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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Juniheft
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Franck, Philipp: Vom alten Steinle
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Feigl, Hugo: Der Bildhauer Edgar Degas
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0461

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uns machen, so wie Anton Burger in Cronberg kleine
Burgers und Eduard von Gebhardt in Düsseldorf kleine
Gebhardts aus ihren Schülern machen wollten. Alle
diese Kunstlehrer wußten nicht, daß Kunst an sich nicht
lehrbar ist, sondern nur ihr Haudwerk. Und sie wußten

alle nicht, daß Kunsterziehung mit dem Kinde beginnen
muß, daß man selbst eine Akademie auf das Kind auf-
bauen muß.

Doch das ist ein anderes Kapitel und ein sehr um-
fangreiches.

Edgar Degas
Plastik

Ausstellung der
Bildhauerarbeiten von
Edgar Degas
in der Galerie
Alfred Flechtheim
in Berlin

Det? BÜdbauet? 6dgat? Degas.

Mit den plastischen Studien, etwa achtzig an der Zahl, die man
nach dem Tode Edgar Degas im Jahre 1917 in seinem Atelier fand
und in Bronze umgießen ließ, ragt dieser Altmeister des Impres-
sionismus auch in das Reich der Plastik und man wird ihm nun
innerhalb des französischen Naturalismus des 19. Jahrhunderts auf
diesem Gebiete eine besondere Stelle einräumen müssen. Es ist
ein neues Erlebnis, das wir dem Schöpfer unvergeßlicher Oelbilder
und Pastelle aus der Welt des Rampenlichts, der Balletmädchen und
unbeobachteter Frauenakte verdanken,. Und doch sind .die Statuet-
ten, die der Prager Manespavillon zeigte — augenblick-
lich sind Degas’ Plastiken bei Flechtheim in Berlin ausgestellt
niclits W'eiter als von Künstlerhand zu eigenern Gebrauch und aus
zweckloser Kiinstlerlaune geformte Einfälle, Momentaufnahmen ihn
interessierender Bewegungen an Pferden und nackten Frauenkör-
pern, nicht für einen fremden Beschauer bestimmt, also um so weri-
voller, als aus Prämissen entstanden, die einem Kunstwerk die
Weihe der Unberührtheit und höchster Wahrheit geben. Das
Thema ist sehr begrenzt und in einer Fassung öfter variiert, auf
einem Bein nacli vorn sicli neigende, vorwärts schreitende und
griißende Tänzerinnen, in dcn Hüften sicli wiegende Mädchenkörper,
Frauen bei der Toilette, Pferde im Galopp, im Aufbäumen und inr
Gehen, alles Uebersetzungen ins Dreidimensionale dieses in.Bild und

Zeichnung bei Degas dmmer wiederkehrenden Motivs. Als Skizzen
enthalten diese Plastiken mit ihren stark sichtbaren Knetungen und
Ueberwachsungen der Bildmasse den ganzen Reiz Degas’scher Kon-
zeption und bieten mit dem Spiel des Lichts, der Wahrheit ihrer
Bewegungen, den Eindruck außerordentlicher Lebendigkeit. Ganz
reizvoll sind die fast in Tanagra-Größe geformten Tänzerinnen und
P.ferde, auf eine Sekunde festgebannt in ihrer Bewegung. Daneben
wieder ein stehender Torso und eine Vorbereitung zum Tanz, in
fast griechisch ausgewogener Pose und edler Einfachheit der
Kontur.

Das Genie Degas’scher Bildkunst zeigt sich am lautersten in
seinem Hauptwerk, der großen Tänzerin, in der ein sorgfältiges
modele, ein feierlich ruhiger Aufbau die geschlossenste bildhaueri-
sche Wirkung bedingt. Man empfindet es gar nicht als Störung
der stofflichen Einheit, daß der Ktinstler seiner Lieblingsfigur eln
echtes Tüllröckclien angezogen hat, welches die ganze Pose dieses
Tanzmädels mit ihrern stolz tiach iiinten geneigten Kopf erst recht
zu motivieren schejnt. Die ganze Liebe Degas zu diesen tanzenden
Grazien, die Größe seiner bildhaucrischen Phantasie ist in dieser
Figur verkörpert, die sich. an das Beste reiht, was die fränzösische
Plastik der letzten Dezennien aufzuweisen liat.

Dr. Hugo F e i g i.

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