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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Augustheft
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Darmstaedter, Ludwig: Friedrich Ludwig von Sckell: der Schöpfer der deutschen Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0535

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Anläßlich der Gartenbau-Ausstellung in Dresden hat
„Der Kunstwanderer“ seinen hochverehrten Mitarbeiter
Professor Dr. Ludwig Darmstaedter, der am 9. August sei-
nen 80. Geburtstag feiert, gebeten, iiber den Schöpfer der
deutschen Gartenkunst Friedrich Ludwig von Sckell zu
schreiben.

jie Gartenkunst ist die Kunst, Umgebungen von
menschlichen Wohnungen mit künstlichen Natur-
szenerien zu versehen, die dem Menschen, der daftir
Sinn hat, Naturgenüsse bereiten sollen. Diese Kunst

seiner Rückkehr aus Italien den dortigen Stil regelrecht
dem französischen Geschmack angepaßt. Man weiß, daß
dieser unter Ludwig XIV. auf das Große, Prunkvolle,
Majestätische ging. Le Nötre hat, wie kaum ein zwei-
ter, den Geschmack des Sonnenkönigs getroffen. Ver-
sailles und Ghantilly, Saint Cloud und Fontainebleau,
Meudon und Trianon sind des Zeugen. Geschnittene
Hecken von Taxus, Buchs und Stechpahne bildeten den
Rahmen für der Zeit entsprechende ebenmäßig ange-
ordnete Landschaftsbilder; auf die nattirliche Entwick-

George S. Etgood, Villa Muti Frascati. Italienisch-französischer Stil

erfordert besondere Kenntnisse der Bodenoberfläche,
der Wasserverhältnisse, des Wegebaues und der Vege-
tationsverhältnisse.

Die Gartenkunst ist zuerst von den Chinesen geübt
worden, die in ihren Gärten ideale Landschaften künst-
lich darstellten, Japan folgte mit Miniaturgärten. Daß
die Römer die Gartenkunst mit Liebhaberei betrieben,
h.aben uns Tacitus und andere Schriftsteller mitgeteilt.

Die nachrömische Zeit und das frühe Mittelalter
hatten keinen Sinn für Naturgenuß. Erst mit der Re-
nainssance erstand in Italien eine Gartenkunst, die von
Architekten betrieben wurde und sich auf geometrische
und symmetrische Anlagen erstreckte und zu künst-
hchen Anlagen von Terrassen, Wasserbassins und Grot-
ten führte, denen der Pflanzenwuchs sicli anpassen
mußte. Dieser künstliche Stil ging nach Frankreich
über, wo er unter Le Nötre seine Glanzzeit erreichte.
Andre Le Nötre, im Jahr 1612 in Paris geboren, hat nach

lung des Terrains wurde wenig Rücksicht genommen.
Le Nötre’s Anlagen waren nach Henri Taine, der sie
monarchisch und formal nennt
„die Erfüllung der schweren, pomphaften und gektin-
stelten Architektur eines Mansard und eines Perrault;
die Bauten und die Gartenanlagen entsprachen der
Wtirde der Männer, die sie und ilire Eigenschaften
genossen.“

Theophile Gautier fügte dem hinzu
„sie waren die höchsten Formeln einer vollkommenen
Kunst und der Ausdruck der höchsten Macht einer auf
ihren Höhepunkt getriebenen Zivilisation.“

Le Nötre starb 17ÜÜ; mit seinem Tode ging es init dem
französischen Gartenstil abwärts; die Formen der Gär-
ten wurden zusehends steifer, kälter, bedeutungsloser,
in den gesclmittenen Formen machten sicli Uebertrei-
bungen, leere Künsteleien und Geschmacklosigkeiten
bemerkbar; das Natürliche wurde noch mehr als früher
ausgeschaltet und der Schmuck an Vasen, Skulpturen,

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