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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Maiheft
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Waser, Otto: Der angebliche Marc Aurel der Zürcher Archäologischen Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0459

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Jm August 1909, bei der Versteigerung der Privat-
galerie des bekannten Zürcher Kunstsammlers Dr.
med. Ad. Hommel, ist esProf. Hugo Blümner (1844/1919)
mit Hilfe eines Mäcens gelungen, der Zürcher Archäo-
logischen Sammlung drei wertvolle antike Marmor-
werke zu sichern: ein attisches Giebelreliefchen vom
Ausgang des 5. Jahrh. v. Chr., einen Jünglingskopf im
Typus des polykletischen Doryphoros und eine römi-
sche Kaiserbüste, angeblich M. A u r e 1 i n jüngern
J a h r e n . Etwa ein Dutzend Jahre früher hatte kein
Geringerer als Adolf Furtwängler Dr. Hommel hinge-
wiesen auf diese „unzweifelhaft echten und künstlerisch
bedeutende Stticke“: sie seien der Münchner Glypto-
thek angeboten worden, diese zurzeit aber nicht in der
Lage, die Erwerbung zu machen. Furtwängler hat denn
auch dem Hauptstück, dem feinen Giebelreliefchen, eine
liebevolle Besprechung gewidmet in den „Abhand-
lungen d. bayer. Akademie d. Wisserischaften“ von
1902, hat es wiederum herangezogen in seinem Aigina-
werk von 1906 (S. 333 f.). Nachgeholt sei hier ein be-
sonderes Eingehen auf die römische Bildriisbüste. Ihr
Fundort ist leider nicht bekannt, ihr Material weißer
Marmor. Sie ist etwas überlebensgroß, mißt in der
Höhe 81,5 cm (mit Sockel, die Büste für sich 66 cm), in
der größten Breite 52 cm. Ergänzt sind Nase und mitt-
leres Stück der Gberlippe. Der Kaiser (wenn es über-
haupt ein Kaiserbildnis ist, was indes immer das Wahr-
scheinlichste) trägt eine weite, faltenreiche Toga, in
aparter Weise drapiert (Marg. Bfeber hat ihr in der
Bcrl. philol. Wochenschr. 1917, 174 besondere Beach-

tung geschenkt). Das Haupt mit dem kurzen, zweige-
teilten Bart, mehr Spitzbart als Vollbart, ist (vom Be-
schauer aus) leicht linkshin gewendet. Das Haar ist in
starkem Relief gegeben, in Buckeln, niclit in Strähnen,
am Hinterkopf sorgfältiger, detaillierter als vorn (die
Btiste scheint an ihrer Vorderseite etwas geglättet
überarbeitet).

Gegen die Deutung auf M. Aurel sprechen in erster
Linie stilistische Argumente. Die Haarbehandlung, die
überemstimmend so wiederkehrt beim Kopf des Cara-
calla, paßt keineswegs ins 2. Jahrli. n. Chr., weist viel-
mehr unsere Büste dem 3., frühestens dem Ausgang des
2. Jahrh. zu, was auch des bekannten Ikonographen E.
A. Stückelberg Meinung ist (laut Zuschrift vom
14. VI. 16). Ebenso tritt die eigentümliche Anordnung
der Toga mit den brettartig festgeplätteten, überein-
andergelegten Falten erst mit dem 3. Jahrh. auf, an
Bildnissen des Septimius Severus, der Iulia Mamaea,
des Maximinus Thrax J). — Aber auch iu ikonographi-
scher Hinsicht stimmt die Zürcher Büste nicht überein
mit dem Bildnis M. Aurels, vgl. Abb. 3 2). Vor allem
entbehrt sie des milden, gütigen Ausdrucks, der für
diesen Kaiser charakteristisch, der abgeklärten Ruhe,
die über dem Autlitz des Philosophen, des Stoikers auf
dem Kaiserthron ausgebreitet liegt. Aus dem Zürcher

b Vgl. J. J. Bernoulli, Röm. Ilionogr. II 3 T. 13. 32 f.

') Für Abb. 3 und 4 sind uns die Druckstöcke in dankens-
werter Weise vom Art. Institut Orell Füßli in Ziirich zur Ver-
fiigung gestelit worden aus E. A. S t ü c k e 1 b e r g , Die Bildnisse
dcr Röm. Kaiscr und ilircr Angehörigen (1916).

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