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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1./2. Juliheft
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Neue Kunstbücher / Aus der Museumswelt / Kunstbrief aus Frankfurt / Dresdner Jahresschau / Kunstausstellungen / Rosenthalsche Feuerkunst / Neue Graphik / Hintzes Zinnmarken-Werk / Chronisten der Mode
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Köhler, Ida: Etwas über Bildnisse und Bildnismaler vergangener Zeit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0556

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6tiüas übet? ßüdniffe
und BUdnismaiet? oecgangenet? Beit.

An allen größeren und kleineren Höfen, beim hohen Adel und
in den Klöstern gab es rciche Galerien, *) meist wurden die be-
kannten Maler der jeweiligen Perioden dort beschäftigt und die
darunter hervorragenden Bildnisse und ilire Verfertiger sind ge-
nügend bekannt und oft gewürdigt worden. Von Privatsammlungen
sei der berührnten, von Zeitgenossen hochgeschätzten Lavater-
sammlung gedacht. Friedrich von Matthisson schreibt in seinen Er-
innerungen aus dem Jahre 1787, unter anderem, folgendes darüber:
„Lavater besitzt in den 100 und 50 Bänden von Handzeichnungen,
die er sein physiognomisches Cabinett nennt einen der wichtigsten
Kunstschätze, deren ein Privatliebhaber sich rühmen kann. Das
Meiste rührt vom Seelenzeichner Chodowiecki her und seibigem
zunächst lieferten Heinrich Füßli, Lips, Freudenberger und Schel-
lenberg die erhebliehsten Beyträge. Möge diese treffliche Samm-
lung in irgend einer Kaiser- oder Königs Kunstschule sich dereinst
recht vieles talentweckender Wirkungen zu erfreuen haben“. Wenn
dieser Wunsch auch nicbt wörtlich in Erfüllung ging, ist wenig-
stens die Sammlung später ungeteilt durch Kaiser Franz li. er-
worben worden und befindet sich seither in der Wiener Fideikom-
misbibliothek, wo sie in nächster Zeit vielleicht auch der Allge-
meinheit zugänglich gemacht werden wird. (Ein Artikel von Prof.
E. Castle über diesen Gegenstand erschien im Heft II. d. II. Jahr-
gangs d. „Modernen Welt“ Wien 1921). Eine reichhaltige Samm-
lung von kulturhistorischem und physiognomischem Wert ist im
Museum zu Ulm- es sind die Bildnisse deutscher Handwerksmeister,
Altmeister der sämtlichen Zünfte aus vier Jahrhunderten.

So wie die berührnten Maler von Hof zu Hof reisten, zogen
ilire minder beriihmten Kollegen von Ort zu Ort, um ihre Dienste
den einfachen Bürgern anzubieten. Dieses Thema des reisenden,
für die kleinen Leute arbeitenden, Künstlers, hat schon Clemens
Breuhans in seiner Novelle „Die mageren Wehmülier und unga-
rischen Nationalgesichter humorvoll behandelt. Er läßt den Helden
der Novelle, den Maler Wehmüller Bildnisse von Ungarn, die er
nie gesehen, malen und mit einem Vorrat von mindestens V» hun-
dert auf die Reise gelien. In jeder Stadt wurde dann öffent-
lich ausgerufen, der bekannte Künstler sei mit einem reichassor-
tiertem Lager wohlgetroffener Nationalgesichter angelangt und
lade das Publikum, welches sich porträtieren lassen wollte, ein,
sich dasselbe, Stück für Stück zu einem Dukaten in Gold, selbst
auszusuchen. Persönliche Ziige oder Individualität des Schnurr-
bartes des Käufers wurden dann unentgeltlich beigefügt, während
die Uniformen, welche immer ausgelassen waren, nach Maßgabe
ihres Reichtums nachgezahlt wurden.

Kiinstlerischer, doch ähnlich mutet eine Anzeige eines Bild-
hauers und Modelleurs der Wiener Akademie an, weiche sich im
Rahmen eines, aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts stammenden
Wachsporträts befand. in polnischer Sprache abgefaßt ist sie ein
Beweis dafür, daß der Künstler auf Rcisen ging: sie lautet in der
Übersetzung folgendermaßen. Karl Berg, Bildhauer und Modelleur
der Wiener Akademie empfiehlt sich bei seiner Durchreise dem
geehrten Publikum zur Modellierung von Naturphysiognomien nacli
neuester Methode aus einer gewissen Kompositionsmasse, mit 01
koloriert, in größter Ähnlichkeit, wovon Muster, schon in Rahmen
jederzeit von ihm besichtigt werden können, wobei er das geehrte

*) Siehe „Der Kunstwanderer“, 2. Dezemberheft 1922.

Pubiikum verständigt, daß er bloß kurze Zeit sich hier aufliält. „In
Ö1 gemaite Porträts überziehe ich mit Wernise und reinige diesel-
ben, ich erteile auch Unterricht im Modeilieren. Preise: Porträt en
profile 7, 8—10 fl. En face — 20 fl.“

Wie der Unterschied im Preise dieser Bilder, wenn sie en
profile oder en face ausgeführt wurden, ein ziemlich bedeutender
war, so war wieder bei manchen Malern preisbestimmend, ob sie
Biider hone, mit einer oder zwei Händen malten. Ein Schreiben aus
dem Jahre 1791 über diesen Gegenstand findet man in Meusels Mis-
cell. f. Kunst und Kunstliebhaber (18 St. 1792); es ist die Antwort
auf eine Anfrage nach einem Maier, welcher „drey Eigenschaften
besitzen müsse, ein ähnliches, weißes und wohifeiles Portrait zu
liefern“. Über die Preise berichtet der Gewährsmann: „Herr
Klotz läßt sich für. en Portrait mit einer, auch wohl zwey Händen,
drey Louis d’or bezahlen. Herr Etlinger malt wenig Hände und
nimmt eben so viel, Herr Hofnaß nimmt auch so viei, malt aber
aucli wohlfeiler. Herr Delos läßt mit sich handeln, hingegeen ist
Herr Schleßinger der billigste und nimmt nur 5 Gulden fiir ein
Portrait.“

Georg David Matthieu, der Hofmaler des Herzogs Friedrich
von Mecklenburg-Sehwerin machte auch große Preisunterschiede
bei Bildern mit oder ohne Händen, wie aus folgenden Belegen aus
dem J. 1764 zu ersehen ist.

„Personen in Lebensgröße 40 Ducaten, Personen halb in Le-
bensgröße mit zwerg Hände 20 Dukaten, Ihrer Durchlaucht Printz
Ludewig mit einer Hand 15 Ducaten, der Cammer Juncker von
Barnekow ohn Hand 10 Ducaten.“

Georg David Matthieu, ein deutscher Maler dcs Rokoko, 1737
bis 78, herausg. v. Steinmann und Witte.

Viele Künstler die sich der Porträtmalerei gewidmet hatten,
fanden reichliche, oft zu reichliche Beschäftigung. Meusel berich-
tet von einem Maier Konrad Geiger, der sich 1780 in Bamberg auf-
hielt, „dort portraitiert er nur zu viel, weil dieses einmal sein Loos
vom Schicksa! war, ungeachtet er immer mehr Lust und Talent
zu anderen und höheren Zwegen der Malerkunst besaß. Bei einent
Besuch im fränkischen Mansbach portraitierte er aile reichsade-
ligen Personen der Gegend.“

Aus einem Brief vom Jahre 1804: „die Künstler haber, hier
(in Cassei) wenig beschäftigung, die Portraitmalerei ist nocli die
einzige, die ziemlich bezahlt wird.“

Der Maier Hubei (geb. Basel 1668, gest. 1748) soll in Bern und
Basel, an Bildnissen allein, über 3000 Stück gemalt haben.

Man ließ in früherer Zeit oft nicht nur sich und seine Ange-
hörigen malen, man verschenkte auch häufig Bildnisse, so wie
heute Photographien verschenkt werden, die Bilder wurden auch
kopiert und so mag es manchmal, trotz der gewiß großen Zahl von
Bildnismalern an einem gemangelt haben, wie man es beispiels-
weise aus einem, an den Dichter Gleim, gerichteten Schreiben ent-
nehmen kann. Dieser Dichter und Kanonikus von Halberstadt,
legte um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine Sammlung von Bild-
nissen seiner Freunde und berühmte Zeitgenössen an. Sein Freun-
deskreis war groß und besonders innig die Freundschaft mit KJop-
stock, dem Sänger der Messiade. Aus dem Bricfwechsel „Klop-
stcck und seine Freunde“, herausgegeben 1810, geht hervor, wie
sehr Gleim sieh mit seiner Sammlung beschäftigte. Er verschenkte
Bilder, bekam wohl selbst welche geschenkt, so ein Gemälde,
Klopstock darstellend, welches sein Freund Christian Ewald Kleist
in Zürich fiir ihn gekauft und vcn welchem Gleim sich später nur
trennte, um Klopstocks Braut, Meta Moller, damit zu überraschen.

I d a K ö h 1 e r.

Redaktionsschluss fiir das 1/2 Augustheft 6. August. — Redaktionsschluss fiir das 1. Scptemberheit 6. Septemher.
ilerausgeber u. verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderei“, G. m. b II . Berlin.
Rnrlaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume <S Rnth. Berlin SW. 68.

Dr. FRITZ GOLDSCHMIDT, Dr. VICTOR WALLERSTEIN

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