Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
1. Dezemberheft
DOI Artikel:
Schrader, Hans: Die thronende Göttin im Alten Museum zu Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0179

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
des Küiistlers Antenor vor Augen stelit — eine nionn-
mentale Kunst, deren allgriechisehe Bedeutung schon
allein aus der Tatsache erhellt, doch der Giebelschmuck
des delphischen Apollotempels gegen das Ende des
VI. Jahrhunderts v. Chr., wenn nicht alles täuscht, eben
jenem Antenor anvertraut worden ist. Als die unmittel-
baren Vorbilder dieser attischen Werke, die ihren hei-
mischen Ursprung durch deutliche Zusammenhänge mit
der älteren ortsiiblichen Skulptur in weichem Kalkstein
(sogenanntem Poros) verraten, läßt sich eine kleine An-
zahl von Skulpturen aussondern, Werke von großem

Abb. l

Wurf, wie die auf ihrem Sessel unruhig bewegte, wie
aufspringende Athena, die anscheinend den Perser-
sturm des Jahres 480 v. Chr. iiberstanden hat uud noch
von Pausanias, in der Antoninenzeit, als ein Werk des
Künstlers Endoios beschrieben wird, und eine über-
lebensgroße, aus vielen Bruchstücken wieder zusam-
mengefügte Frauenfigur, deren am besten erhaltene
Teile, Rücken und linkes Bein, eine Großheit und einen
Reichtum der Form und eine meisterliche Behcrrschung
des prachtvollen, großkörnigen parischen Marmors
zeigen, wie sie vielleicht erst wieder in den „Thau-
schwestern“ des östlichen Parthenongiebels gefunden
werden. Diese kleine Gruppe, in ihrer der sinnlichen
Erscheinung mit inniger Augenfreude nachgehenden,
breiten und großgesehenen Art, scharf abgehoben von
der, ich möchte sagen, überlegter, gradliniger, subtiler
formenden attischen Weise, verrät sicli als zugehörig
zum Kreise der kleinasiatisch-ionischen Kunst, die uns
aus den Skulpturenfunden von Milch und Didymu, von
Samos, von Ephesos genügend bekannt ist. Auf der
anderen Seite sind deutliche Unterschiede vorhanden,
die, wie in der attischen Kunst, am ehesten durch An-
regungen vom griechischen Festlande her zu erklären
sind, eine kraftvollere Art, welche die an den asia-
tischen Werken leicht ein wenig zerfließenden Formen
durch eine feste Zeichuung scharf sondert und energisch
zusammenhält. Es scheint, daß uns hervorragende
Werke dieser Kunst in dem wundervoll reichen Skulp-
turenschmuck zweier kleiner delphischer Marmor-
bauten, der Schatzhäuser der Knidier und der Siphnier,
— Kargotischen, Giebelgruppen, Friesreliefs — erhalten
sind, deren Verteilung leider immer noch nicht völlig
geklärt und deren Kunstschule nicht gesichert ist. Ich

Abb. 2

151
 
Annotationen