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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1./2. Dezemberheft
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Posse, Hans: Bode und die kunstwissenschaftliche Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0163

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Jahrhundert zurück. Sie knüpft an die Gemälde der
Braunschweiger Galerie an und zwar sind es die nieder-
ländischen Bilder, zu denen eine innere, niemals verloren
gegangene Hinneigung den geborenen Niedersachsen
von echtestem Schlag von Anfang an geleitet hat. Den
kritischen Betrachtungen über einzelne Gernälde in der
Zeitschrift für bild. Kunst und M Zahns Jahrbüchern fol-
gen in den 70er Jahren Arbeiten über Adri'aen van
Ostade, Frans Hals und Jan Steen. Seine Studien ver-
breiten sich über auswärtige Galerien (Cassel, Wien).
Wissenschaftliche Neuerscheinungen auf dem Gebiete
der niederländischen Malerei werden kritisch bespro-
chen. Schon erhebt er auch seine Stimme in praktischen
Museumsfragen. Vor seinem Amtsantritt an den Berliner
Mnseen 1872 ist Wilhelm v. Bode in Italien. Dort eröffnet
sich ihm ein neues Gebiet, die italienisehe Plastik der
Frührenaissance. Seit 1879 gehört Bode zu den Bear-
beitern der Neuauflagen des schon berühmt gewordenen
Kunstreisehandbuches von Jakob Burckhardt, des ,,Cice-
rone“, seit 1879 hat die Bearbeitung der zahlreichen Neu-
auflagen, in denen fortlaufend eine Fülle eigener For-
schungen verarbeitet worden ist, ganz in seiner Hand
gelegen. Schon 1878 erscheinen in Dohmes Kunst und
Künstler die „Florentiner Marmorbildner in der zweiten
Hälfte des Quattrocento“. Es folgen in den nächsten Jah-
ren systematisch immer weitergreifende Studien und
Aufsätze, die bald das gesamte Gebiet der italienischen
Plastik und Malerei umfassen und durcli die Ergebnisse
einer eindringenden Einzelforschung dieses Gebiet mit
einem ganz neuen Licht erhellen, von Ghiberti, Donatello
und seinen Nachfolgern, Verrocchio bis zur Familie der
Robbia und Michelangelo, von Domenico Veneziano bis
Leonardo. Immer ist diese wissenschaftliche Tätigkeit
mit dem Besitz und den Neuerwerbungen der Berliner
Museen eng verknüpft, sie dient im besten Sinn der
Popularisierung des öffentlichen Kunstbesitzes. Einen
vorläufigen Abschluß der Forschungen auf diesem Gebiet
bildet 1887 das grundlegende Werk über die „Italieni-
schen Bildhauer der Renaissance“, Studien zur Ge-
schichte der italienischen Plastik und Malerei von den
Pisani bis Jacopo Sansovino, das in die noch herrschende
Unsicherheit der Kenntnis dieser Epochen durcii kriti-
sche Sichtung der Künstlerpersönlichkeiten zum ersten
Mal Klarheit gebracht hat. Erst Wilhelm v. Bode hat
gelehrt, die Werke eines Luca und Andrea della Robbia
von denen ihrer Werkstatt, die Arbeiten eines Desiderio
da Settignano von denen der Rossellino, des Benedetto
da Maiano und ihrer Zeitgenossen stilkritisch zu scheiden.
Diese reiche Tätigkeit auf deni Gebiete der italienischen
Kunst und die Teilnahme, mit der er mit seiner Kritik
stets eingreifend, die gleichgerichtete Tätigkeit der Fach-
genossen und Spezialisten verfolgt und beherrsclit hat,
haben Wilhelm v. Bode trotzdem von seinem ange-
stammten Gebiet, den Holländern des 17. Jahrh., nicht
abgeführt. in einer bestaunenswerten Vielseitigkeit, die
der unermüdlichen leidenschaftlichen Sammeltätigkeit für
die königlichen Museen entspricht, greift er auf weitere
Gebiete über. Schon 1882 setzt die Beschäftigung mit

Rembrandt als der größten künstlerischen Erscheinung
des Nordens ein, ganz systematisch mit seinen Jugend-
werken und den bis dahin ungeklärten Zusammenhängen
seiner Frühkunst. 1883 sihd die grundlegenden „Studien
zur Geschichte der holländischen Malerei“, die Entwick-
lung in ihren Grundzügen unter Hervorhebung der bei-
den Hauptpersönlichkeiten Frans Hals und Rembrandt
erschienen. Auch in diesem Werk ist zum ersten Mal
eine Fülle von Namen als künstlerische Persönlichkeiten
gekennzeichnet und mit Werken belegt. Schon 1884
taucht Adriaen Brouwer, neben Rembrandt und Fials ein
Lieblingsmeister Wilhelm v. Bodes, als Studienobjekt
auf. Die Erforschung der Anfänge Rembrandts und sei-
nes Lehrers Pieter Lastman führt ihn auf deutsches Ge-
biet, auf den Frankfurter Maler Adam Elsheimer und
seine Einwirkung auf die Holländer des 17. Jahrh. 1887
erscheint gleichzeitig mit den „italienischen Bildhauern

Luca Signorelli, Pan als Gott der Natur und Meister der Musik

der Renaissance“ das erste zusammenfassende Werk
über die „Geschichte der dentschen Plastik“. Keines
dieser von ihm erst eroberten Gebiete hat Wilhelm v.
Bode je aufgegeben. Aber sein Tätigkeitsdrang greift
trotzdem immer weiter. In bunter Reihe erscheinen in
seinen Aufsätzen als Objekte der Forschung Bildhauer
wie Desiderio da Settignano und Francesco Laurana,
Bellano, Verrocchio, Mino da Fiesole, Bertoldo, Rossel-
lino, Niccolo’ dell’ Arca, Luca della Robbia und Michel-
angelo, Maler wie Carlo Crivelli, Ambrogia de Predis,
Antonello da Messina, Domenico Veneziano, der
„Pseudo-Boccaccino“. Nie geht iiber der Beschäftigung
rnit dem Einzelwerk der große historische Zusammen-
nang verloren. 1892 setzt die 1905 abgeschlossene
Monumentalpublikation der „Denkmäler der Renais-
sance-Skulptur Toskanas“ ein. ln einzelnen Aufsätzen
kündigt sich, immer im Zusammenhang mit der Sammel-
tätigkeit für die Museen, schon die große Veröffent-
lichung über die italienischen Renaissancebronzen an, als
deren eigentiichen Entdecker und Sammler Wilhelm
v. Bode sich rühmen kann. Er hat zuerst die Bedeutung

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