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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Maiheft
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Friedländer, Max J.: Die Frühjahrsauktion bei C. G. Boerner in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0435

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7. ft’tedländev

Geheimrat Dr. Max J. Friedländer, der Direktor des
Kupferstichkabinetts Berlin, hatte die Freundlichkeit, fiir
den „Kunstwanderer“ das Referat über die große Kupfer-
stichauktion bei Boerner, Leipzig, zu übernehmen. Im
Anschlusse an Friedländers Aufsatz werden die wichtig-
sten Preise demnächst mitgeteilt werden.

A n 4 Tatjen (2.—5. Mai) wurde die umfangreiche
1 *■ Kupferstichsammlung „aus altem Leipziger Privat-
besitz“ mit 1753 Nummern versteigert. Angefügt war
die Dürer-Sammlung aus einem Klebebande, die eine
deutsche Bibliothek zum Verkauf brachte. Nach Ver-
lauf und Erfolg zeigte die Auktion das typische Ge-
präge, das die Zeitumstände solchen Veranstaltungen
aufdrücken. Die Beteiligung groß, die Ziffern sensa-
tionell. Bei Licht besehen, hat das Interesse an den
Dingen eher ab- als zugenommen, und die Preise für
den Durchschnitt sind niedriger als früher. Die über-
legene Leitung durch Herrn Hans Boerner sowie die
zuverlässige und sachkundige Katalogisierung übten
wieder Anziehung aus. Mehrere maßgebende auslän-
dische Händler waren anwesend, freilich keine Fran-
zosen. Das finanzielle Übergewicht des Auslandes
machte sich diesmal nicht allzu stark geltend. Die
Preisbildung bot nicht viel Überraschendes. Sobald
außerordentliche Dinge drankamen, wurden die Taxen
zum Teil erheblich überschritten; das Gewöhnliche
hielt sich ungefähr auf dem erwarteten Niveau. Eine
lange Reihe guter Klcinmeister-Blätter ist nicht mehr
so leicht wie vor dem Kriege unterzubringen, weil es
kaum noch Privatliebhaber gibt, die Neigung zugleich
mit den Mitteln hätten, auf Vollständigkeit hin zu
sammeln. Die deutschen Kupferstichkabinette aber

kommen nur noch ausnahmsweise als Mitbewerber in
Betracht. Früher oder später werden vermutlich die
ausländischen, besonders die amerikanischen, Museen
in die Lücke treten, da sie ja wohl auch auf diesem Ge-
biete der Ehrgeiz entwickeln, werden, den europäischen
Instituten nahe zu kommen in bibliothekmäßiger Voll-
ständigkeit. Vorläufig ist davon noch wenig zu spüren.

Die Auktion enthielt von Dürer und Rembrandt
guten Durchschnitt, reiche Kleinmeister-Werke mit
wenigen Seltenheiten und ein buntes Gemisch von
Blättern aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert.

Von den öffentlichen deutschen Sammlungen waren
Dresden, Berlin und Nürnberg vertreten und bemühten
sicli mit untauglichen Mitteln, die Gelegenheit nicht
ganz tatenlos vorbeigehen zu lassen. Nürnberg griff
sogar recht energisch ein. München, das sich bei den
Versteigerungen der letzten Jahre erfreulich aktiv
zeigte, scheint resigniert zu haben. Die Schicksals-
frage der deutschen Kupferstichkabinette liegt nicht
mehr bei den Gönnern und noch weniger im Erwer-
bungsfonds, vielmehr ausschließlich im Dublettenbe-
stande. Wo also die Sammlung von jeher sorgfältig auf
Doppelstücke durchgeprüft, und das Entbehrliche ver-
kauft worden ist, steht es jetzt übel.

Der Zeitgeschmack drückte sich in der Preis-
bildung bei dieser Versteigerung aus, indem die Holz-
sclmitte im allgemeinen eifriger getrieben wurden als
die Kupferstiche, und indem die phantasievolle Kunst
Altdorfers stärkere Anziehung ausübte als die makel-
lose Grabstichelarbeit der Beham. Altdorfers Holz-
schnitt die hl. Familie am Brunnen in einem reinen
frühen Druck brachte den hohen Preis vo.n 9 400 000 M.

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