Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 6./​7.1924/​25

DOI Heft:
1./2. Januarheft
DOI Heft:
1./2. Aprilheft
DOI Artikel:
Zülch, Walther Karl: Ein moderner Goldschmied: Karl Berthold
DOI Artikel:
Schröder, Bruno: Neue griechische Kunstwerke im Berliner Museum
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25879#0302

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
für den Formenreichtum ihres Schöpfers. Seine leben-
dige Begab.ung, die nie eine Wiederholung kennt, drückt
sich aus in der vorgezeigten Reihe der Ringe, deren


Lama, Bronze, silbertauschiert

jeder eine originale Schöpfung darstellt. Gerade von
hier aus erhellt die fundamentale Gegensätzlichkeit zu
dem Massenartikel des Juwelierstückes und der Han-
delsware. Die beseelte Form wechselt im wogenden
Rhythmus vielgestaltiger Ausdrucksbewegungen,
trennt eine Welt von der Juwelierware, die ein in be-

liebig vielen Exemplaren wiederkehrendes Produkt ist
aus Modell und dessen Abformung. Der künstlerische
Wille zur Erschaffung eines mit Eigenlebendigkeit und
Singularität begabten Kunstwerkes lebt ebenso im
kleinsten Ring wie in dem plastischen Werk der Dös-
chen, Silberfiguren oder dem Likörservice. Verschieden
ist nur der Grad der Konzentration und ein fast roman-
tisches Schweifen in unerschöpflicher Phantastik. Bert-
hold ist ein Ornamentschöpfer von ganz persönlichem
Gepräge, einer, der befähigt ist, ohne jede Anlehnung
seine Flächen und Formen mit höchst eigenwilligem und
konsequenten Ziergedanken zu beleben. Wie Berthold
durch das Studium der orientalischen Tauschierarbeit
diesem köstlichen Dekorationsprinzip außerordentiich
feine Werte abzugewinnen weiß, so hat er auch die
Kunst des Gemmenschnittes in sein alles umfassendes
Arbeitsgebiet einbezogen. Der Anlaß dazu war merk-
würdig genug. Als bayrischer Offizier zur Untätigkeit
gezwungen, fand er im Felde Muscheln, ein Messer war
zur Hand, und so entstanden im Unterstand an der
Westfront Dinge, wie wir sie in dem köstlichen Satyr-
oval abbilden. Aus seiner Stammeszugehörigkeit mag
jener tiefe Humor herrühren, der so oft mit grotesker
Laune in seiner Arbeit sich durchbricht; diese von
innen strahlende Freude am Werk, diese fast heitere
Bezwingung der metallischen Kräfte von Zähigkeit und
stark spiegelnder Silberfläche, die dem formenden
Werkzeug ihre Eigenlebendigkeit entgegenbiegt, rollt,
sie unter dem Schlage in heimliche Schattengründe zu-
rückzieht. Wenn wir mit besonderer Sorgfalt allent-
halben die letzten Ausläufer alter Handwerkskunst zu
pflegen uns verpflichtet fühlen, so werden wir mit leb-
hafter Anteilnahme eine Erscheinung begrüßen, die wie
Goldschmied Karl Berthold berufen ist, der deutsclien
Goldschmiedekunst neuen Inhalt zu geben.

Karl Berthold


Muschelschnitt

JHeue gciecbtfcbe Kunfftüerke im BeHinet? ]Mufeum
üon
ßtmno Sd)t?ödet?

A ls vor einiger Zeit die Antikensammlung der Staat-
* lichen Museen eine Sonderausstellung ihrer neuen
Erwerbungen aus den letzten zehn Jahren veranstaltete,
waren die Besucher überrascht sowolil von der Zahl
und Güte der Gegenstände wie von ihrer innerlichen

Bedeutung, die in ihnen Proben der antiken Kunst aus
dereu gauzem, langem Verlauf wie aus ihren verschie-
densten Gebieten erkennen ließ. Die ganze Ausstel-
lung liätte voll verdient, als Zeiclien eines Sammeleifers.
den aucli die schlechten Zeiten nicht haben brechen

264
 
Annotationen