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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
1./2. Juliheft
DOI Artikel:
Ury, Lesser: Louis Corinth zum 65. Geburtstage
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0531

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„Der Kunstwanderer“ ist an Lesser Ury mit der Bitte
herangetreten, iiber Lovis Corinth, der am 21. Juli seinen
65. Geburtstag begeht, einige Worte zu sagen. Der
Berliner Meister hat sich bisher niemals über seine Kol-
legen schriftlich geäußert, und es wird darum, unserer
Ansicht nach, umsomehr interessieren, sein Urteil über
seinen Kollegen Corinth zu hören. Ury schreibt uns:

J-h s war, wenn ich nicht irre, im Jahre 1897, da ich
' Bilder von Lovis Corinth zum erstenmale sah. Im
Salon Gurlitt in der Leipziger Straße. Hr stellte damals
eine „Geburt der Venus“ und andere Bilder aus, wäh-
lend im zweiten Saale mein Triptychon „Der Mensch“
hing. Einige Jahre später sah ich wieder Werke und
größere Kollektionen von ihm bei Keller und Reiner und
ich erinnere mich des großen Eindrueks, den diese Aus-
stellung auf mich gemacht hat. Ein Mann, ein Meister
zeigte sich, wie wir in solcher Geradheit damals in
Berl.in nicht seinesgleichen gehabt haben. Etwas später
siedelte er nach Berlin über und nun begann gleichsam,
als ob die Münchner Luft ihu bis dahin zurückgehalten
liätte, eine immer größere Ereiheit seiner Kunst sicli zu
entfalten, die dann in den Werken der letzten Jahre
sein Genie in einer so eklatanten Weise hervorleuchten
ließ, daß die deutsche Kunst in dieser Art ihm nicht
ülmliches gegenüberstellen kann: in seinen Werken
kommt zum erstenmal das große freie Künstlertum zum
Ausdruck.

Wenn man als Künstler, der man doch nun einmal
ist, versuchen will, kalt und ruhig hinter die Geheim-
nisse der Gorinthschen Kunst zu kommen, so wird
dieses immerhin eitle Beginnen gleich im Anfang zu-
uichte. Wir haben in der ganzen Kunstgeschichte nur

wenige Beispiele einer jugendlichen Schöpferkraft, wie
sie ihm gegeben ist. Und das Alter verdrängt nicht
diese intuitive Lebendigkeit, und die Krankheit kann sie
nicht vernichten. Die Jugendlichkeit der jüngsten Co-
rinth’schen Kunst könnte man vielleicht nur an den
letzten Bildnissen von Frans Elals aus dem Altmänner-
haus messen und an Rembrandts grandiosem Selbst-
porträt, das er in seinem letzten Jahre von sich ge-
schaffen hat. Ich denke da an den Rembrandt im
Louvre, und in diesem Augenblicke erscheinen vor
meinen Augen jene Bildnisse, die Lovis Corinth von
sich in jüngster Zeit gemalt hat, jene erschütternden und
grausigen Bilder, als das unerbittliche Schicksal das
Leben eines wahrhaft großen Künstlers zu vernichten
drohte. Auch liier im Anblick dies.er Bildnisse zeigt sich
die Unüberwindbarkeit der Kunst.

Wie ich aber schon vorhin sagte, möchte ich die
Malerei der Corinth’schen Kunst untersuchen, irgendwie
beweisen; aber es geht wirklich nicht. Soll ich sagen,
daß es keinen lebenden Künstler gibt, der so viel
Können, ja akademisches Können im wahrhaft richtigen
Sinne besitzt wie Corinth oder soll ich nochmals ver-
sichern, daß er als Maler geradezu einzig dasteht, wie
er das seinem Auge sich hinstellende Modell, sei es Weib
oder Mann, Landschaft oder Stilleben oder was es auch
sein möge, wirklich mit souveräner Meisterschaft
wiedergibt? Er hat in den letzten Jahren einen Reich-
tum von Farbenwerten auf seiner Palette, die für den
Kenner erstaunlich berauschend, für den Kollegen nicht
zu greifen sind. Seine Frauenkörper sind in ihrer
Farbenschönheit geradezu klassische Beispiele fiir eine

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