meisters
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0171

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Herausgßber: Ajdoiptl Donüifl

/ahrgang ig22

l. Dezemberhefj:

Det? Rembrandt mit den fünf UcbtqueUen

Die Sntdcckung cincs unbckanntcn 0cmä(des des |dci(ict?s

oon

Qultaü lüeüsprag

Generalstabsarzt Dr. Gustav Weil in Prag, aus dessen
ßilderschätzen Professor Dr. Tlieodor v. Friinmel (Wien)
im 2. Novemberheft des „Kunstwanderers“ einen Pieter
de Hoogh publizierte, hatte das Gliick, einen bisher Völlig
unbekannten Rembrandt in seinen Besitz zu bringen, den
Professor Frimmel in einem am 8. November 1922 ab-
gegebenen Gutachten „als unzweifelhaft eigenhändiges
Werk Rembrandts und als unschätzbares Kunstwerk“
bezeichnet, „das jede Galerie zum Wanderziele der
Kunstfreunde machen wird“. General Dr. Weil hatte die
Freundlichkeit, dem „Kunstwanderer“ das Photo seines
jüngsten Rembrandt, der die Alexanderhoch-
zeit darstellt und 1628 signiert ist, zur ersten Ver-
öffentlichung zu überlassen und sich selbst über die Auf-
findung des Bildes und dessen Qualitäten zu äußern.

Die Redaktion.

In einem seiner grundlegenden Werke iiber die nieder-
*■ ländische Malerei bemerkt Bode, daß kein Land der
Erde eine reichere Fundstätte alter Gemälde sei, als
Böhmen. Durch Rudolf II., der in Prag residiert hat,
war ein wahrhaft medizeisches Zeitalter in Böhmen er-
bliiht. Die Zugehörigkeit der Niederlande zu.Öster-
rcich spann zahlreiche Fäden zwischen den Erblanden
und den Niederlanden; die Gesandten in Brüssel hatten
den Auftrag. die Gemälde der hervorragendsten Nieder-
länder förmlich naß von der Staffelei zu erwerben und
nach Prag zu schaffen. Einer dieser Diplomaten, Graf
Kolowrat — Liebsteinsky, der Gesandte in Brüssel, be-
gründete selbst eine beriihmte Sammlung. die jedoch
mit dem Tode des letzten Sprossen dieses Zweiges der
Kolowrat (1861) in alle Winde verwehte. Sie befand
sich in der Zeltnergasse im späteren Adelskasino.

Aus dieser Sammlung gelangte nach mancher Irr-
fahrt mein erster Rembrandt, ein weit fortgeschrittener
Farbenentwurf zur Münchner Kreuzabnahme in meinen
Besitz, der von Adolph Donath im ersten Juniheft des
„Kunstwanderers“ 1922 publiziert und von Theodor von
Frimmel als unzweifelhaftes, eigenhändiges Werk Rem-
brandts bestätigt wurde. In dieser Farbenskizze ist mit
einer geradezu nachtwandlerischen Sicherheit Pinsel-
strich neben Pinselstrich gesetzt. Kaum ein anderes
Bild Rembrandts kann uns dermaßen seine schier un-
erschöpfliche Fruchtbarkeit erklären, wie dieser förm-
lich aus dem Rohre geschossene Entwurf zu dem be-
rühmten Münchner Gemälde. Auch vom Standpunkte
der „Beleuchtungstechnik“ ist dieses Bild von größtem
Interesse. Die Männer, die den Heiland vom Kreuze
heben, der landschaftliche Hintergrund haben auf mei-
nem Farbenentwurfe das goldrotbraune Kolorit, den
warmen Goldton Rembrandts. Auf dem ausgeführten
Biide der Pinakothek, das um 20 cm höher ist, erschei-
nen die obenerwähnten Partien blauviolett. Diese ziel-
bewußte Änderung der Farbengebung steigert dic
Leuchtwirkung, die von der tragenden Figur ausgeht,
ins ungemessene. Vom Leichname des Herrn selbst
scheint ein wunderbares magisches Liclit in die Mond-
nacht auszustrahlen . ..

Nun wurde mir vor Kurzem die freudige Über-
raschung, einem zweiten, völlig unbekannten Rem-
brandt zu begegnen, wir Ärzte nennen diese auffällige
Paarung seltener Erscheinungsformen Duplizität der
Fälle — einem Werke, das nach meiner unmaßgeblichen
Ansicht den nicht zn überhöhenden Gipfelpunkt seiner

143
 
Annotationen